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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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das vorhandene Exemplar
des einzigen überhaupt in Serie gegangenen amerikanischen Sportwagens
betrachteten, öffnete sich knarrend die Holztür eines etwa 30 Meter entfernten
Schuppens, der anscheinend als Büroverschlag diente.
    Der italienisch stämmige Inhaber des Gebrauchtwagenhandels kam
gemächlich zu ihnen herübergelaufen. Er war in Gromeks Alter und trug einen
betagten blauen Hochwasser-Hosenanzug mit Trägern, an dem es keine einzige
saubere Stelle mehr zu geben schien. Auf den Vorderlatz des Anzugs war ein
Firmenlogo aufgestickt. Da sich aber die rötlich-goldenen Fäden desselben im
Lauf der Jahre aufgelöst hatten, war nicht mehr zu erkennen, um welche Marke es
sich handelte. Als er Gromek erkannte, begann der Mann von einem Ohr zum
anderen zu grinsen. Sowie er vor ihnen stand, streckte er ihnen eine
ölglänzende Hand entgegen, deren Fingernägel mühelos einen Preis für das
schwärzeste Schwarz gewonnen hätten. Da aber weder Gromek noch seine hübsche
Begleitung freudig einschlagen wollten, zog der Gebrauchtwagenhändler seine
Hand wieder zurück. Entweder war er diese vermeintliche Verstocktheit von
seinen sicherlich wenigen Kunden bereits gewohnt, oder Höflichkeitsrituale
waren für ihn an sich von minderer Bedeutung.
    »Gromek! Wieder auf Achse, was? Und, wie üblich, Paesano?«
    »Wie üblich«, nickte Gromek. »Sag mal, die Corvette hier,
ist die sauber?«
    »Keine Sorge: Der Wagen ist korrekt. Und genau das Richtige für
jemanden wie dich. Hab die Schüssel erst vor drei Tagen 'rein bekommen. Mann,
war der Typ vielleicht klamm. Ich musste nur läppische vier Große hinlegen. Ich
kann's immer noch nicht glauben.«
    Lisa wartete, bis Gromek einen kurzen Blick in ihre Richtung warf.
Mit einer knappen Geste deutete sie auf eine Stelle unterhalb der Fahrertür.
    »Korrekt, sagst Du. Und was ist das?« Gromek wies mit der Schuhspitze
auf ein kleines, bemerkenswert rundes Loch im Blech, das Lisa ihm soeben
gezeigt hatte.
    »Mann, Mann, Mann«, entfuhr es dem Gebrauchtwagenhändler. »Ein Einschussloch,
was? Naja, nur eins. Und an einer Stelle, an der es kaum auffällt. Also, wenn Du
mich fragst, ich würd' da gar nicht weiter drüber nachdenken.«
    »Wie Du meinst. Hör zu: Ich geb' Dir fünf dicke Scheine für, sagen
wir, ein paar Stunden. Ist das akzeptabel?« Gromek griff in sein Sakko und
holte ein Bündel Banknoten heraus.
    »Fünf sind okay.«
    »Für die fünf müsstest Du mir aber noch einen Gefallen tun. Der
Japaner hier hat keine Nummernschilder. Wenn wir nachher wieder kommen,
brauchen wir ihn möglicherweise. Lässt sich da was machen?«
    »Nummernschilder sind kein Problem«, versicherte der Gebrauchtwagenhändler
eifrig, während er die Scheine in Gromeks Hand anstarrte.
    »Also gut. Hier, nimm.«
    Kaum war das Geld in der rechten Tasche des Hosenanzugs verschwunden,
klaubte er aus der linken Tasche einen Ring mit Dutzenden von Autoschlüsseln.
Schnell war der richtige gefunden. Zufrieden und ohne Gromek oder Lisa die Hand
zum Abschied angeboten zu haben, lief der Mann nach der Übergabe zum anderen
Ende des Geländes. Er schloss das ächzende Roll-Tor der Werkstatt zu, hinter dem
sich nun Gromeks BMW verbarg, und trottete wieder zu seinem
Büroverschlag.
     
    »Wir hätten doch den Japaner nehmen sollen.«
    »Vergessen Sie's«, konterte Lisa souverän. »So außergewöhnlich ist
der Wagen nun auch wieder nicht.«
    Seit zehn Minuten parkten die beiden in einer schmalen, verwinkelten
Seitenstraße im weit abgelegenen Potsdam-Babelsberg, nur wenige 100 Meter
Luftlinie von den Film- und Fernsehstudios entfernt. Gromek hatte das unangenehme
Gefühl, wie auf einem Präsentierteller zu sitzen. Der knallrote, PS-starke
amerikanische Sportwagen zwang ihn regelrecht dazu, sich diesem ganz gewissen
Duell zwischen Bauchraum und Verstand auszuliefern, welches er normalerweise
erfolgreich verdrängen konnte. Und das war neu für ihn.
    Gromek gab sich einen Ruck. Er nahm den tragbaren Computer vom
Rücksitz und koppelte ihn mit seinem Mobiltelefon. Er startete den Laptop,
tippte eine Nummer in das Handy ein und bewegte sich, nachdem er endlich Zugang
zum überlasteten Internet erhalten hatte, mit einer Reihe von Befehlen durch
verschiedene Computernetze, bis er in das System eines privaten
Telefonanbieters gelangte. Auf diese Weise konnte er feststellen, in welcher
Etage Bedri Rugova wohnte.
    »Seltsam«, kommentierte er die Information auf dem Bildschirm.
»Der Telefonanschluss ist gestört. Hier,

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