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Grolar (German Edition)

Grolar (German Edition)

Titel: Grolar (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thorsten Nesch
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war er?«
    »Beim Rüttler hat sie gesagt.«
    »Ja«, flüsterte Kelly.
    »In welche Richtung hat er gestanden?«, fragte Marten.
    »In die«, und Kelly zeigte zur Straße raus aus dem Lager.
    So hätte er allerdings genauso gut den Abhang runterlaufen können.
    »Er belauert uns«, sagte Marten.
    Jon schaute ihn fragend an.
    »Wir sind in seinem Revier.«
    »Fuck, wir sind seit Wochen in seinem Revier. Wir haben ihn nie gesehen!«, zischte Kelly, die sich zwingen musste, ihre Stimme leise zu halten.
    »Was weiß ich, er ist da, und er wartet da, irgendwo.«
    Marten wandte sich ab und ging zum Fenster neben der Küchenzeile, bevor er durch den Flur nach hinten lief.
    Jon merkte erst jetzt, dass Kelly mit der Schulter an seiner lehnte und nicht zurückzog, obwohl genug Platz war.
    Ein Gedanke schoss durch seinen Kopf: Hatte sie überhaupt etwas gesehen? Oder war das nur gespielt gewesen? Um mit ihm auf Tuchfühlung zu gehen?
    Er roch sie neben sich, den leichten Geruch nach Marihuana und den Räucherstäbchen, der ihrer Kleidung anhaftete wie eine verbotene Frucht.
    Der Moment war vorbei, als ein Schatten durch das Küchenfenster fiel, begleitet von einem Quietschen wie bei einem feuchten Ledertuch auf Glas.
    Etwas verdeckte das Fenster.
    Er verdeckte das Fenster.
    Dann tauchte der Bär ab, und das Mondlicht fiel wieder in den Raum.
    Gleich müsste er vor dem großen Fenster erscheinen, dachte Jon.
    Kelly unterdrückte einen Schrei, sie wich zurück und schmiegte sich somit an ihn.
    Kein Geräusch.
    Er lud das Gewehr durch, schob sie mit der Schulter zur Seite und legte an, ohne das Fenster weiter zu öffnen.
    Sollte das Fenster ruhig zu Bruch gehen, wenn der Spalt nicht reichte. Sobald er den Kopf sehen würde, würde er ihm eine Kugel hineinjagen, und dann noch eine und noch eine, egal, was alles zu Bruch ging.
    Doch der Bär erschien nicht vor seiner Mündung, er kreuzte nicht den Platz. Das Tier musste links abgebogen sein und schlich anscheinend um ihren verlassenen Wohnwagen herum.
    Martens Stimme hinter ihm, »Was ist?«
    Er hatte ihn gar nicht kommen hören, ein adrenalinausgelöster Tunnelblick.
    Jon atmete durch, »Der Bär war da.«
    »Da am Fenster«, ergänzte Kelly.
    Ein schmieriger Streifen zog sich waagerecht über die Scheibe. Marten schlich mit dem Gewehr im Anschlag hin.
    Kelly tastete mit der Hand an Jons Bauch, hielt den Pistolengriff des Colt, ihre Knöchel unterhalb seines Bauchnabels. Zwischen ihre Köpfe passte keine Handbreit, deshalb hauchte sie ihre Frage nur, »Kann ich den haben?«
    »Ja.«
    Und sie zog den Colt aus seiner Hose.
    Ihm war, als wären seine Gefühle noch nie so durcheinander gewesen.
    Marten inspizierte die Stelle am Fenster und sprach gleichermaßen mit sich selbst und mit ihnen, »Blut, das ist Blut, Scheiße, sie haben ihn erwischt, Ron, Andy, er hat ...«, er brach seinen Satz ab, wollte nicht aussprechen, was er dachte.
    Stattdessen sagte er, »Ich gehe wieder nach hinten. Kelly, guck du hier raus, Jon, du bleibst da, und wir sagen Bescheid, sobald ihn einer von uns sieht.«
    »Marten!«, sagte Jon.
    »Ja.«
    »Wenn ich ihn sehe, schieße ich ihm in den Kopf, richtig? Den Kopf?«
    »Nein, Herz, wenn du kannst.«
    »Wo ist das ... bei dem?«
    »Hier«, und Marten klopfte mit seiner Faust auf sein eigenes Herz.
    »Und wenn er läuft?«
    Jon war wirklich kein Jäger, oft hatte er noch nicht in seinem Leben geschossen.
    »Scheiße, versuche es einfach, jede Kugel zählt, auch am Kopf, aber da prallen die oft ab, an den Knochen. Wenn er sich aufrichtet, vor dir aufrichtet, dann ...«, er klopfte sich wieder mit der Faust auf die Brust.
    Kelly legte die Signalpistole auf die Theke und lehnte sich mit dem Rücken an die Spüle, den Colt in ihren Händen betrachtend.
    Marten verschwand nach hinten, und Jon musterte den Platz und das Lager. Nichts.
    Die Zeit verstrich. Langsamer als gefühlt. Jedes Mal, wenn er sich zur Mikrowelle umdrehte, wurde er enttäuscht: 04.33, 04.35, 04.38.
    Er spürte den Stich eines Moskitos und wischte ihn sich vom Ohr. Die Blutsauger fraßen ihn auf ohne Ridd.
    Kelly stand zwischen der Arbeitsplatte und der Theke, jeweils eine Hand auf beiden Seiten, die

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