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Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition)

Titel: Große Geschichten vom kleinen Volk - Band 2 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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hier herauszubringen!«
    »Du willst fort? Und das Herz?«
    Gulbert wies den Gang entlang. »Das wirst du auf gewöhnliche Weise holen müssen. Wenn Lambanos Recht hatte – und ich schätze, das hatte er –, dann liegt der Schatz, den wir suchen, am Ende dieses Korridors. Das eine oder andere Hindernis mag noch zu überwinden sein, aber deswegen habe ich dich ja hergebracht. Du wirst den Rest des Weges allein gehen, das Herz holen, und ich werde derweil die Zauber sprechen, die nötig sind, um ein Tor zu öffnen und dir den Rückweg zu erlauben.«
    »Gut«, sagte ich, auch wenn ich besorgt ins Dunkel blickte. Gulberts Zauberlicht würde hier zurückbleiben, und wir konnten nur darauf hoffen, dass es vor uns keine weiteren Einmündungen gab und der Wächter mir nicht den Weg abschneiden konnte. »Wie lange brauchst du, um unseren magischen Fluchtweg zu öffnen?«
    »Du hast mich nicht richtig verstanden«, sagte Gulbert. »Ich öffne das Tor nur für dich. Wenn du mit dem Herz zurückkommst, wird dieser Korridor dich auf magische Weise aus dem Berg hinaus- und … anderswohin führen. Jetzt ist der Augenblick des Abschieds gekommen.«
    »Und du«, fragte ich erschrocken, »bleibst hier zurück?«
    »Ja«, sagte Gulbert, »denn genau hier hat der Zauber seinen Anker, und wenn ich die Magie nutzen will, um dich zu schützen, dann muss ich es von hier aus tun.«
    Gulbert beugte sich zu mir herab und sprach eindringlich auf mich ein: »Hör zu, Volpar. Es reicht nicht aus, einen Fluchtweg zu öffnen. Ich muss dir auch den Rücken freihalten, damit der Wächter dieses Ortes dir nicht folgt. Ich werde die Magie des Ganges so verbiegen, dass niemand dir hinterherkommen kann, sobald du hindurch bist. Das wird den Wächter betreffen, aber mich ebenso.«
    »Und was tust du dann?«, fragte ich.
    Gulbert richtete sich auf. Er schaute den Gang zurück, dorthin, von wo wir gekommen waren. »Ich werde mich hier dem Wächter stellen. Sobald ich meine Pflicht dir und unserer Mission gegenüber erfüllt habe, kann ich endlich wieder gutmachen, was ich an Lambanos und Maneas, an Otli und Malangar versäumt habe. Ich werde kämpfen, und wenn ich den Wächter nicht besiegen kann, so werde ich wenigstens wissen, dass du in Sicherheit bist und wir erlangt haben, weswegen wir gekommen sind.«
    »Wo …« Ich merkte, wie meine Stimme zitterte. »Wo werde ich herauskommen, wenn ich deinen magischen Gang wieder zurückgehe?«
    »Lukar und sein Heer müssten inzwischen fast vor Daugazburg stehen.« Gulbert klang nachdenklich. »Das magische Tor, das ihnen am nächsten ist, müsste also in Leuchmadans Palast zu finden sein, das Tor, das der finstere Herrscher selbst benutzt. Aber ich glaube kaum, dass du dort herauskommen möchtest.« Gulbert versuchte sich an einem Lächeln. »Außerdem kenne ich dieses Tor nicht persönlich, und das müsste ich, um den Durchgang zu öffnen.
    Ich kenne allerdings einen magischen Ort, nicht allzu weit davon entfernt. Er liegt mitten in der Wildnis, und in Feindesland. Wenn ich dich dort hinbringe, wirst du dich mit Leuchmadans Herz noch tagelang durchschlagen müssen, nach Osten, denke daran. Du musst Lukars Heer finden und den Patrouillen von Goblins und Nachtalben ausweichen. Aber das wirst du schaffen, Volpar, ich vertraue auf dich. Du bist der geschickteste aller Halblinge. Und jetzt geh und erfülle deinen Part.«
    Nun lächelte Gulbert tatsächlich, und er legte mir die Hand auf die Schulter.
    »Lebewohl, Gulbert«, sagte ich.
    »Ha!«, antwortete er. »Ich bin noch nicht tot. Ich weiß nicht, ob ich mit diesem Wächter fertigwerde. Aber das heißt nicht, dass ich gar keine Aussicht darauf hätte. Ich sage also auf Wiedersehen, Volpar. Halte nach mir Ausschau, wenn alles vorbei ist.«
    Ich eilte davon. Im Laufen nestelte ich an meinem Bündel und holte die kleine Öllampe hervor, die mich schon bei so vielen Abenteuern treu begleitet hatte. Bevor ich sie bereithatte, war ich aus dem Lichtkreis von Gulberts Stab heraus, und die Schatten schienen fast körperlich nach mir zu greifen. Ich hatte Grund, diesen Ort zu fürchten. Mit fünf Gefährten war ich aufgebrochen, ein sechster war hinzugekommen, jetzt war ich auf mich allein gestellt.
    Ich schnaubte und riss mich zusammen. Mit geübten Bewegungen schlug ich im Dunkel meine Lampe an. Es war an der Zeit, dass ich mich wieder auf meine eigenen Fähigkeiten besann. Ich war Volpar, ein Abenteurer und Meisterdieb, und ich hatte mich oft genug bewiesen. Es war

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