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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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und ging an ihm vorbei, während er hinter sich die Tür schloss und den Koffer abstellte.
    Cliff jubelte auf, riss sich von ihrer Hand los und lief zu dem großen roten Plastikbagger, den er für seinen Sohn auf den Tisch gestellt hatte. Jon hatte ihn in der kleinen Abstellkammer des Trailers gefunden.
    Bevor sie etwas sagen konnte, gab Jon zu, »Ich weiß, ich weiß, ist nicht so toll wie unser altes Haus, aber wir sind hier in der Wildnis, zum Arbeiten, auf Zeit, nur für ein paar Monate.«
    Er hatte den Wohnwagen gebraucht in Whitehorse erstanden, einen Trailer, der seit Generationen von Goldgräber an Goldgräber weiterverkauft wurde. Baujahr 1971. Dafür war er noch gut in Schuss und komplett eingerichtet gewesen. Nach der Saison würde er ihn für das gleiche Geld weiterverkaufen können. Wenn nichts kaputt ging. Die Schränke waren original, auch ein Teil der Tapeten, der Tisch und die vier unterschiedlichen Stühle, Zeugen ihrer Vorbesitzer. Der Herd war neu, vom letzten Eigentümer, ebenso die Läufer, die auf den verschlissenen Teppichen lagen.
    Tonlos sagte sie, »Ein paar Monate meines Lebens. Wo ist das Schlafzimmer? Wo soll es sein? Ich folge dem Gang«, dachte sie laut.
    Neben der Toilette stoppte sie und riss die Klotür auf, seufzte, »Jon, Jon!«
    »Ist klein, aber ...«
    »Wo ist die Dusche?«
    »Wir haben eine gebaut, aus Holz, beim Jenny, dem Generator, eine richtige Dusche mit heißem Wasser.«
    Sie drehte sich zu ihm um und ließ ihn dann stehen. Anstatt in das Schlafzimmer zu gehen am Ende des Wohnwagens, stützte sie sich mit den Händen am Türrahmen ab und beugte sich vor, als würde eine Gefahr von dem Raum ausgehen.
    »Die Matratze ist brandneu!«, rief er, »die alte habe ich rausgeschmissen. Links, die Kleine an der Wand ist Cliffs. Wir legen sie abends einfach neben unsere.«
    »Auf den Boden«, vollendete sie den beendeten Satz, dann schluchzte sie auf und begrub ihr Gesicht in den Händen.
    Hinter ihm im Wohnzimmer brummte Cliff Motorengeräusche, er spielte mit dem Bagger in seiner Welt.
    Jon nahm Tara in den Arm, Tränen rannen an ihren Wangen herab, sie blieb steif, angelehnt an ihn und doch wieder nicht.
    Er roch sie, das erste Mal seit sechs Wochen, die Umarmung am Flughafen zählte nicht, dort war die Luft voll teurer Parfüms, die alles überlagerten. Hier roch er eine Spur ihres Chaclair Noir und sie selbst und den Regen in ihrer Kleidung.
    Er flüsterte, »Drei Monate, höchstens vier, dann haben wir genug Geld für den Winter, und im nächsten Sommer sieht alles ganz anders aus.«
    »Was?«
    »Was?«
    »Ja, was? Was sieht dann anders aus?«
    Mit dem Ärmel wischte sie sich die Tränen weg und band sich das Haargummi neu.
    »Na ja«, er wollte jetzt nichts Falsches sagen, »das hier, ich meine, wenn ich nochmal eine Saison schürfe, dann ein Level höher, verstehst du, ein neuer Trailer, oder hoffentlich dreht die Wirtschaft, und ich kriege wieder einen Job, und ...«
    Sie wandte sich aus seinen Armen.
    »Liebst du mich noch?«, fragte sie.
    »Tara.«
    »Liebst du mich noch?«
    »Klar!«
    Keine Reaktion. Und er traute sich nicht, ihr die gleiche Frage zu stellen.
    »Lass mich allein«, sagte sie.
    »Tara, ich muss arbeiten. Ich bin sowieso schon spät ...«
    Sie unterdrückte ihn anzuschreien, »Ich war sechs Wochen mit Cliff alleine. Hast du jetzt mal eine Stunde? Oder nicht?«
    Sie sah aus, als würde sie ihm bei der falschen Antwort einfach verlassen.
    »Ich will mal alleine sein«, sie setzte sich jetzt aufs Bett. Es quietschte, und sie heulte auf und hielt sich die Hände vor den Mund. Ihre wässrigen Augen suchten Halt an den Tapeten.
    »Okay.«
    Seine Hand griff nach der Tür, doch er entschied sich, sie offen zulassen. Warum wusste er nicht. Auf dem Weg zum Wohnzimmer zwang er sich ein Lächeln ins Gesicht und kniete sich neben Cliff, »Hey, na?«
    »Super Bagger!«, schwärmte sein Sohn.
    »Super Baggerführer!«
     
     
Er trottete durch den zugewucherten Graben neben dem steinernen Fluss, er würde ihn so sicher wie sein Geruchssinn zu ihnen führen. Das Vieh war längst verschwunden, ebenso sein Gestank.
    Unter seinen Pfoten brachen morsche Äste, beugten sich die Sträucher und das Gras. Seine raue Kehle brannte heftiger als zuvor. Nicht

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