Grisham, John
Und extrem clever."
"Offenbar
nicht clever genug für die Anwaltsprüfung", erwiderte Bard.
Dazu fiel Kyle nichts ein, was auch nicht nötig war, weil ihn ein gelbes Taxi
schnitt und zwang, auf die Bremse zu steigen und zu hupen. Aus dem
Fahrerfenster vor ihm erschien eine Faust und zeigte Kyle den Stinkefinger -
das erste Mal, dass jemand seine Fahrkünste mit einer obszönen Geste bedachte.
Ruhig bleiben, befahl er sich selbst.
"Passen
Sie bloß auf diese Idioten auf", meinte Peckham. Auf dem Rücksitz
raschelte Papier, offenbar wurden wichtige Dokumente gezückt und studiert.
"Kriegen
wir Richter Hennessy oder einen seiner Untergebenen?", fragte Peckham
Bard. Kyle war plötzlich raus aus der Unterhaltung, was ihm sehr recht war. Er
konzentrierte sich lieber auf die Straße vor ihm, als die Leistung seiner
Kollegen zu beurteilen.
Nach zehn Minuten Innenstadtverkehr hatte Kyle seinen Kragen durchgeschwitzt
und atmete schwer.
"An
der Kreuzung Nassau und Chambers Street, zwei Häuserblocks vom Gericht
entfernt, gibt es einen Parkplatz", verkündete Bard. Kyle nickte nervös.
Er fand den Parkplatz, aber der war voll, was im Fond mit kräftigen Flüchen
aufgenommen wurde.
Peckham übernahm das Kommando. "Hören Sie, Kyle, wir haben es eilig.
Setzen Sie uns am Foley Square vor dem Gericht ab, und fahren Sie um den Block,
bis Sie einen Platz auf der Straße finden."
"Auf
welcher Straße?"
Peckham stopfte die Papiere zurück in seine Aktentasche, und Bard musste
plötzlich einen geschäftlichen Anruf entgegennehmen. "Mir egal. In
irgendeiner Straße werden Sie schon was finden. Wenn nicht, drehen Sie einfach
ein paar Runden. Lassen Sie uns hier raus."
Kyle
rollte an den Straßenrand, und irgendwo hinter ihm quäkte eine Hupe. Die beiden
Anwälte stiegen hastig aus. "Fahren Sie weiter", sagte Peckham zum
Abschied. "Sie finden schon was."
Bard riss sich für einen Augenblick von seinem Telefonat los. "Aber seien
Sie vorsichtig. Der Wagen gehört meiner Frau."
Allein kehrte Kyle vorsichtig in den fließenden Verkehr zurück, wobei er sich
große Mühe gab, ruhig zu bleiben. Er fuhr auf der Centre Street vierhundert
Meter nach Norden, bog nach links in die Leonard Street ein und steuerte in
westlicher Richtung. Auf jedem Quadratzentimeter Parkraum schienen sich Autos
und Motorräder zu drängen. Ein ganzer Schilderwald warnte vor jeder Art des
Parkens, sobald er auch nur in die Nähe eines potenziellen Parkplatzes kam.
Noch nie in seinem ganzen Leben hatte Kyle so viele bedrohliche Verkehrszeichen
gesehen. Er kam an keinem einzigen Parkhaus vorbei, aber dafür sah er mehrere
Verkehrspolizisten, die Strafzettel unter Scheibenwischer klemmten. Nachdem er
sich langsam bis zur nächsten Ecke gequält hatte, bog er nach links in den
Broadway ein, wo der Verkehr noch dichter war. Er schob sich im Schneckentempo
an sechs Häuserblocks vorbei und bog nach links in die Chambers Street ab. Zwei
Häuserblocks später war er wieder am Gerichtsgebäude, wo er sein Debüt als
Prozessanwalt hätte geben sollen, wenn auch nur als Ersatzmann.
An der Centre Street links, am Broadway links, an der Chambers Street links und
zurück zum Gericht. Als eifriger Stundenschreiber notierte er sich die Zeit.
Die zweite Runde dauerte siebzehn Minuten, und unterwegs war wieder kein
einziger Parkplatz zu entdecken. Dafür sah Kyle dieselben Verkehrszeichen,
dieselben Verkehrspolizisten, dieselben Penner und denselben Drogendealer, der
auf einer Bank saß und an seinem Handy herumfummelte.
Es wurde neun Uhr, ohne dass sich Peckham gemeldet hätte, und sei es auch nur,
um zu fragen, wo um alles in der Welt Kyle blieb. Die Anhörung musste
mittlerweile in vollem Gang sein, allerdings ohne Kyle, den Prozessanwalt.
Kyle, der Chauffeur, war dafür voll im Einsatz. Nach drei Runden hatte er genug
von seiner Route und erweiterte sie um einen Häuserblock nach Westen und einen
nach Süden. Er überlegte, ob er sich irgendwo einen Kaffee holen sollte, hatte
aber Angst, ihn auf das edle beige Leder des neuen Jaguars von Bards Frau zu
verschütten. Mittlerweile hatte er sich auf seinem Ledersitz und hinter dem
Steuer häuslich eingerichtet. Es war ein schönes Auto. Einhunderttausend
Dollar, und vermutlich jeden einzelnen davon wert. Der Benzintank war halb
voll, was ihm zu denken gab. Der Stop-and-go-Verkehr war für den großen Motor
eine enorme Belastung. Die Anhörung, die er gerade verpasste, war wichtig und
erforderte mit
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