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Grisham, John

Grisham, John

Titel: Grisham, John Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Der Anw
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für
Haushaltsgeräte.
     
Der Parkplatz war schlecht beleuchtet und etwa zu einem Drittel voll. Er parkte
den roten Jeep rückwärts neben einem Minivan aus Indiana ein und schaltete die
Scheinwerfer aus, ließ den Motor aber laufen, damit die Heizung weiter
funktionierte. Es schneite leicht. Warum gab es keinen Schneesfürm, keine Flut,
kein Erdbeben, keine Invasion, damit dieser Alptraum ein Ende fand? Warum ließ
er sich wie ein Schlafwandler auf ihren kleinen Plan ein?
    Das
Video.
     
Während der vergangenen Stunde hatte er daran gedacht, seinen Vater anzurufen,
aber dieses Gespräch hätte sich zu sehr in die Länge gezogen. Zwar hätte John
McAvoy ihm sofort mit soliden juristischen Ratschlägen beigestanden, doch die
Geschichte, die er ihm hätte erzählen müssen, war zu kompliziert. Also hatte er
erwogen, sich bei Professor Bart Mallory zu melden, der sein Studienberater,
Freund und ein brillanter akademischer Lehrer und Strafrechtsexperte war, zudem
ehemaliger Richter, der bestimmt genau gewusst hätte, was zu tun war. Doch auch
ihm hätte er zu viel über die Episode aus seiner Vergangenheit erzählen müssen,
und dafür blieb keine Zeit. Schließlich hatte er darüber nachgedacht, zwei
Beta-Freunde anzurufen, aber was hätte er sich davon versprechen können? Ihre
Ratschläge wären vermutlich so wenig tragfähig gewesen wie die Strategien, die
ihm durch den Kopf gingen. Es war sinnlos, auch noch ihre Karrieren zu
gefährden. Und dann hatte er, von Entsetzen gepackt, überlegt, wie er das Weite
suchen konnte. So schnell wie möglich zum Flughafen fahren. Zum Busbahnhof.
Oder zu einer hohen Brücke, um hinunterzuspringen.
      
Aber sie observierten ihn vermutlich. Hörten seine Telefonate ab. Irgendjemand
behielt ihn in genau diesem Moment im Auge, da war er sicher. Vielleicht saßen
in dem Minivan aus Indiana zwei Männer mit Headsets und Nachtsichtgeräten,
denen es einen Riesenspaß machte, ihn zu beobachten und das Geld der
Steuerzahler zu verbraten.
    Falls
das Valium wirkte, spürte er es nicht.
      
Als die Digitaluhr des Autoradios 20:58 anzeigte, schaltete er den Motor ab und
stieg aus. Tapfer marschierte er über den Parkplatz, seine Schuhe hinterließen
Abdrücke im Schnee. Waren dies seine letzten Momente in Freiheit? Oft genug
hatte er gelesen, dass Menschen, die freiwillig auf einem Polizeirevier
aufkreuzten, um schnell ein paar Fragen zu beantworten, in Handschellen ins
Gefängnis gebracht und angeklagt wurden. Opfer des Systems. Noch konnte er
fliehen, irgendwohin.
      
Nachdem die Glastür geräuschvoll hinter ihm zugefallen war, blieb er einen
Moment in der verwaisten Hotelhalle stehen. Es kam ihm vor, als wäre hinter ihm
gerade der Riegel einer Gefängniszelle vorgeschoben worden. Er hörte und sah
Dinge, seine Fantasie spielte verrückt. Offenbar hatte das Valium, das ihn
beruhigen sollte, die entgegengesetzte Wirkung. Er war total aufgekratzt. Der
alte Mann an der Rezeption, dem er zunickte, reagierte nicht. Während er mit
dem Lift nach oben fuhr, fragte er sich, wie dumm man sein musste, um sich
freiwillig in einem Hotelzimmer mit Cops und FBI - Beamten zu treffen, die
nichts anderes im Sinn hatten, als ihn einer Straftat zu bezichtigen, die es
nie gegeben hatte. Warum ließ er sich darauf ein?
    Das
Video.
     
Er hatte es nie gesehen. Kannte niemanden, der es gesehen hatte.
     
In der abgeschlossenen Welt von Beta stritt jeder ab, etwas damit zu tun zu
haben. Es kursierten Gerüchte, und doch konnte niemand definitiv sagen, ob die
"Sache mit Elaine" tatsächlich gefilmt worden war. Dass die Polizei
von Pittsburgh und das FBI jetzt mit dem Video über einen handfesten Beweis
verfügten, ließ ihn erneut das Szenario mit der Brücke in Betracht ziehen.
     
Moment, dachte er. Ich habe nichts Unrechtes getan. Ich habe das Mädchen nicht
angerührt. Zumindest nicht in dieser Nacht.
     
Niemand hatte sie angerührt. Auf jeden Fall war das die Version, auf die bei
Beta alle eingeschworen worden waren. Bisher hatte die Front gehalten. Aber
was, wenn das Video etwas anderes bewies? Wissen würde er es erst, wenn er den
Film sah.
     
Als er aus dem Lift trat, schlug ihm der übelkeiterregende Geruch frischer
Farbe entgegen. Er blieb vor Zimmer 222 stehen und schaute auf die Uhr, um sich
zu vergewissern, dass er nicht zu früh da war. Dann klopfte er dreimal. Er
hörte Schritte und gedämpfte Stimmen. Kurz darauf rasselte die Kette des
Schlosses, und die Tür wurde aufgerissen. Vor ihm

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