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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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Menschen Wesen betrachtet.
    Der Cabmann, der recht langsam trottet,
    Peitscht, wo sich die Menge zusammenrottet,
    Die Pferde, daß sie wie Wetter schnaufen,
    Damit er die Andern zwinge zu laufen!
    Liest Jemand laut Dein neues Gedicht,
    Der Arme sich fast die Zunge zerbricht.
    Bald kann er dies, bald das nicht lesen,
    Als wäre die Schrift chaldäisch gewesen.
    Und Alles dies ganz unbewußt.
    Doch des Einen Müh ist des Andern Lust.
     
    Der Mensch ist ein geborner Sclav
    Und trägt im eignen Ich die Fessel.
    Wenn ihn kein Königsscepter traf,
    So dient er flugs dem – Suppenkessel.
    Der Tugendhafte nur ist stark
    Und nur der Starke haßt Tyrannen.
    Das Laster saugt am Lebensmark
    Und kann den Tapfersten entmannen.
     
    Die That wird lang vorher vorausgeplant
    Und jeder Pfad zu diesem Zweck gebahnt.
    Trotz alledem sie nur bestimmen muß
    Der eine augenblickliche Entschluß.
    Lang klebt die Hand am Hahn – da fällt der Schuß!
     
    So ist der Weiseste, wer langen Rath
    Verschmäht, von jeder Welle rasch bestimmt,
    Wer mit dem Strome jeder Stimmung schwimmt.
    Und wahre Weisheit ist allein die That.
     
    Um der Sansara Kleinigkeiten
    Sich kümmern ziemt dem Denker nie.
    Doch lässest Du Dich so verleiten,
    So lern' auch hier Philosophie.
    Der Grundsatz soll Dich vorbereiten:
    Ein jedes Ding hat stets zwei Seiten.
     
    Seinen Nutzen hat auch Unbequemes;
    Leicht duldet man Unangenehmes,
    Wenn man nur eine hübsche Moral
    Zu ziehen weiß aus jeder Qual.
    Nicht nur die Moral des besondern Falles,
    Sondern diese Moral für Alles:
    Das Gute hat sein Uebeles oft,
    Doch stets aus Uebel unverhofft
    Sproßt Gutes. Nöthig sind alle Dinge,
    Nutzlos nichts in dem Lebensringe.
    Denn aus einer nutzlosen Handlung
    Gehn tausend hervor in unendlicher Wandlung.
    Jed' Ding ist ein Blatt von dem Riesenbaum,
    Ein nöthig Atom im Weltenraum.
    Der kleinste Gedanke, das winzigste Wort,
    Zeugt Millionen andre sofort.
    Täuschung ist Beides, Schmerz und Lust,
    Deß seid im Schmerze auch bewußt.
    Trinkt fühllos die Hefe, doch schmecket den Schaum.
    Denkt, Lust ist ein Traum, doch ein lieblicher Traum.
     
    Wie der Falke von des Jägers Hand
    In die Luft sich hebt
    Und entkappt froh jauchzend und gewandt
    Auf zum Himmel strebt –
    Doch, gehorsam jedem Wink sogleich,
    Wie er fortgesaust,
    Auch zurückkehrt in des Herrn Bereich
    Auf des Falkners Faust –
     
    So auch suchst Du nur, was fremd und fern
    O Germanengeist,
    In das Hohe und das Weite gern
    Es Dich vorwärts reißt.
    Doch die Heimath dann den Sohn aufs neu
    Dringend zu sich lädt:
    Dann erst spürst Du recht, wie Du ihr treu.
    Aber oft zu spät.
     
    Was ist des Lebens Tragödie?
    Ich will es Euch verkünden:
    Das Leben ist eine Komödie
    Und Späße darin die Sünden.
    Doch in der Possenreißer Schaar
    Da wollt Heroen ihr sogar
    Mit tiefer Rührung finden.
     
    Der prosaische Philister
    Sucht Poesie in der Liebe:
    Enttäuscht, entnüchtert ist er,
    Wenn sentimentale Triebe
    Mit kühlem Rechnen nur belohnt
    Und die Göttin, die in seinem Herzen thront,
    Ihm bald versetzt – Pantoffelhiebe.
     
    »Priester des Ideals« nennt Ihr den Dichter,
    Philister, phrasen-seliges Gelichter?
    »Pfaffe des Ideals« wär mir noch lieber!
    Und wirklich giebt es immer solche Pfaffen,
    Die sich mit »Idealismus« Brod verschaffen,
    Von des hochseligen Herwegh Kaliber.
    Oder des dito Dingelstedt, Verächter
    Der Tyrannei als biederer »Nachtwächter«,
    Der aber später, wenn das »goldne Vließ«
    Von Grillparzer er gab, sich daran stieß,
    Daß ihm »das goldne Vließ« noch sei benommen,
    Da alle andern Orden er bekommen!
     
    Das größte Geheimniß der wahren Kunst
    Beginnt sich erst dann zu enthüllen,
    Wenn der Mensch dem Künstler dienstbar wird
    Und kein andrer Zweck die Seele verwirrt
    Und nur die Musen mit liebender Gunst
    Die entgötterte Seele füllen.
     
    Hot, Pegasus! die kümmerliche Weide
    Des Alltagslebens lasse hinter Dir!
    Ob Du auf Streu nun lotterst oder Seide,
    Du sollst nicht lottern. In der Luft Revier
    Steig auf und selbst die höchsten Alpen meide
    Du nicht in Deinem Flug! In Kraftbegier
    Zerbrich die Halfter, sei kein Droschkenschimmel!
    Erzhufig Roß der Phantasie, gen Himmel!
     
    Und voll entfaltend Deine prächtigen Flügel,
    Trag' mich empor, auf Deinen Rücken springend!
    Hui! Schleudre von Dir bald Gebiß und Zügel,
    Durch Sonnengluth und Wetterwolken dringend!
    Verzicht' auf Dich, wer noch bedarf der Bügel!
    Fort, Zaum! Ins Allerheiligste Dich schwingend,
    Steig

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