Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
eine Inschrift mit seinem Namen als Schöpfer des Tempels.
Cassius Dio berichtet detailliert von einer Reihe von Maßnahmen, die die Siegeserinnerungen an die Schlacht von Actium mit dem zukünftigen Augustus verbinden sollten: Die Regierungsjahre Octavians als Alleinherrscher wurden ab dem 2. September, dem Tag der Schlacht, gezählt, Waffen wurden geweiht, Feste gestiftet, und die Stadt Hiera Nicopolis, «heilige Siegesstadt», wurde am Ort von Octavians Feldlager gegründet.[ 21 ] Durch ein monumentales Siegesdenkmal, einen Apollon-Tempel, nahm Octavian den Ort symbolisch in Besitz. Dass in den Tempel nach altrömischer Tradition wieder eine ganze Reihe von
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, die bronzenen Rammsporne der eroberten Schiffe, als Trophäen einbezogen wurden, kann man noch heute an den Ruinen des Denkmals in der Sockelzone an den dreiundzwanzig erhaltenen Aussparungen für die Schiffsschnäbel erkennen. An manchen Stellen sind die Ausarbeitungen so gut erhalten, dass man sogar die Größe der Rammen rekonstruieren konnte. Die größten von ihnen hatten ein Gewicht von etwa zwei Tonnen. Irgendwann zwischen den Jahren 397 und 551 dürfte die Tempelanlage bei den Feldzügen und Plünderungen durch Alarich, Geiserich oder Totila zerstört worden sein. Ihre Steinquader dienten nun neuen Wehrmauern, und die bronzenen Rammen schmolz man wohl in neue Waffen um.[ 22 ]
Auf die antiken Besucher der intakten Tempelanlage dürfte die lange Reihe der
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einen gewaltigen Eindruck gemacht haben. Über den Rammen befand sich eine Siegesinschrift, die teilweise erhalten geblieben ist. Sie berichtet von dem Krieg, den Octavian als Konsul für die Republikgeführt habe, und dass er hier, nachdem er den Frieden zu Lande und zur See gesichert hatte, zu Ehren von Neptun und Mars ein mit Schiffsteilen geschmücktes Monument geweiht habe. Der Wortlaut ist eines der vielen Beispiele, wie der frühe Principat gerade nach Actium die Paradoxie zwischen republikanischer Rhetorik und monarchischer Reichsorganisation inszenierte. Rituale, wie die eingerichteten Spiele, sollten das Ereignis zudem wiederkehrend und damit auf Dauer memorieren. Und das taten sie auch; zumindest über drei Jahrhunderte lang. Dass an der Stelle, wo sich sein eigenes Feldlager befunden hatte, gleich eine ganze Stadt entstand, die von der Schlacht kündete und
Hiera Nicopolis –
Heilige Siegesstadt – heißen sollte, belegt das Gewicht, das Octavian dem Ereignis beimaß. Alle Welt sollte wissen, dass hier die verhasste Herrscherin vom Nil und ihr willenloser Geliebter vernichtend geschlagen worden waren.[ 23 ]
Neptun und Mars zu Ehren: Die Reste und die daraus erfolgte Rekonstruktion der Tempelanlage, die Octavian in seiner neugegründeten Hiera Nicopolis – Heilige Siegesstadt – errichten ließ, zeigen eines deutlich: Der Tempel sollte für immer die Erinnerung an seinen Sieg bei Actium wachhalten. Eine lange Reihe von Schiffsschnäbeln von den erbeuteten Schiffen war in die Basismauer mit einbezogen worden. Über den Rammen befand sich eine Siegesinschrift in erhabener Rhetorik. Sie berichtet von dem Krieg, den Octavian als Konsul für die Republik geführt habe.
Aber auch auf bildkünstlerische Weise wurde an die Schlacht erinnert. Auf einem kostbaren Sardonyx-Kameo dieser Zeit, heute in Wien, zeigt sich ein Augustus, der als Triumphator auf einem von einer Tritonenquadriga gezogenen Wagen das Meer durchpflügt. Eine weitere Prunkgemme, heute in Boston, visualisiert das Geschehen noch deutlicher: Augustus als Gott Neptun mit Dreizack in der Hand lenkt seine Hippokampenquadriga direkt über dem hilflos im Wasser treibenden Antonius. Mehrere Reliefs zeigen Antonius als dem Trunke ergebenen Dionysos und Octavian als Apoll. All das sollte einen Gegensatz der Götterwelt in den des wirklichen Lebens übersetzen. Octavian verhängte zudem eine
damnatio memoriae –
eine Auslöschung der Erinnerung – über seinen besiegten Gegner. Dessen Name wurde aus Inschriften und Urkunden getilgt und eine Reihe von Statuen und Bildern zerstört. Erst der Urenkel des Antonius, Kaiser Caligula (37–41 n. Chr.), ließ das Gedenken an seinen Urgroßvater wieder beleben.
Unter Augustus entstand nun in Rom ein Herrschaftsmythos, der die gesamte Bilderwelt der Epoche prägte. Alle Arten der sozialen Begegnungen, die sich zu Bildern verdichteten, also nicht nur Kunstwerke selbst, sondern auch religiöse Rituale und Staatsakte wurden ihm unterworfen. In vielen Bereichen kam es durch
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