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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Vorwürfe präsentirst, länger als baare Münze acceptiren sollte. – Kommen wir zum Schluß und offen heraus: Ich weiß, aus tausend kleinen Einzelheiten, die mir nie entgangen sind, daß Du im Grunde Deiner Seele einen tiefen Haß gegen mich nährst. Und wenn Du meinst, ich dächte schlecht von Deinem Charakter, trotz meiner heroldenden Bewunderung Deines Talents, so kann ich mich nur negativ dahin äußern: Wenn ich doch je etwas Gutes von Dir gesehen hätte!«
    Schmoller schlug auf den Tisch und knirschte mit unheimlich glühenden Augen: »Jetzt bleibst Du. Du sollst mir mal ausführlich begründen und deutlich aussprechen, was Du über mich denkst.«
    »Ach, wozu solche unliebsamen Scenen bis aufs Aeußerste treiben! Adieu.«
    »Nein, ich lasse Dich nicht fort, ehe Du mir Rede stehst. Du weichst mir nicht aus. Für feige habe ich Dich nie gehalten.«
    »Feige?! Nun gut!« Leonhart lehnte sich ruhig in seinen Stuhl zurück: »So muß ich wohl oder übel daran?
Here goes!
Also dies erzähle ich mir selbst, an der Hand meiner Erfahrungen über Herrn Karl Schmoller.
    Der große Mann, für dessen unverkennbare Begabung ich bereits lebhaftes Interesse besaß, tauchte zuerst vor meinem Horizont in der Redaction des Doktor Arthur Kirmány auf. Er brachte dort eine Recension über Doktor Johannes Adler, den bekannten Redacteur und Dichter, unter, da er diesem viel verdankte. Er versprach Kirmány, einem Gegner Adlers, goldene Berge, wenn er die Recension aufnähme. Dieser, ein stets gefälliger Mann, that es.
    Ich bemerke hier gleich parenthetisch, daß Schmoller, als den Doktor Kirmány später ein unverschuldetes Unglück traf, unter denen war, die am lautesten über den Armen herzogen. Ich erinnere mich noch mit Vergnügen des Abends, wo eine Gesellschaft notorischer Lumpen in tugendsamer Entrüstung den Gefallenen beschimpfte und ich taktlos genug war, mit ruhiger Miene zu antworten: ›Lump – so! Na, wir sind doch alle Lumpen!‹
    Die nähere Bekanntschaft Schmollers sollte nicht auf sich warten lassen. Diese Ehre kostete ich sofort, als ich Redacteur eines kleinen Blättchens wurde, das einigen Rumor machte. Ich saß am zweiten Tage mit dem Chef und Herausgeber bei der Arbeit, als dieser mit seinem bekannten brummeligen Ton aufstöhnte: ›Da kommt Schmoller! Dacht ich's doch!‹ Und in der That dieser große Mann erschien, lebhafter Neugierde voll, gleich dem Geier, welcher Aas wittert. Mit seiner schnüffelnden Fuchsnase und seinem listigen Catilina-Blick durchforschte er sogleich unser etwas ärmlich ausschauendes Lokal und erkundigte sich nach unsern ›Mitteln‹. Dann hub er etwa also an: ›So na ja! drei Abonnenten habt ihr?‹ Mein Chef, der ihn genau zu kennen schien, bläkte seine Zähne und sagte gar nichts. ›Was, schon 5000? Alle Achtung! Jaja, der Mießnik da! Hat gleich eine Novelle drin! 2000 Mark bekommen, wie ich höre. Ach, reden Sie doch nich! – Also, Mießnik, Sie sind zu den Conservativen übergegangen? Wer hätte das gedacht! Neulich war ich mit ein Paar Judenbengeln zusammen, haben Die geschimpft! Was, der Mießnik? Nachdem er von uns die hohen Honorare geschluckt hat?!‹ Ich sperrte Nase und Mund vor Staunen auf, da ich die Erfindungsgabe Schmollers ja noch nicht kannte. ›Nein, was der Mießnik übrigens meinem Bruder ähnlich sieht! Wahrhaftig, Haare, Stirn und die treuen Augen – alles dasselbe!‹ Ich war gerührt. Wir wollten arbeiten, aber Schmoller ist bekanntlich ein Klebpflaster: Er bleibt so lange sitzen, bis er irgend eine unvorsichtige Aeußerung erschnappt hat, womit er dann hausiren geht.
    Mein Chef brummelte fortwährend oder schwieg sich aus. Nachdem Schmoller mich dann gebeten, doch irgendwo mit ihm in einer Kneipe zu plaudern, schleppte er mich widerstandslos fort. Nun begann sein Spiel. Er erzählte mir von meinem Chef und dessen Gattin allerlei horrible Dinge unter dem Siegel peinlicher Verschwiegenheit. Doch lobte er die kluge Frau, indem er unter Anderem folgende köstliche Anekdote von Stapel ließ. Er hatte sie mal gefragt, warum sie ihn nicht mit dem ihr befreundeten berühmten Dichter Kasimir Pakosch zusammen einlade. ›Ach,‹ hatte sie geantwortet, ›der würde Sie nach seiner Art über uns ausforschen und dann würden Sie irgend was Schlechtes sagen und er würde uns dies bei Gelegenheit mit frommer Gebärde wiederklatschen – na und dann wären wir alle auseinander!‹ Ich wunderte mich im Stillen.
    Schmoller wich nicht von uns. Er widmete unserm

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