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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Wörtlein zu schlucken gab.«
    »Ach, was Du wohl davon verstehst!« Schmoller machte eine wegwerfende Handbewegung. »Du bist ja in solchen Dingen naiv wie ein Kind. Die Noth, die Noth! Du hast immer volle Taschen gehabt, an besetzten Tafeln geschwelgt« – »Weißt Du das so genau?« fragte Leonhart achselzuckend.
    »Ja wohl,« fuhr Jener unbeirrt fort, ohne den Zwischenruf zu beachten. »Daher steht Dir auch über meine Geldgeschichten gar kein Urtheil zu.«
    »Ich wüßte nicht, daß ich mir ein solches je angemaßt hätte,« fiel Leonhart ein. Doch aus dies überhörte der große Unsittenschilderer und perorirte weiter:
    »Mir gereicht das alles nur zur höchsten Ehre. Man hat mich bei Dir schlecht gemacht. Ich weiß wohl wer.«
    »Aber erlaube mal, ich habe kein Wort..«
    »Ja wohl. Ich will offen und ehrlich bekennen, offen und ehrlich «, diese beiden Adjective liebte Schmoller mit jener Inbrunst, mit der man etwas Unerreichbares erstrebt, das man nie besitzen wird, »daß ich Verschiedene, darunter auch Dich, um nicht unbedeutende Darlehen anging und daß Du Dich mehrfach für mich bemüht hast. Wenn Du es wünschest, will ich offen und ehrlich –«
    »Hör' mal, jetzt ist's genug! Habe ich je mit einer Silbe –«
    »Ja wohl. Es giebt Leute, die da einfach wähnen, daß ich bei Dir allzu tief in der Kreide stecke. In der Vorrede meines nächsten Romans werde ich daher, um cursirenden Gerüchten entgegenzutreten–«
    »Bist Du wahnsinnig?«
    »Ja wohl. Dieses Wort zeugt wieder von einer so maßlosen Ueberhebung Sr. Majestät Friedrichs I. des Großen, daß ich nicht ohne ein Lächeln daran denken kann. Nur Du wirst Dich dabei blamiren, wenn ich offen und ehrlich –«
    »Offen und ehrlich!! Diese Worte in Deinem Munde!« Leonhart brach in ein bitteres Gelächter aus »Ich ersuche Dich, mich mit den müßigen Hallucinationen Deines Verfolgungswahns zu verschonen. Kein Mensch außer Dir selbst in Deinem schlechten Gewissen, das seinen krassen Undank beschönigen möchte, träumt so etwas. Ich bedaure. Dir heut Lebewohl sagen zu müssen. Schlaf Dich aus! Und bedenke das nächste Mal, wo Du eine Rempelei vom Zaune brichst, daß Du mir nur größte Hochachtung schuldest. Verstanden?«
    »Größte Hochachtung, warum nicht gar knechtische Unterthänigkeit!« schrie Schmoller, indem er sich in die Haare fuhr und gezwungen auflachte. »Begreifst Du denn nicht, wie urkomisch ein solches Wort in Deinem Munde klingt? Von übertriebener Eitelkeit geplagt, forderst Du ewig meinen Dank heraus. Ich habe nie Dank dafür beansprucht, wie oft ich hinter Deinem Rücken Dein Genie und Deine Uneigennützigkeit gegen mich gepriesen habe.«
    »Hör auf! Ich bin leider nur zu wohl in anderem Sinne unterrichtet. Nochmals, für heut verzichte ich auf weitere Konversation.« Leonhart hatte längst erkannt, daß Schmoller plötzlich, einer Laune seines eingewurzelten Selbstsucht-Instinkts folgend, einen Bruch mit ihm suchte. Er pflegte diese geistreiche Taktik, sobald er sich durch die Erinnerung empfangener Dienste belästigt fühlte.
    »So? Aha! Nun, nimm mir um Gotteswillen nichts übel. Es ist nur eine Kompensation für Deine Beleidigungen.«
    »Meine –? Nochmals, bist Du wahnsinnig?«
    »Siehst Du, wieder eine so schwere Injurie! Doch ich dulde viel von Dir. Wenn ich Dich durch meine Offenheit verliere, so ist das noch nicht zum Selbstmorden! O ich weiß wohl, daß Du schlecht von mir denkst. Aber Du hast keinerlei Recht dazu. Ich bin ein Ehrenmann vom Scheitel bis zur Sohle.«
    »Wenn Du's selbst sagst!«
    »Deine Ironie trifft mich nicht. O Du, der Du die Noth des Lebens nicht kennst, wie ich, der sein kärgliches Brot sauer erwirbt, dessen ganzes Leben Arbeit und Entbehrung war!«
    »Von Deinem vielen Arbeiten merkt man nichts. Und was Dein kärgliches Brot betrifft, so behauptest Du ja selbst, daß Du die höchsten Honorare in Deutschland beziehst.«
    Schmoller jedoch überhörte das und bekam, in sein Seidel starrend, einen Rühranfall. »Hast Du eine alte Großmutter wie ich zu ernähren? Hast Du –«
    »Bitte nur eins: Verschone mich damit ! Ewig hört man von Dir Wunderdinge von Deiner Familien-Aufopferung und so weiter. Nun, ich bin nicht in der Lage, das prüfen zu können. Aber da ich Dich nie mit meinen Privatverhältnissen langweile, so sehe ich nicht ein, wozu ich Deine selbstberäuchernden Edelmuths-Wechsel, die Du auf Dich selber ziehst und jedem Ahnungslosen als General-Entschuldigung gegen alle etwaigen

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