Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
Vergil, das Bild der orientalisch-asiatischen Völkermassen bemühte: «Die Wracks der ungeheuer großen Flotte trieben nach der Schlacht auf dem gesamten Meer umher. Die durch die Winde aufgewühlten Meere spülten purpurfarbene und vergoldete Beute der Araber, Sabaeer und tausend andrer Völker Asiens an die Küsten.»[ 18 ] Bald nach der Schlacht kapitulierten ihre immerhin noch neunzehn Legionen in Makedonien. Kleopatra fuhr direkt nach Alexandria, während Antonius mit einem Umweg über die Kyrenaika nachkam. Es gelang ihnen allerdings nicht, im Laufe der nächsten Monate neue militärische Kräfte im großen Stil zu mobilisieren. Da im Gefolge der Schlacht nun auch die Klientelherrscher in Kleinasien und Syrien von Antonius abfielen, war der römische Bürgerkrieg weitgehend entschieden. Antonius nahm sich im August 30 v. Chr. angesichts der hoffnungslosen Lage das Leben, indem er sich in sein Schwert stürzte. Kleopatra, die letzte Pharaonin Ägyptens, folgte ihm wenige Tage später in den Freitod. Beide wurden von Octavian zusammen in dem von Kleopatra errichteten Mausoleum in Alexandria bestattet. Allerdings sind die Grabstellen bis heute unbekannt.
Die Verlustbilanz der Schlacht bei Actium bleibt ziemlich unklar. Plutarch spricht von 5000 Toten auf Seiten des Antonius. Da man die Ruderer nicht mitzählte, wäre also ein Viertel der auf den Schiffen befindlichen Kampftruppen gefallen. Insgesamt erbeutete Octavian laut Plutarch300 Schiffe; was bedeuten muss, wenn die Zahlen stimmen, dass alle in der gesamten Kampagne eroberten Schiffe gemeint sind, weil in der Schlacht ja nur 230 auf Seiten des Antonius gekämpft hatten. Orosius, der andere Quellen benutzte, spricht von 12.000 Toten und 6000 Verletzten, ein enormer Blutzoll, der damit bei über 80 Prozent der beteiligten Truppen läge. Cassius Dio notierte – wie so oft – keine Zahlen, und von den Verlusten des grandiosen Siegers Octavian ist nirgends die Rede.[ 19 ]
Rammsporne als Siegeszeichen
Bei Salamis war am Abend der Schlacht nicht recht klar gewesen, wem eigentlich der Siegeslorbeer gebührte. Das Gefecht wurde erst zum Sieg für die Griechen, weil die Perser am nächsten Tag nicht noch einmal zum Kampf antraten und sich zurückzogen. Bei Actium liegen die Dinge noch komplizierter. Die Seeschlacht schien auf den ersten Blick ein vollständiger Sieg für Octavian zu sein. Dennoch hatte er sein Hauptziel zunächst gründlich verfehlt, nämlich Antonius und Kleopatra in der Bucht von Actium festzusetzen oder sogar gefangen zu nehmen. Stattdessen konnten die beiden mit einem starken Kontingent und der Kriegskasse die Seeblockade durchbrechen. Und es war zu diesem Zeitpunkt noch keineswegs sicher, dass ein Jahr später der Traum vom Orientreich tatsächlich zu Ende sein sollte, denn in der Kyreneika und in Ägypten standen noch etliche Legionen. Kleopatra hatte also Antonius nicht im Stich gelassen und verraten, da das Durchbruchsmanöver Teil des Schlachtplanes gewesen war. Gemessen am taktischen Ziel hatten Antonius und Kleopatra mit ihrem Entwischen aus der tödlichen Blockade doch etliche Lorbeerblätter vom Siegeszweig des Octavian heruntergerissen.
Was also tun, wenn einem der Gegner entschlüpft ist? Octavian griff zu einer klugen Taktik, die staatsmännisches Format erkennen lässt. Er wusste, dass der Herr über die Meinungen zum Sieger werden kann, und nicht zwangsläufig allein derjenige, der die Walstatt behauptet hat. Er war darin überaus erfahren, denn die Propagandaklaviatur hatte er auch schon vor der Seeschlacht von Actium meisterhaft beherrscht. Später hat er für die eigenen Seesiege des Jahres 36 v. Chr. von Mylae und Naulochoiin Rom eine mit Schiffsschnäbeln verzierte Ehrensäule, eine
columna rostrata
, aufstellen und die ältere, für den Seesieg von Mylae 260 v. Chr. errichtete Säule erneuern lassen.[ 20 ]
Der militärische Kopf der Seesiege, Agrippa, erhielt für seine Erfolge bedeutende Ehrungen, wie etwa die
corona navalis
, die Schiffskrone, oder das
vexillum caeruleum
, das meerblaue Banner. Er stieg in hohe Ämter auf und wurde Schwiegersohn des Augustus. Im Rahmen eines ehrgeizigen Bau- und Verschönerungsprogramms ließ Agrippa das sumpfige Marsfeld in Rom entwässern und mit prunkvollen öffentlichen Gebäuden schmücken, unter anderem mit dem Vorläuferbau des späteren Pantheon, der von 27 bis 25 v. Chr. als Erinnerung an den Sieg bei Actium errichtet wurde. Noch heute findet man dort über dem Portal
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