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Gromek - Die Moral des Toetens

Gromek - Die Moral des Toetens

Titel: Gromek - Die Moral des Toetens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lutz
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bewegte, ignorierte sie ebenso geflissentlich
wie den Umstand, dass sowohl Gromek als auch ihre Kinder dabei nur durch die
Sicherheitsgurte an ihrem Platz gehalten wurden.
    Jetzt hatte sie den Bus des SEK-Kommandos in ihrem Rückspiegel.
Sie ließ ihn nicht aus den Augen, bis sie bei der nächsten sich bietenden
Gelegenheit in eine breite Nebenstraße abbog.
    Als ihnen in einiger Entfernung ein Streifenwagen entgegenkam, der
offensichtlich wenig motiviert seine allsamstägliche Runde fuhr, erkannte Lisa
blitzartig eine vage Chance, ihre Verfolger abzuhängen. Sie konnte nur hoffen, dass
ihr etwas ungewöhnlicher Einfall funktionieren würde.
    »Julia, Daniel«, begann sie in einem Ton, der den Kindern signalisierte,
dass Widerspruch jetzt nicht gefragt war. »Wir spielen jetzt ein Spiel. Seht
ihr den Polizeiwagen da vorn? Wir spielen den Polizisten einen Streich. Tut so,
als würdet ihr schlafen, ja?. Macht einfach die Augen zu.«
    Gromek sah sie verblüfft von der Seite an. Er verstand nicht, worauf
sie hinaus wollte. Ihm wäre es lieber gewesen, unauffällig an der nächsten Ecke
abzubiegen und damit aus dem Gesichtsfeld der Streifenbeamten zu verschwinden,
anstatt sie auch noch auf sich aufmerksam zu machen, was Lisa ganz
offensichtlich vorhatte. Die Kinder hingegen waren begeistert und stellten sich
nach einem letzten aufgeregten Tuscheln auf der Stelle schlafend.
    Mit dem Fernlicht blinkte Lisa den näherkommenden Streifenwagen
an. Dann drosselte sie das Tempo und hielt den Japaner ungefähr 50 Meter davor
mitten auf der wenig befahrenen Straße an.
    Als sie das verklemmte Seitenfenster herunterkurbelte, war Gromek
kurz davor, einzugreifen. Warum er Lisa gewähren ließ, war ihm in diesen
Minuten selbst ein Rätsel. Normalerweise wäre er auf gar keinen Fall
stehengeblieben. Und noch viel weniger - selbst wenn die Situation noch so
ausweglos erscheinen mochte - hätte er einen einfachen Streifenbeamten
konsultiert.
    Zu seiner Verwunderung musste er mit ansehen, wie Lisa hektisch
alle zehn Finger befeuchtete und mit ein paar schnellen Bewegungen die Haare
hinter die Ohren strich. Sein Griff um die Glock wurde fester.
    Aber es kam noch schlimmer.
    Gleich darauf warf sie ihm einen abschätzenden Blick zu, ganz als
würde sie ihm gleich einen Vortrag über seine Ausstrahlung und eine dringend
notwendige Änderung seines Äußeren halten wollen. Ohne Vorwarnung streckte sie
ihre rechte Hand aus, fuhr ihm einmal kräftig über den Kopf und veränderte
damit gekonnt seine Frisur. Beide wirkten nun deutlich gewöhnlicher als noch
wenige Augenblicke zuvor. Gromek, der noch immer nicht ahnte, was seine
Partnerin vorhatte, machte sich bereit, das Kommando zu übernehmen. Und das
hätte er auch getan - wäre in diesem Moment nicht der Streifenwagen auf Höhe
von Lisas Fenster vorgefahren.
    Angespannt beobachtete Lisa im Rückspiegel, wie der Wagen ihrer
Verfolger langsamer wurde. Sie atmete tief durch. Nun galt es, eine
überzeugende Vorstellung zu liefern.
    Freundlich lächelnd blickte sie die noch recht jungen Streifenbeamten
an und entblößte dabei ihre makellos weißen Zähne. So erweckte sie den Eindruck
einer nicht allzu intelligenten Hausfrau und Mutter von zwei Kindern, deren
Alltag eher eintönig verlief - von gelegentlichen frustrationsbedingten und
dafür umso ausgiebigeren Konsumkäufen einmal abgesehen. Um das Bild abzurunden,
schob Lisa die Zungenspitze nach vorn und lispelte ein wenig.
    »Einen schönen guten Tag, Herr Wachtmeister. Gut, dass Sie gehalten
haben! Mein Mann und ich glauben, dass wir seit ungefähr zehn Minuten von ein
paar Jugendlichen in dem Wagen da hinten verfolgt werden. Können Sie uns sagen,
wie wir uns verhalten sollen? Schließlich möchten wir keinen Ärger und
niemanden provozieren oder sowas.«
    Während der Streifenpolizist zu dem SEK-Fahrzeug schaute, das in 50
Metern Entfernung zum Stehen gekommen war, sah Lisa Gromek treuherzig an: »Es
ist doch so, nicht wahr, Vati?«
    Gromek lockerte den Griff um seine entsicherte Glock und
beugte sich vor, wobei ihm sein störrischer Sicherheitsgurt nicht allzu viel
Spielraum ließ. Er blickte die Polizisten so einfältig wie möglich an und
verzog den Mund zu einem leichten, blöden Grinsen. Dazu nickte er bestätigend
und stammelte schüchtern: »G-genauso ist es, Herr W-Wachtmeister - von
J-Jugendlichen ...«
    Mit ungespielter Nervosität fiel Lisa ihm ins Wort. Sie wollte den
Polizisten keine Zeit zum Nachdenken geben, damit sie den

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