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Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba

Titel: Grosse Geschichten vom kleinen Volk - Ba Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Hardebusch
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gedient hatte, und drückte ihn dem Mädchen in die Hand. »Zieh den besser an.« Skaggi brauchte ihn im Moment nicht, aber Tirzas Lederkleidung war vollkommen durchnässt.
    »Sind wir also jetzt Gefährten?«, fragte sie spitz, während sie den Umhang anlegte und ihr herzförmiges Gesicht unter der Kapuze verbarg.
    »Nenn es, wie du willst.«
    Tirza entzündete eine Birkenrinden-Laterne mit Zunder, der in Wachstuch eingeschlagen war. Tropfen platschten gegen das durchscheinende Gefäß, das wild hin und her schwang, wann immer Tirza sich zu den Spuren hinabbeugte.
    Die ersten Schritte waren einfach zu verfolgen. Asche klebte an dem missgestalteten Fuß, der in der Feuerstelle gelandet war. Nach und nach hatte der Angreifer die Ascheflocken im Gras abgestreift.
    »Was war das für ein Ding?« Haru versuchte, die irre Sorge zurückzudrängen, es sei ein Brückentroll gewesen. Trolle waren Märchenfiguren, nichts weiter. Oder hatte er bei der Brücke den Zorn des Monstrums über sich und Skaggi gebracht? Das alles wäre nicht passiert, wenn sie im Beerendieb übernachtet hätten.
    »Frag mich etwas Leichteres. Ich hatte leider keine Zeit, das Biest nach seinem Namen zu fragen, weil ich dich daran hindern musste, dem sicheren Tod ins Antlitz zu springen.«
    Autsch! , dachte Haru. Inzwischen war er sicher, dass der keulenartige Gegenstand, der Skaggi getroffen hatte, einfach eine riesige Faust gewesen war. Hoffentlich lebte Skaggi nach diesem Hieb überhaupt noch. Langsam kamen Harus aufgewühlte Gedanken zur Ruhe, und die Neugier erwachte.
    »Also, was führt eine Reblinger Jägerin an unser Lagerfeuer?«
    »Ich war neugierig, was zwei Broichhuser in der Steinigen Heide zu schaffen haben. Und ich wäre dir sehr verbunden, wenn du leiser reden würdest, für den Fall, dass uns der Klumpen hört.«
    Haru erstarrte. »Sind wir so nah?«
    »Er ist recht schnell in Richtung Süden unterwegs. Aber bei dem Wetter kann ich nicht sicher sein.« Sie seufzte. »Wir warten besser auf Tageslicht.«
    Tirza konnte ruhig zugeben, dass sie eine Pause brauchte. »Ich dachte, du wärst eine gute Fährtenleserin«, stichelte Haru. »Vielleicht sollten wir doch lieber Hilfe holen.«
    Tirza sah zur Seite. »Ich halte dich gewiss nicht auf.«
    »Du willst mich wohl gern loswerden?« Den Gefallen würde Haru ihr nicht tun, und das machte er Tirza auch deutlich.
    Ihr Ausdruck veränderte sich. »Wenn ich dir sage, was ich weiß, Schäfer, überlegst du es dir vielleicht noch.«
    Haru richtete sich auf. »Was soll das denn heißen?«
    Tirza blieb im Schutz einer knorrigen Eiche stehen. »Ich frage mich, ob du genug Mumm für diese Sache mitbringst. Wenn du es genau wissen willst, ich habe euch vorhin belauscht.«
    Damit war Harus Weltbild wiederhergestellt. Jedenfalls der Teil, in dem keine Ungeheuer vorkamen. »Etwas anderes hätte ich von einer Reblingerin auch nicht erwartet.«
    »Ich sag dir mal was, Kleiner …«
    Haru schnaubte verächtlich und rollte mit den Zehen auf einer Eichel herum. Er war mindestens einen Fingerbreit größer als Tirza.
    Nach der angriffslustigen Eröffnung wurde Tirzas Stimme dünn: »… heut Abend habe ich etwas gesehen, was ich nie wieder sehen will.«
    »Skaggis Ledermütze?«
    Tirza überging den müden Scherz. »Ich bin auf die Überreste eines Handelszugs der Riesen gestoßen.«
    »Herk?« Haru erstarrte. »Wir haben den Händler gesucht. Wären wir bloß weitergegangen, dann hätten wir …«
    »Nichts hättet ihr! Sie lagen alle hinter den Büschen am Straßenrand versteckt. Fliegen umschwärmten die toten Esel. Die Bäuche blähten sich bereits in der Sonne. Die Tiere waren schon seit einer Weile tot. Und die drei Händler …« Sie verstummte. Tirza stützte sich gegen den Baumstamm. »Was von Herk und seinen Knechten übrig war, sah angenagt aus.«
    Der Eintopf hüpfte in Harus Magen und wollte hinaus. »Denkst du, was ich denke …?«
    Tirza nickte. »Sehr breite Zähne und runde Fußabdrücke, ganz wie bei der Spur, der wir folgen.«
    Das Ungeheuer hatte also bereits getötet. Sogar Riesen. »Wir müssen sofort Alarm schlagen.« Haru fühlte sich hin- und hergerissen zwischen dem Wunsch, seine Familie zu warnen, und seinen künftigen Schwager, na ja, zurückzubringen.
    Tirza musterte ihn mit einem prüfenden Blick. »Nur die Ruhe. Die Spuren führten fort von der Straße und den Siedlungen. Genau wie diese Fährte hier. Außerdem haben mein kleiner Bruder Caru und seine Freunde Reblingen längst

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