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Große Kinder

Große Kinder

Titel: Große Kinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oggi Enderlein
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Machst du mit, mache ich auch mit; was du gut findest, ist auch für mich richtig; wenn mich etwas ärgert, weiß ich, dass du mich verstehst; will ich etwas in der Gruppe durchsetzen, wirst du mich unterstützen; werde ich angegriffen, wirst du mich nicht im Stich lassen.
    Der beste Freund oder die beste Freundin ist für Zehnjährige aber in erster Linie das Echo der eigenen Gefühle: »Ich finde Basketballspielen toll«   – »Ich auch«, ist für Kinder in diesem Alter weit mehr als die gegenseitige Information über ein Hobby und auch mehr als die Frage: »Hast du Lust, mit mir Basketball zu spielen?«, wie es bei jüngeren Kindern der Fall ist.
    In solch kleinen Dialogen tasten ältere Kinder vor allem ab, ob ihre eigenen Gefühle »verstanden« werden, ob sie »richtig«, das heißt »im Trend« liegen, und wie es um die Gefühle des anderen Kindes bestellt ist. Die Erfahrung, da ist einer, der fühlt so wie ich und deshalb versteht er mich, ist wichtiger als die Botschaft, da ist jemand, der, wie ich, Basketball spielt. Im Spiel selbst wird sich dann ohne weitere Worte herausstellen, ob die Gefühle wirklich gleich sind, ob die Harmonie stimmt, ob der Partner zum Freund taugt.
     
    Nehmen wir an, Hans und Jochen, beide 10   Jahre alt, hätten auf einem ehemaligen Truppenübungsplatz Munition gefunden. Ihr Gespräch könnte etwa so verlaufen:
     
    1.   Variante:
    Hans: Sollen wir sie anzünden?
    Jochen: Traust du dich?
    Hans: Weiß nicht   – vielleicht schon   – sollen wir’s mal probieren?
    Jochen: Nee, komm, wir lassen’s lieber bleiben, wenn was passiert   ...
     
    2.   Variante:
    Hans: Eh, komm, die jagen wir hoch!
    Jochen: Das ist gefährlich!
    Hans: Sei kein Feigling, da passiert doch nichts!
    Jochen: Glaubst du wirklich?
    Hans: Na klar, das macht doch Spaß!
    Jochen: Also gut, aber wir müssen ganz schnell in Deckung gehen.
     
    3.   Variante:
Hans: Eh, komm, die jagen wir hoch!
    Jochen: Das ist gefährlich!
    Hans: Sei kein Feigling, da passiert doch nichts!
    Jochen: Da mach ich nicht mit!
    Hans: Dann bist du nicht mein Freund.
    Jochen: Du spinnst!
     
    Im Grunde geht es bei allen drei Gesprächen um die Angst einerseits und die Verlockung des Abenteuers andererseits. Und im Grunde tauschen sich die Jungen in allen drei Varianten über ihre Gefühle aus und stimmen sie   – im gegenseitigen Echo   – miteinander ab. Im letzten Beispiel werden sie sich nicht einig, und damit wird auf einmal eine ganz andere Frage und ein anderes, damit verbundenes Gefühl wichtiger, nämlich: Wer ist der Stärkere von uns beiden, wer gibt nach?
    Die Fähigkeit, Freundschaften zu schließen und sie aufrechtzuerhalten, muss gelernt und geübt werden. Darüber hinaus aber ist es das Gefühl Freundschaft selbst, das Kinder in diesem Alter kennen lernen, ausprobieren und ausleben müssen. Erwachsenestützen sich, ohne sich dessen bewusst zu sein, auf diese Erfahrungen, wenn sie in einer neuen Umgebung oder in einer neuen Lebensphase neue Freundschaften knüpfen. Mehr noch: Die Fähigkeit, Freundschaften überhaupt zu schließen, die Art, wie jemand mit seinen Freunden umgeht, wie später einmal Freundschaften gelebt und gepflegt werden, wird in diesem Alter angelegt.
    Die Möglichkeit, einen besten Freund oder mehrere gute Freunde zu haben und sich mit ihnen zu treffen, hängt für Zehnjährige in unserer Gesellschaft allerdings ganz wesentlich davon ab, dass Erwachsene im Hintergrund stehen, die für die Kinder da sind und sie darin unterstützen, ihre Freundschaften zu pflegen.
    Meistens treffen sich die Freunde nämlich entweder in der Schule oder nachmittags zu Hause oder in der näheren Umgebung der Wohnung. In der Schule sind Freunde auf Lehrer angewiesen, die Verständnis dafür haben, dass Freunde zusammen sein wollen und sich natürlich schrecklich viel zu erzählen haben. Für die Verabredung zu Hause ist es allemal sicherer und auch angenehmer, wenn ein Erwachsener im Haus ist, der die Kinder darin unterstützt, sich zu treffen und ihre gemeinsamen Spiele und Abenteuer auszuleben, sich ansonsten aber heraushält.
    Kinder, die sehr viel sich selbst überlassen sind, haben es erwiesenermaßen viel schwerer, Freunde zu finden und Freundschaften aufrechtzuerhalten, als beispielsweise Kinder, deren Mütter (oder Väter) wenigstens halbtags zu Hause sind und ihren Kindern die Freiheit zugestehen, zusammen mit den Freunden ihr eigenes Kinderleben zu leben. Auch Schülerhorte können für

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