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Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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verbrennen, wenn sie nach einem Sieg noch hätten bemannt werden können? Das macht nur Sinn, wenn man den Standort aufgeben und verhindern will, dass sie dem Gegner in die Hände fallen. Die Segel wurden gerade wegen der Brandgefahr und da sie die Fähigkeiten zu komplizierten Manövern behindern, in der Schlacht eigentlich nicht benötigt. Die Schiffe wurden ausschließlich mit Riemen bewegt. Dass man die Segel zur Verfolgung flüchtiger Gegner brauchen würde, schien also auch schon Plutarch eine Ausrede zu sein.
Antonius und Kleopatra warten auf den Wind
    In dem Schlachtplan des Antonius, der von Anfang an wegen der militärischen Zwangslage auf Rückzug angelegt sein musste, waren für einen erfolgreichen Ausbruch Windrichtung und Windstärke von entscheidender Bedeutung. Für einen wirkungsvollen Einsatz der Segel brauchte man, weil die Schiffe dieser Zeit bis zur Erfindung eines Kiels nicht gegen den Wind kreuzen konnten, achterlichen oder raumen Wind. Seit Jahrhunderten ändern sich um die Mittagszeit in der Bucht von Actium die Windverhältnisse. Was noch heutige Fischer wissen und Antonius natürlich ebenfalls gewusst haben wird: Am Vormittag herrscht oft Windstille. Mittags kommt dann ein leichter Westsüdwest auf, der im weiteren Tagesverlauf bei drei bis vier Windstärken immer weiter auf Nord dreht. Auf diesen Wind baute Antonius offenbar seinen Plan auf. Deshalb bestückte er seine Kriegsschiffe mit Segeln, um im entscheidenden Augenblick durchzubrechen und dann mit Vorwindkurs oder zumindest Raumschots seine Verfolger, die ja ihre Segel, wie es üblich war, an Land lassen würden, abhängen zu können.
    Der Schlachtplan sah weiterhin vor, dass Kleopatra sich mit sechzig ihrer Schiffe hinter der Schlachtlinie aufstellen und die reich gefüllte Kriegskasse, den ägyptischen Hofstaat sowie zahlreiche weitere kostbare Gegenstände mitnehmen sollte. Auch sie sollte in einem günstigen Moment die Segel setzen lassen, um zu entkommen. Doch das Problem war: Um nach Süden in Richtung Ägypten unter Segeln ablaufen zu können, muss man an Leukas vorbeikommen, und dazu ist zumindest ein Südsüdwest-Kurs nötig. Der aber ließ sich nur steuern, wenn der Punkt des Segelsetzens so weit wie möglich westlich von der Einfahrt des Ambrakischen Golfes liegen würde, am besten drei oder sogar fünf Seemeilen davon entfernt. Allerdings lauerte zwischen der Einfahrt und dem Punkt des günstigsten Segelsetzens dummerweise die überlegene Flotte des Octavian. Das Ziel musste also sein, den Kampfplatz so weit wie möglich nach Westen zu verlegen.
    Antonius verfügte zu Beginn der Kampfhandlungen über 170 größere Kriegsschiffe, zu denen man natürlich die 60 ägyptischen hinzurechnen muss, insgesamt also 230 Schiffe. Doch bestand das ägyptische Kontingentweniger aus echten Kriegsschiffen als aus schnellen Transportern, die in den Quellen als
Phaselus
bezeichnet werden. Diese Frachtschiffe konnten und sollten gar nicht in den Kampf eingreifen, sondern nur im entscheidenden Moment entwischen. Nachdem mehrere Tage Sturm und unruhige See ein Auslaufen verhindert hatten, verließen am Morgen des 2. September 31 v. Chr. die Schiffe des Antonius den Golf von Ambrakia und stellten sich in drei Geschwadern auf, die insgesamt eine Linie von etwa zwei Seemeilen Länge bildeten. Hinter dem Zentrum hielten sich die 60 ägyptischen Schiffe mit Kleopatra an Bord bereit. Ihnen gegenüber in einem Abstand von etwa einer Seemeile positionierte sich die deutlich überlegene Flotte des Octavian mit etwa 400 Schiffen. Auf ihnen befanden sich acht Legionen und fünf prätorianische Kohorten, also ungefähr doppelt so viele Kämpfer, wie sie Antonius ins Gefecht führen konnte. Auch hier gab es drei Geschwader, allerdings in doppelter Dwarslinie. Diese zweifache Aufstellung gehörte zu einer speziellen Seetaktik, um ein
diékplous
, die «Durchfahrt», zu vereiteln. Durchbrach nämlich ein gegnerisches Schiff die erste Linie und versuchte, einen sich daran oft anschließenden achterlichen Rammstoß anzusetzen, konnte es von den Schiffen der zweiten Linie erfolgreich abgefangen und sogar selbst gerammt werden. Da die Flotte des Octavian in doppelter Linie auffuhr, war die Schlachtreihe nur unerheblich länger als diejenige des Antonius.
    Zunächst passierte lange Zeit nichts; die beiden Seiten belauerten sich. Geradezu friedlich dümpelten die hochgerüsteten Schiffe in der See. Agrippa hütete sich vorzugehen, denn in der engen Einfahrt,

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