Grolar (German Edition)
nach Hause fliegen wollen, ihn hier mit sich, den Problemen und der Arbeit alleine lassen?
Wenn er ehrlich zu sich wäre, müsste die Frage lauten: Wie kann ich sie davon abhalten?
Eine Antwort hatte er nicht. Er könnte sie nicht davon abhalten. Der einzige Grund wäre Liebe, weil sie sich liebten und sie bei ihm sein wollte. Wenn sie das nicht wollte, konnte er nichts tun.
Kelly schmatzte leise ihre Fingerkuppen ab.
Würde sie bleiben wollen? Immerhin kannte sie sich hier aus, er könnte ihr den Umgang mit dem Radlader zeigen, er würde den Bagger übernehmen. Ein neues Leben.
Er schüttelte den Kopf über seine eigenen Gedanken und schob sich vom Tisch. Er schlich den Flur entlang und linste in die Abstellkammer. Tara lag neben Cliff, die Augen geschlossen, in einem schöneren Land.
Er ging zurück zur Küche, legte das Gewehr auf die Theke neben Kelly und machte sich selbst ein Sandwich. Platz machte sie keinen, so wie sie stand, musste er ihren Hintern umrunden, was ohne Berührung kaum möglich war.
»Essen aus Langeweile«, sagte sie.
»Ja.«
Zwei Scheiben Toast, vier Scheiben Salami, und ihre Ellbogen berührten sich kurz. Er verzog sich auf die andere Seite der Theke, er wollte nicht neben ihr stehen. Dabei biss er kleine Stücke ab, damit er reden konnte, wenn es nötig war.
Sie standen etwas versetzt voneinander, nicht direkt gegenüber, sondern so, dass sie das Küchenfenster aus seiner Sicht hinter sich hatte. Hell leuchteten ihre Augen im schattigen Gesicht.
Das Salami-Sandwich war knochentrocken und es schmeckte nach nichts, er hätte Ketchup mitbringen sollen. Ein kleines Bier würde nicht schaden. Er legte das Sandwich auf das Holz.
Mit zwei Schritten stand er bei dem Kühlschrank und zog die Tür auf. Das Licht zerschnitt den Raum in zwei Teile, mitten zwischen den beiden durch, jeder stand in seinem eigenen Schatten. Einige Moskitos und Fliegen tanzten im Licht.
Er nahm das Kokanee, steckte die blaue Dose unter sein Shirt und öffnete sie dort, damit es nicht so laut knackte.
Ihre Hand mit den schmalen Fingern erschien fordernd vor ihm, »Gute Idee.«
Er reichte ihr das Bier, wobei ihre Finger über seine strichen. Dann öffnete er sich eine weitere.
Wieder zurück an der Theke hielt sie die Dose hoch, »Cin Cin.«
»Cin Cin«, wiederholte er so selbstverständlich, als würde er anderen immer so kitschig zuprosten.
Sie stießen die Dosen zusammen, leicht gekreuzt wie zwei Schwerter. Er schloss die Augen beim Trinken.
Kühl. Gut.
Er wollte gar nicht mehr absetzen, nie mehr. Er wollte auch keine weitere öffnen und gleichzeitig genug Bier haben, um den letzten Bissen herunterzuspielen.
Sie stellte ihr Bier auf die Theke und fragte leise, »Ich habe eben gedacht, was ist mit dem Gold?«
Er flüsterte, »Welches?«
»Na, was wir gefunden haben.«
Wir, dachte er und fragte, »Was soll damit sein?«
»Wo ist es?«
»Warum?«
»Zum Teilen. Ich bekomme meinen Anteil.«
»Wie?«
»Andys Anteil.«
Sie war schon einen Schritt weiter im Leben. Sie hielt sich nicht lange mit Vergangenem auf. Er wusste nicht, ob ihm das beeindruckte oder abstieß. Gut, die beiden waren nicht verheiratet, aber er war sich nicht sicher, ob nicht eher seine Familienangehörigen den Zuschlag bekommen sollten. Andererseits zählte das hier draußen nicht, das Gesetz der Stadt. Und wenn es nach ihm ginge, sollte sie Andys Anteil bekommen, immerhin war sie die ganze Zeit an seiner Seite gewesen, hier oben, auch als hier noch nichts stand, auch keine Dusche, und soweit er das beurteilen konnte, war sie stets gut gelaunt gewesen. Beschwert hatte sie sich nie. Es wäre sicherlich in seinem Sinne.
Daher behauptete er ohne Rücksprache mit Marten, »Bekommst du auch.«
»Denkst du?«
»Das machen wir schon.«
Gleichzeitig griffen sie sich ihre Biere und nippten daran.
»Wo ist das Gold jetzt?«, fragte sie.
»Schlafzimmer, denke ich.«
»Sollen wir teilen?«
»Jetzt?«
»Ja. Bevor hier morgen die Offiziellen herumschnüffeln und sich alle verflüchtigen und ich nachher wieder alleine dastehe.«
Er schaute ihr in die Augen, »Stehst du nicht.«
»Haha«, lachte sie künstlich.
»Nein, wirklich.«
»Was macht dich da so sicher, Jon?«, sie
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