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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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zum rohen Genuß und erkannte sofort in der Sinnlichkeit die einzige Bahn zu gelassener Lebensertragung. O weh mir! wär' ich doch lieber bestimmt zum Kriegstribun, zum Legionar mit ehernen Nerven und blödem Verstand und derbem Behagen am Dasein! Doch wem das Fieber des Denkens einmal die Seele schwächte, fällt immer zurück in neuen Anfall und ihn curirt nur die letzte Krise vom Kränkeln. Was hilft's, mit erlogener Sinnlichkeit an der Außenform kleben und tasten nach Schein-Schönheit mit erzwungener Begier, ein Pseudo-Epikuräer? Die Schönheit des Scheins – o könnt' ich sie nur mit Sein vertauschen, so häßlich es sei, mit des Stoikers Willensübung und fest an Tugend glaubendem Pflichtstolz!
    Doch was ist Pflicht, was Liebe, was Haß, was Tugend, was Laster vor'm letzten Begriff, vor'm Verständniß der letzten Erkenntniß? Ein Hauch! der Naturtrieb des Augenblicks gilt nur.
    Der Stern der Kybele glänzt blutroth auf Tmolus' Schneehaupt. Im Alpenthal Corybantengetümmel und Cymbalschlag, und es klagt der entmannte Adonis. Die Ammen Jupiters lärmen wild, den Säugling zu schirmen vor'm grimmen Saturn. So schlug ich gar oft im Bacchanal die Lyra der Gottessehnsucht. Die Lasterstimme Astartes so in Priesterhymnen betäubte ich oft, zu retten vor allverschlingender Zeit mein Werk, das im Plan kaum geboren. Des Orients Mystik, den Syrercult, verpflanzen wollt' ich zum Occident, die nüchterne Seele des Römervolks mit dem Rausch der Begeistrung tränken. Die Eisenadern sollten aufs neu frisch schwellen von schäumender Leidenschaft. Die weichliche Sclavin sollte den Herrn durch geistige Herrschaft zähmen.
    Mein glühender Ost, Du Mutter der Welt, deren Wiege am Paropamisos stand – ich wollte Dich rächen, Dein treuster Sohn, wider Roma heimlich verschworen, ein gekrönter Catilina! – Zu früh! Erst später wird nah'n der Tag des Gerichts und neue Cimbern des Nordens vielleicht bauen ein neues Carthago.
    Der Urzeit sibyllinisches Buch, Hieroglyph und Talisman, Weisheitschatz – ich verbrenne mit allem, wie Sardanapal mit Harem und Kronenjuwelen.
    Oft neidete ich des Attis Loos. Doch forderte meiner Göttin Dienst, der Allerzeugerin, Zeugungskraft und Unzucht als Opfergebräuche. Denn Keuschheit ist nur ein Raub am Selbst, und was ist Sünde, die's nicht an sich? Wie der Ptolemäer die Schwester beschläft, so ehlichte ich die Vestalin. Und vermählte die Pallas, herschleppend ihr Bild aus verborgener Zelle beim Mithra-Fest dem Sonnengotte, in dem ich erkannt den beredtesten Zeugen der Schöpfungskraft. Denn Natur ist Gott, statt Göttern ich schuf einen Universal-Naturdienst .
    Abram, der Ebräer Erzpatriarch, der Planeten-Anbetung Thorheit sah, als vom Kasius einst, meinem Heimathberg, er den Sternenhimmel beschaute. Ich aber kam dort zu verschiedenem Schluß. Mir hat da droben sich offenbart der wahre Baal, wie Eliä einst der einige Jehova. »Ich bin, der ich bin, und ich werd', der ich werd'.« Der »Herr des Berges«, der El Gabal, der zuerst auf den Gipfeln erscheinend von dort aus Köcher und Füllhorn schüttelt Strahlenpfeile, Gluthrosen, beseeligend und befruchtend damit überschüttet die Welt! Drum verehrt auch auf Alpen der Perser das Licht. Du Reiner, Du Einer, Du Meiner!
    Ich baute Dir Heliopolis, Baal-Bek, Sonnensäulen auch, Chamanim. Trotz bot ich dem Orkus, den Töchtern der Nacht, den Unterweltsgewalten, und dem Mars , der den »Herrn« Adonai erschlug, dem latinischen Mars, der rohen Gewalt, dem Dämon der Zwietracht, der nimmer schließt den Janustempel des Friedens.
    Die Sonne erreichte den höchsten Stand im himmlischen Tempel, dem Sternbild des Leun. Typhon, der Meersturm, schweigt und es quillt der Nil des Lebens aufs neue. Doch als Sühnopfer des Fortschritts fiel der neue Osiris. Schau, Isis Natur, Kybele , wie Liebling Adonis stürzt sich selbst in die Hauer des Ebers!
    Begierde – Genuß, Grenzpfeiler des Seins, umreiß' ich sie, aufwühlend den Grund, den vulkanischen Boden, in dem wir umsonst nach den letzten Zwecken schürfen. Ans Thor des Schicksals poche ich frech mit der Keulenfrage: »Warum? Wozu?« Ich will den engenden Wirkungskreis durch verwegene Willkühr sprengen.
    Vampyr der Langeweile, entfleuch durch des Grabes Pforte zur Urnacht hin, – Herodias Welt, ich fliehe vor Dir in die Wüste der ewigen Freiheit. Eines Heilands Vorläufer erscheine ich mir, wie dem falschen Messias Johannes einst – des Pantheismus Weltreligion siegt einst über die Götzen

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