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Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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in der die die gegnerische Flotte auf günstigen Wind wartete, gab es keine Möglichkeiten für erfolgreiche Attacken oder gar eine Umfassung. Erst mit dem um die Mittagszeit aufkommenden Wind, der offenbar als Signal für den Schlachtbeginn vereinbart worden war, nahm der linke Flügel des Antonius Fahrt auf. Aber völlig unerwartet wich der ihr gegenüberliegende Flügel der Octavian-Flotte zurück, wahrscheinlich, um noch mehr Raum für ein Umfassungsmanöver zu bekommen. Doch begünstigte Agrippa damit sogar ungewollt den Plan des Antonius, weil der für einen erfolgreichen Durchbruch die westlichste der möglichen Positionen brauchte und nun sogar auch ohne Kampf vorrücken konnte. Allerdings begannen nun die Verbindungen zu den Geschwadern abzureißen, und die Lücken in den Linien wurden immer größer. Möglicherweise hatte das Antoniussogar beabsichtigt, denn wenn sein eigenes Zentrum vorging, musste es zwangsläufig zum Aufreißen der Linien kommen.

    Octavian entschied sich nun, als sich die starren Formationen lockerten, den eigenen Angriff zu beginnen, und ging gegen Antonius vor. Bald lagen die Flotten in der gesamten Länge der Aufstellung im Kampf. Cassius Dio notierte über das Geschehen: «Die eine Partei warf sich auf die Riemenreihen der Schiffe und zerschmetterte die Blätter, die andere suchte dagegen von einem erhöhten Standpunkt aus ihre Gegner mit Steinen und Kriegsmaschinen in die Tiefe zu schicken. Beide Flotten waren aber auch wieder im Nachteil, indem die eine Seite ihren Feinden beim Herannahen keinen Schaden zufügen konnte, während die andere, wenn die Versenkung eines Schiffes misslang, eng verstrickt, keinen Kampf unter gleichen Bedingungen führen konnte.»[ 12 ] Die leichteren Liburnen des Octavian versuchten offenbar, an die größeren, stellenweise mit eisenbeschlagenen Balken gepanzerten, schwimmenden Festungen gleichenden Schiffen des Antonius heranzukommen. Pfeile, Brandgeschosse und Steine prasselten von Schiff zu Schiff.
    Wieder Cassius Dio: «Ein Augenzeuge des Geschehens hätte es, um Kleines an die Seite von Großem zu stellen, mit Festungen oder auch Inseln vergleichen können, die – viel an Zahl und dicht beieinander gelegen – vom Meer her belagert werden. So versuchten die einen, die Schiffe wie festes Land oder eine Festung zu ersteigen.» Auch Plutarch benutzte diese Metapher: «Als endlich der Nahkampf begann, gab es keine Rammstöße und keine Zertrümmerung von Schiffen, weil die Schiffe des Antonius wegen ihrer Schwere keinen Schwung hatten, der vor allem die Rammstöße wirksam macht, während die Caesarianer sich nicht nur hüteten, frontal gegen feste und starke Erzpanzerungen anzurennen, sondern auch nicht wagten, Rammstöße von der Seite her zu führen. Denn die Rammsporne brachen leicht ab, wo sie an Schiffsbäuche stießen, die aus starken, vierkantigen, mit eisernen Klammern untereinander verbundenen Balken gefügt waren. So glich der Kampf einer Landschlacht oder, um es noch richtiger zu sagen, einem Festungskampf. Denn drei oder vier Fahrzeuge Caesars hängten sich zusammen an eins des Antonius, und man kämpfte mit Schilden, langen und kurzen Spießen und Feuerpfeilen; die Leute des Antonius schossen auch mit Katapulten von hölzernen Türmen aus.»[ 13 ]
    In dem über mehrere Stunden unentschieden andauernden Getümmel wurden an einigen Stellen die Lücken in der Kampflinie immer größer. Auf diese Entwicklung hatte Kleopatra gewartet und ließ am frühen Nachmittag die ägyptischen Schiffe durch eine dieser Lücken hindurchrudern. Nach mehreren Seemeilen konnte sie die für den Segeleinsatz nötige Position erreichen und nahm nun Fahrt in Richtung Südost auf. Doch für die Überlieferung aus der Perspektive des Octavian, also bei Cassius Dio oder Plutarch, sah die Sache nicht nach Plan, sondern nach wankelmütigem Verrat aus: «Kleopatra, die hinter der Kampfzone vor Anker lag, konnte das lange und unsichere Warten auf die Entscheidung nicht ertragen, sondern fühlte sich, entsprechend ihrer Wesensart als Frau und Ägypterin, durch die Qual langwieriger Ungewissheit und die stete angstvolle Erwartung eines schwankenden Ausgangs erschöpft, und so wandte sie sich plötzlich selbst zur Flucht und gab den anderen, ihren eigenen Untertanen, ein entsprechendes Zeichen. Als diese sogleich Segel setzten und, begünstigt von einem zufällig auf kommenden Fahrtwind, aufs Meer hinaus steuerten, glaubte Antonius, sie machten sich nicht auf

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