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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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von Nutzen sein und wirklich blühen ja Streberei und Knechtssinn dort täglich herrlicher auf. Diese hohe Tugendlehre der militärischen Erziehung mag daher einem Absolutisten erhaben, einem modernen Menschen aber muß sie als verächtliche Untugend erscheinen.
    Ich leugne auch, daß diese zweifelhafte »Subordination« (die nur im Armeewesen Berechtigung hat) irgend Jemandem für sein späteres Civilverhältniß eingeprägt werde. Die Naturen sind eben verschieden. Der größte Militär (Napoleon) hat direkt gesagt: Nach seinen Erfahrungen sei der Satz »Wer herrschen will, der muß erst dienen lernen,« barer Unsinn. Gerade die, welche nie und nirgends Unterordnung verstünden, würden sich um so besser auf's Gebieten verstehen.
    Vergeblich wird man daher freien, selbstständigen und initiativen Naturen (ich meine hier natürlich keine Herrschernaturen, sondern überhaupt alle energischen Impulsiven) blinden Gehorsam predigen. Wer den militärischen Gehorsam aus der Dienstpflicht ins Leben nachschleppt, war einfach so angelegt und bedurfte einer solchen Erziehung gar nicht. Die Majorität der Menschheit besteht eben schon aus Lakaienseelen, diensteifrigen Naturen, Stimmvieh.
    Vor geraumer Zeit machte der Fall viel Aufsehen, daß vier Landwehrmänner bei einem Manöver sich geweigert hatten, in einem Viehwagen transportirt zu werden, darob an den Kaiser ein Beschwerdetelegramm richteten und dafür zu vielen Jahren Zuchthaus verurtheilt wurden. Die Höhe des Strafmaßes mag zu hart gewesen sein; aber das Mordsgeschrei, das die liberalen Blätter darüber erhoben, war unberechtigt. Eine so beispiellose Dreistigkeit, wegen einer solchen Lapalie die Vorgesetzten beim obersten Kriegsherrn per Telegramm zu verklagen, verdiente exemplarische Züchtigung. Es liegt hier sogar eine Unverschämtheit vom rein menschlichen Standpunkte aus vor. Eine andere Frage ist es freilich, ob der betreffende Offizier, falls er wirklich etwas Gesetzwidriges – z.B. körperliche Mißhandlung – begangen hätte, ebenfalls wegen Ungehorsams gegen das Militärgesetz ähnlich hart bestraft worden wäre. Ich fürchte fast, hier hätte die Antwort gelautet: Ja Bauer, das ist ganz was anders! – Jedenfalls aber zeigt die bloße Möglichkeit eines solchen naiven Aufbegehrens seitens vier beliebiger preußischer Landwehrleute, wie wenig der Sinn sklavischer Unterwürfigkeit – als »Gehorsam« ein nothwendiges berechtigtes Militärgebot – im späteren Civilisten wurzeln bleibt. So sind sie nun mal, die modernen Menschen! Vom Militär-Standpunkte aus, der die Menschheit als eine Masse zu drillender Rekruten betrachtet, ist das beklagenswerth, aber leider unabänderlich!
    Die weiteren segensreichen Einflüsse des »Dienens« machen sich bemerkbar in einer allgemeinen Zufahrigkeit und verstärkter Brutalität in den unteren Schichten, wie denn seit dem Kriege die Verbrechen gegen das Leben, das Messerstechen, die Roheit der Balgereien sich rapide steigerten. Bei den höheren Ständen (Einjährig-Freiwilliger, Reserveoffizier, d.h. ein Geschöpf mit den Pflichten ohne die Rechte des Offiziers) bleibt eine vermehrte Vorliebe für alles Aeußerliche, Schein, Etikette und alles überreizte falsche
Point d'honneur
-Gefühl zurück. Das sind die logischen Folgen – weiter nichts. Durch diesen Geschmack am Aeußerlichen wird oft für lange Zeit der wahre Ernst zur Arbeit untergraben. Die aus der Dienstpflicht Zurückkehrenden, seien sie Gelehrte oder Bauer, müssen sich erst mit Anstrengungen wieder an ihren wahren Beruf gewöhnen, aus dem sie plötzlich herausgerissen sind. Natürlich sind unsere geschätzten Militärpädagogen harmlos genug, den Hauptwerth der Erziehung auf Berücksichtigung der individuellen ursprünglichen Eigenschaften zu legen. Kann man sich das Lachen verbeißen, wenn man, einige Sätze des deutschen Ausbildungs-Reglements citirend, ernstlich davon redet, daß die Militärerziehung auf dies wichtigste Moment Rücksicht nehme?! Das ist des Spaßes, und der – Selbsttäuschung genug!
    Ja, sehr richtig heißt es in den Vorschriften der Militärerziehungsmethode: »Eine äußere , wesentlich nur durch Uebungen im Ganzen erzielte Zusammenfügung der Truppe wird bei unerwarteten Ereignissen nicht vorhalten und die Disziplin nur dann ein festes dauerndes Band für das Ganze abgeben, wenn sie auf dem Bewußtsein basirt, daß im Ernstfall der Erfolg von der Erhaltung des durch den Führer geleiteten Zusammenwirkens abhängt.« Das sind

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