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Größenwahn

Größenwahn

Titel: Größenwahn Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Bleibtreu
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    Allerhaltende Liebe , bald hell bald trüb in der Kette der Wesen vom Stern zum Wurm strahlend, wie jedes nach seinem Grad ein Spiegel des ewigen Feuers – dir vermähl' ich mich nun! Die Asche dem Wind und der Odem dem Urquell, dem er entfloß! So web' ich unsterblich weiter im All, Unendlichkeit wird das Ende.
    Verzehrt sind die Wolken der Sterblichkeit, die Sphärenräume zerklaffen – hinauf zum Tabernakel der Urkraft schwebt meiner Seele befreite Flamme! Wo die ewigen Mächte thronen im Licht, im Allerheiligsten wandelt er sich zur Leuchtkraft selbst und leitet dahin an der Eisenkette der Dinge den Funken des Werdens, der nimmer ward , doch endlos wird und von Kraft zu Kraft stets wechselnd hinrollt, wie in Feuersnoth von Hand zu Hand fliegt der Eimer. Kein Ende, kein Stillstand! Alles fließt und wechselt in Licht und Leben und Lust! Unendliche Wonne! Auch Schmerz ist Genuß dem Atom, das als Alltheil sich fühlet. Wohlan denn, zum letzten Sprunge hinein! Weh, weh! Ich verderbe, verlodre. Haha! Jo, Jo! Triumph! O Wollust der Marter, es ist vollbracht!
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    Mit wirrem Lächeln und hämmernden Schläfen fuhr der Dichter aus seiner Weltentrücktheit auf und stierte umher.
    In hastigem Sturmschritt war er übers freie Feld nach der Wetzlarer Bahnlinie jenseits des Halensees abgeirrt, mit der fieberischen Schnelligkeit seines gestaltenden Gefühls völlig im visionären Bann des cäsarischen Selbstmörders.
    In der Ferne raste ein Courirzug heran. Der einsame Wanderer blieb stehn, wie erstarrt, wie vom Blitz getroffen. Seine Augen quollen gräßlich aus ihren Höhlen, sein Mund öffnete sich unwillkürlich, als habe ihn der Starrkrampf der Maulsperre ergriffen, ein Orkan von Gedanken stöberte in Schneeflocken um ihn her – –
    Tod , der mit unhörbarem Katzenschritt herschleichend uns hinweg reißt, zwischen Zeit und Ewigkeit bist Du der Rand, unentrinnbar unüberbrückbar. Ewigkeit ! Symbolisches Wort für Unaussprechlich- Undenkbares – ein unverständlich leeres Getös für den Gedankenlosen. Doch der Denker Ideen-Stufen durchläuft, bis er steht vor der letzten Fragen Schlund und von unüberwindlichem Schauder gepackt zur Tagesarbeit zurückschnellt. O Riesenkerker, der in sich schließt die Käfige der Welten, – du schreckliches Nie-Gewordenes!
    Formlose Urform, die bald sich löst in chaotische Formenlosigkeit, bald ihre fließenden Kräfte ballt zu verdichteten Weltall-Formen! Die unzählbar gewordene Welten verschlingt in Sündfluth uferlos grenzenlos, und unzählbar- werdende Welten sodann aus chaotischem Mischmasch bildet!
    Oder ist auch das niegewordene Eins keine richtige Ziffer, vielmehr eine Null : Ist das Nichts die Wahrheit? Und ist das All nur des Einzelnen Wahnvorstellung? Aufzuckend wie Irrlichtschemen, die doch nur wesenlose Ausdünstungen sind vom fauligen Moor? – Enceladus, zerreiße endlich die Ketten!
    Meteorisch sausen verwirrend schnell, Leuchtkugeln ähnlich, Weltkörper umher, die der Allgeist, indischem Gaukler gleich, auf und nieder rollen läßt. Und das Diesseits ist nur ein Schatten. Ob dieser Schatten nur vom unfaßlichen Nichts ein Ausfluß? Ob, wie es die Regel ja lehrt, Schlagschatten beweisen, daß Licht in der Näh' oder etwas Persönliches, Festes? Ob alles irdisch-vergängliche Sein nur der Idee Erscheinungssymbol? Nur nicht länger mithuschen im Tanz der Puppen-Schatten, die auf des Lebens Grenzmauer sich jagen! – –
    Nein, nicht desertiren vor dem Todesgedanken, vor dem Todesgefühl, vor der letzten Wahrheit! Im Anfang war die That und am Ende sei die That, die lebensvernichtende! – Nicht desertiren, nicht feige sein! – Nervöse Raserei durchzitterte all seine Poren – der Courierzug, das Ungeheuer – wende dich ab, Du kannst sonst nicht widerstehn – hahaha, bin Ich der Messias, so laß doch sehn, ob Gott ein Wunder thut – –
    Ein Sprung auf die Schienen, er glitt aus – –
    Gott thut heut keine Wunder mehr.
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    Jetzt stehst Du allein vor der Ewigkeit, allein mit Deinem Genie.
    Sprich ohne Furcht mit Gott, denn er allein kann Dich verstehn. Er legt ein anderes Maß all Dich, als die gemeine Heerde des Tages.
    Die schwache Hand der Sterblichen wird nicht rühren an Deinen wahren Werth. Ihr Preis und ihr Tadel kümmern Dich

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