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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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die, wie sie fand, mit mehr als 1.200 Gramm eindeutig zu
schwere Mark 23 und setzte den Schalldämpfer auf.
    »In spätestens fünf Minuten sind Sie zurück. Verstanden!? Gromek,
Ende.«
    »Verstanden«, bestätigte Lisa. »Wünschen Sie mir Glück. Ende.«
     
    Bei aller Anspannung und seiner sorgfältig antrainierten
Distanziertheit zum Trotz spürte Gromek ein warmes Gefühl in der Magengegend.
Zum ersten Mal nach langer Zeit gab es jemanden, für den er echte Sympathie
empfand, mit dem er sich auf einer Ebene fühlte. Lisas Gegenwart und die
Tatsache, dass sie mit ihm zusammenarbeitete, bekamen dadurch eine neue
Dimension. Ein übermütiges Schmunzeln huschte über sein Gesicht.
    Auf dem Bildschirm beobachtete er, wie die Kamera an ihrem Kopf
zügig durch das Treppenhaus schwenkte und das zweite Stockwerk anvisierte.
    »Habe ich Ihnen eigentlich schon gesagt«, fragte er mit täuschend
ernster Stimme ins Mikrofon, »dass Sie sehr schöne Augen haben?«
     
    Lisa war auf Höhe der zweiten Etage angekommen. Sie verzog das
Gesicht und murmelte: »Mir bleibt aber auch nichts erspart!« Mit gedämpfter
Stimme fragte sie zurück: »Für einen Flirt hätten Sie sich keinen ungünstigeren
Zeitpunkt aussuchen können - so viel ist Ihnen doch klar, oder?«
    Sie erreichte den dritten Stock. Im Treppenhaus war es still. Niemand
war zu sehen.
    »Ich kann Sie hören. Auch wenn Sie flüstern, Lisa.«
    Ihr war nicht entgangen, dass Gromek sie zum ersten Mal beim
Vornamen genannt hatte. Sie beschloss, sein merkwürdiges Verhalten als eine Art
Unterhaltungsprogramm aufzufassen. Vielleicht glaubte er, ihr auf diese Weise
ein wenig von ihrer Angst nehmen zu können. Eine ungewöhnliche Methode zwar,
aber der Zweck heiligte ja bekanntlich die Mittel.
    Stockwerk für Stockwerk bewegte sie sich nach oben, was an sich
keine besondere Anstrengung war. Trotzdem stieg ihr Puls von Etage zu Etage.
Auch ihr Atem wurde durch die Anspannung lauter.
     
    Gromek verfolgte jeden ihrer Schritte auf dem Laptop-Monitor, den
er auf seinen Knien balancierte. Gleichzeitig behielt er seine eigene Umgebung
im Auge und versuchte, an dem kontrollierten Geräusch von Lisas Atem vorbei in
das Treppenhaus hinein zu lauschen.
     
    Im Wohnzimmer Bedri Rugovas lag eben dieser direkt vor der Terrassentür
in seinem Blut - erschossen von mehreren Kugeln aus einer schallgedämpften
Maschinenpistole. Alle Räume des kleinen Appartements waren gründlich nach
Waffen durchsucht worden. Diverse umgestoßene Möbel und mehrere Einschüsse in
einer der Wände zeugten davon, dass Rugova verzweifelten Widerstand gegen seine
Exekution geleistet hatte.
    Auf dem gläsernen Wohnzimmertisch stand ein kompaktes Funkgerät,
das sich dunkel vor dem elfenbeinfarbenen Teppichboden abhob.
    Flüsternd, aber gut verständlich meldete eine Stimme von außerhalb:
»Zielobjekt Nummer zwei hat das Haus betreten. Wiederhole: Zielobjekt Nummer
zwei hat das Haus betreten. Adler eins, Ende.«
    Die Hand eines bis zur Unkenntlichkeit vermummten SEK-Beamten der
Polizei nahm das Funkgerät vom Tisch, führte es zur Mundöffnung seiner Maske und
antwortete leise und ruhig:
    »Verstanden, Adler eins. Sind in Position. Wo befindet sich Zielobjekt
Nummer eins? Adler zwei, Ende.«
    »Unverändert im Fahrzeug. Wiederhole: unverändert im Fahrzeug.
Adler eins, Ende.«
     
    Lisa hatte die oberste Etage erreicht. Hier wohnte Bedri Rugova.
Am Treppenabsatz blieb sie stehen, um nach links und rechts zu schauen. Mit
vorgehaltener Pistole bewegte sie sich langsam durch den schmalen Flur. Die
Türen der einzelnen Parteien lagen einander gegenüber. Im Vorbeigehen versuchte
Lisa, jeweils beide Wohnungseingänge im Auge zu behalten. Jeden Moment konnte
eine dieser Türen aufgerissen werden.
    Ihr Atem wurde unregelmäßig und stockte zuweilen für mehrere
Sekunden, bevor er umso heftiger wieder einsetzte. Vorsichtig näherte sie sich
Rugovas Wohnungstür, der vorletzten auf der rechten Seite am Ende des Gangs.
Über Funk hörte sie Gromeks Stimme. Er sprach klar und ruhig.
    »Hier draußen ist alles in Ordnung. Weiter so, Lisa. Sie sind nah
dran. Es ist nicht mehr weit.«
    Mit starren Augen näherte sie sich der Tür, die mit jedem Schritt
größer zu werden schien. Zwar hatte sie Gromeks Stimme vernommen, doch ihr
schien, als käme sie von einem anderen Kontinent. Vor ihrem inneren Auge sah
Lisa, wie die Tür mit einem plötzlichen Krachen senkrecht auf sie niederfiel.
Ein bis an die Zähne bewaffneter Rugova

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