Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
KleopatrasBefehl, sondern weil sie sich für besiegt hielten, aus Furcht davon, und schloss sich ihnen an.»[ 14 ]
Die Schlacht bei Actium aus barocker Perspektive: Der aus Antwerpen stammende Maler Lorenzo A. Castro (aktiv 1672–1686) bannte 1672 die Vorstellungen seiner Zeit vom Kampf zwischen Antonius und Octavian auf die Leinwand. Von den römischen Schiffen aus dem ersten vorchristlichen Jahrhundert hatte der Künstler allerdings nicht die geringste Vorstellung. Seine Kriegsschiffe sind mit Versatzstücken aus vielen Jahrhunderten ausgestattet, wie etwa Rah- und Lateinersegeln, einreihigen Riemenreihen mit außen an der Bordwand angebrachten Schilden wie bei Wikingerbooten oder völlig der Phantasie entspringenden Verzierungen. Und eine verzweifelte Kleopatra versucht mit einem eher nach königlichem Lustboot aussehenden Gefährt, das eine schaumgeborene Venus als Bugzier besitzt, zu entkommen.
Cassius Dio zeigt hier neben der denunziatorischen Gewissheit von Kleopatras Flucht kein Verständnis von den nautischen Verhältnissen vor Ort. Es gab ja gerade keinen zufällig aufkommenden Wind. Auch Plutarch lässt die ägyptische Königin durch die Kämpfenden hindurch davonfliehen, und Antonius benahm sich wie eine Memme: «Nunmehr bewies Antonius mit aller Deutlichkeit, dass er sich nicht von den Überlegungen eines Führers noch eines Mannes, noch überhaupt seinen eigenenÜberlegungen leiten ließ, sondern – wie jemand scherzend gesagt hat, dass die Seele des Liebenden im Körper eines anderen lebe – dass er von der Frau mitgezogen wurde, als ob er mit ihr zusammengewachsen wäre und allen ihren Bewegungen folgen müsste. Denn kaum hatte er ihr Schiff davonfahren sehen, als er alles andere vergaß, diejenigen im Stich ließ, die für ihn kämpften und starben, in einen Fünfruderer überstieg, nur von dem Syrer Alexus und von Scellius begleitet, und hinter der Frau herfuhr, die sich schon ins Verderben gestürzt hatte und ihn nun mit hineinreißen sollte.» Velleius hingegen bemühte noch das Wortspiel vom vertauschten Deserteur: «Und so wurde der Feldherr, dessen Aufgabe es gewesen wäre, streng gegen Deserteure vorzugehen, zum Deserteur an seinem eigenen Heer.»[ 15 ]
Die Erosion der Macht
Nachdem Antonius und Kleopatra aus der Kampfzone entkommen waren, umzingelte Agrippa die noch verbliebenen Schiffe, zerstörte einen Teil und kaperte den Rest. Cassius Dio beschreibt plastisch das Schicksal der Seeleute, als sich am Ende der Schlacht die Brände auf den Schiffen ausbreiteten: «Die einen, und zwar besonders die Matrosen, erstickten schon, ehe sich ihnen noch die Flamme näherte, im Rauch, während die anderen gerade mitten im Feuermeer wie in Öfen gebraten wurden. Weitere starben in ihrer Rüstung, als diese sich erhitzte. Wieder welche warfen, ehe ihnen noch dies widerfuhr oder als sie schon halbverbrannt waren, ihre Waffen weg und ließen sich von den Ferngeschossen verwunden oder sprangen ins Meer, wo sie ertranken. Manche gingen auch, von den Streichen ihrer Gegner getroffen, in den Wellen unter, manche wurden von Seeungeheuern in Stücke gerissen.»[ 16 ]
Noch dramatischer fasste der große Dichter Vergil (70–19 v. Chr.) das Geschehen in seiner
Aeneis
, jenem zentralen römischen Nationalepos der Augusteischen Zeit, mit deren Abfassung er ein Jahr nach der Seeschlacht begann. Selbst der fluchtbegünstigende Wind, der tatsächlich in der Gegend von Actium existierende, von Nordwest blasende Iapyx, ist ihm nicht entgangen. In dem Epos heißt es:
Drüben mit Fremdvolks Macht Antonius, bunt seine Waffen,
Sieger bei Völkern des Morgens, am Strande des Roten Meeres,
führt Ägypten und die Kräfte des Orients her und das ferne
Baktra; es folgt ihm – Frevel und Schmach! – die ägyptische Gattin.
Alle stürzen zum Kampf, und ringsum schäumt, überall von
Riemenschlägen durchwühlt und dem Dreizack der Schnäbel, die Fläche.
Hoch zum Meer drängt’s, fast, als rissen Kykladen sich los und
schwämmen dahin oder ragende Berge stürzen auf Berge,
so mit Kolossen drängen die Krieger gegen die Turmhecks. […]
Auch sie selbst, die Königin, sah man erbetenen Winden
Segel bieten und locker stets loslassen die Taue,
mitten durchs Blutbad, bleich vor drohendem Tode, so flog sie,
Werk des Feuerbeherrschers, von Wogen geworfen und Westwind.[ 17 ]
Antonius und Kleopatra waren auf dem Weg nach Süden. Ihre Flotte war zu drei Vierteln verloren. Emphatisch notierte Florus, der, wie schon
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