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Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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Hauptquartier des Antonius entfernen wollten, und den Befürwortern einer weiteren Teilnahme der ägyptischen Königin am Krieg. Als Octavians Flotte dann noch am Strand von Gomaros, nahe Actium, landete, waren Antonius und Kleopatra eingekreist und saßen in der Falle. Es musste etwas geschehen, sonst würden in der Umklammerung Heer und Flotte auch ohne Kampf langsam aber sicher zu Grunde gehen.
    Da ihre Stellung unhaltbar geworden war, blieben den beiden auf den ersten Blick nur zwei Möglichkeiten der Rettung: Zum einen hätte mandie Flotte aufgeben und mit dem Heer ostwärts marschieren können, um nach dem Überqueren der bergigen Regionen irgendwo eine entscheidende Landschlacht zu suchen. Doch einer Landschlacht, mit der Antonius am besten vertraut war, wich Octavian immer wieder aus. Die andere Möglichkeit bestand darin, mit den besten Soldaten auf den Schiffen einen Durchbruch regelrecht zu erzwingen. Was dann mit dem restlichen Heer geschehen sollte, stand in den Sternen. Ende August 31 v. Chr. entschlossen sich Antonius und Kleopatra nach Abhaltung eines Kriegsrates dazu, mit einem Teil der Schiffe eine Seeschlacht zu riskieren, um die Blockade zu sprengen und nach Ägypten zurückzusegeln. Ihr Mitstreiter, der Feldherr Canidius Crassus, sollte gleichzeitig versuchen, mit dem größten Teil der Truppen über Land abzuziehen.
    Plutarch berichtet von Antonius: «Nachdem der Beschluss gefasst war, eine Seeschlacht zu wagen, ließ er alle anderen Schiffe bis auf sechzig der Ägypter verbrennen, die größten und besten aber, vom Dreiruderer bis zum Zehnruderer, bemannte er mit Ruderern und zwanzigtausend Mann schweren Fußvolks und zweitausend Bogenschützen. Da soll einer der Kohortenführer, ein Mann mit narbenbedecktem Leib, der schon viele Kämpfe im Dienst des Antonius ausgefochten, als Antonius vorbeiging, aufgeweint und gesagt haben: ‹Ach, Imperator, warum hast du kein Zutrauen zu diesen Wunden und diesem Schwert und setzest deine Hoffnungen auf schlechtes Holz? Sollen doch die Ägypter und Phoinikier auf der See kämpfen! Uns gib Land, auf dem wir gewohnt sind, fest zu stehen und entweder zu sterben oder die Feinde zu besiegen!› Hierauf gab Antonius keine Antwort, sondern winkte ihm nur mit Hand und Miene ermunternd zu, er solle guten Mutes sein, und ging vorbei und war in Wahrheit nicht sehr guter Hoffnung; so gab er den Steuerleuten, welche die Segel an Land lassen wollten, strengen Befehl, sie mit an Bord zu nehmen, mit der Begründung, man dürfe keinen der Feinde flüchtig entkommen lassen.» Shakespeare, der sich die Episode natürlich nicht entgehen ließ, formte aus den Worten des Plutarch:
    O, Imperator! Fechtet nicht zur See,
    Baut nicht auf morsche Planken!
    Traut Ihr nicht
    Dem Schwert hier, diesen Wunden? Laßt die Syrer
    Und die Ägypter wie die Enten tauchen:
    Wir lernten siegen auf dem festen Grund,
    Und fechtend Fuß an Fuß. [ 11 ]
    Plutarch berichtet hier neben der schönen dem Kohortenführer in den Mund gelegten und von Shakespeare weiterverarbeiteten Anekdote – man könnte geradezu von einer Plutarch-Shakespeareschen Deutungshegemonie sprechen, die bis heute Wirkung zeigt – von drei interessanten Details: Bemannen mit Ruderern bedeutet nämlich, trainierte Ruderer an Bord zu nehmen. Das weit verbreitete Bild von rudernden Sklaven, die in der Antike zum Dienst gezwungen wurden, ist hauptsächlich durch Hollywoodfilme wie
Ben Hur
entstanden, doch es trügt. Denn bis ins 15. Jahrhundert hinein saßen an den Ruderbänken der antiken und auch der mittelalterlichen Schiffe hauptsächlich professionelle und bezahlte Ruderer. Erst ab dem 16. Jahrhundert wurden mehrheitlich auch Sklaven, Verbrecher und freie Männer zum Dienst gezwungen. Doch diese Galeeren der Frühen Neuzeit dienten zunehmend als schwimmende Plattformen der sich nun sprunghaft entwickelnden Artillerie oder als Transportmittel der Entermannschaften. Ganz anders die antiken Ruderschiffe, die mit raffinierten Manövern selbst als Waffen eingesetzt wurden. Da sie mit gepresstem Gesindel nur bedingt einsatzfähig waren, nutzte es nichts, die durch Epidemien gelichteten Ruderbänke einfach mit in der Gegend aufgegriffenen Männern aufzufüllen.
    Zum anderen bedeutete der Befehl, jene Schiffe, die man nicht bemannen konnte, in Brand zu setzen, und bei den seeklaren Einheiten auch die Segel mitzunehmen, dass Antonius offenbar von Anfang an auf den Durchbruch setzte. Wozu sollte man unbemannte Schiffe auch

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