Grisham, John
verfrachtet
worden. Damit wäre mein Leben völlig aus dem Ruder gelaufen. Ich hätte New York
und die Kanzlei verlassen, und Wright hätte seinen Maulwurf verloren."
"Aber
mit Baxters Tod ist doch die Luft aus der Vergewaltigungssache weitgehend
raus."
"Schon,
aber das Video gibt es nach wie vor. Und glauben Sie mir, damit wollen wir
nichts zu tun haben. Es ist eklig."
"Aber
Sie selbst werden dadurch nicht belastet?"
"Höchstens,
weil ich sinnlos besoffen war. Als das mit dem Sex anfangt, bin ich nirgends zu
sehen. Ich erinnere mich noch nicht mal daran. "
"Und
Sie haben keine Ahnung, wie Wright an das Video gekommen ist?"
"Das
ist die große Frage, die ich mir in den letzten neun Monaten ununterbrochen
gestellt habe. Ich kann nicht begreifen, wie er von dem Video erfahren und es
stehlen oder kaufen konnte. Ich weiß nicht, was ich beängstigender finde: das
Video an sich oder die Tatsache, dass Wright es in die Finger bekommen
hat."
Benedict schüttelte erneut den Kopf. Er stand auf und streckte die langen
Glieder, wobei er immer wieder den Kopf schüttelte. "Wie viele
Praktikanten hat Scully & Pershing im vorletzten Sommer beschäftigt?"
"Etwa
einhundert."
"Dann
haben sich Wright und seine Leute die Namen von einhundert Praktikanten besorgt
und sie eingehend unter die Lupe genommen, um eine Achillesferse zu finden. Als
Sie an der Reihe sind, schnüffeln sie in Pittsburgh und an der Duquesne
University herum. Wahrscheinlich hören sie von der Vergewaltigung, setzen
jemanden bei der Polizei unter Druck, bekommen die Vergewaltigungsakte und beschließen,
weiter nachzubohren. Da der Fall abgeschlossen ist, reden die Cops mehr, als
sie sollten. Es heißt, es habe ein Video gegeben, das die Polizei aber nie
finden konnte. Wright gelingt es jedoch irgendwie."
"Genau."
Benedict warf einen Blick auf die Uhr und runzelte die Stirn. "Ich habe um
drei einen Termin." Er griff nach dem Telefon auf seinem Schreibtisch.
"Sagen Sie den 3- Uhr- Termin ab", blaffte er in die Sprechmuschel.
"Ich will nicht gestört werden." Er ließ sich auf seinen Stuhl fallen
und rieb sich mit den Knöcheln das Kinn.
"Ich
bezweifle, dass der Kerl für APE arbeitet. Ich kann mir nicht vorstellen, dass
eine konkurrierende Kanzlei solche Summen ausgeben würde, um so viele
Gesetzesverstöße zu begehen. Das ist unvorstellbar."
"Was
ist mit Bartin?"
"Das
finde ich deutlich wahrscheinlicher. Die haben das Geld und ein Motiv. Bei
Bartin ist man vermutlich davon überzeugt, dass es sich um gestohlene Dokumente
handelt, die man sich nun zurückholen will."
"Gibt
es noch andere Verdächtige?"
"Also
bitte, Kyle. Hier geht es um Rüstungstechnologie. Chinesen und Russen stehlen
gern, was sie nicht selbst entwickeln können. So läuft das Spiel. Wir glänzen
in der Forschung, sie kupfern ab."
"Aber
wieso benutzen sie dafür eine Anwaltskanzlei?"
"Die
Kanzlei ist wahrscheinlich nur ein Teilchen des Puzzles. Vermutlich sitzen an
anderer Stelle noch mehr Spione, und es gibt mehr Leute wie Wright, die keinen
Namen, keine Heimat, aber zehn Pässe haben. Wahrscheinlich ist er ein gut
ausgebildeter früherer Geheimagent, der sich nun für horrende Summen
verdingt."
"Er
hat Baxter auf dem Gewissen."
Roy Benedict zuckte die Achseln. "Ein Mord belastet solche Leute
nicht."
"Super.
Gerade habe ich angefangen, mich etwas besser zu fühlen."
Benedict
lächelte, aber die Sorgenfalten auf seiner Stirn blieben. "Geben Sie mir
ein paar Tage, die Sache zu verdauen."
"Wir
müssen schnell handeln. Ich habe jetzt Zugang zu den Dokumenten, und Wright
scheint die Sache unter den Nägeln zu brennen."
"Sie
sehen ihn morgen Abend?"
" Ja. Im Four Seasons Hotel in der Fifty-seventh Street. Wollen
Sie sich anschließen?"
"Danke.
Wie lange dauern diese Treffen?"
"Zehn
Minuten, wenn es hoch kommt. Wir nörgeln und blaffen uns gegenseitig an, und
wenn ich gehe, knalle ich die Tür zu. Ich gebe mich als harter Bursche, aber im
Grunde habe ich furchtbare Angst. Ich brauche Hilfe, Roy."
"Dann
sind Sie an der richtigen Stelle."
"Danke,
ich muss los. Dufus wartet."
"Dufus?"
Kyle erhob sich und griff nach den Papieren auf dem Schreibtisch. Er fischte
ein Phantombild heraus und legte es oben auf den Stapel. "Darf ich
vorstellen? Das ist Dufus, wahrscheinlich der Dümmste der Beschatter, die mir
in den letzten neun Monaten auf Schritt und Tritt gefolgt sind. Sein Kumpel
heißt Rufus. Der ist auch eine Null, aber nicht ganz so unfähig
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