Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte
Konstruktionen mit bronzenen Rohrmündungen befanden. Sie steuerten sie geradewegs auf die arabischen Schiffe zu. Als die byzantinischen Ruderschiffe nur noch wenige Meter von ihnen entfernt waren, schleuderten sie wie aus Höllenschlünden unter furchtbarem Getöse einen Feuerstrahl auf Rumpf und Deck des Gegners. Die Wirkung war verheerend: Planken, Trossen, Segel, sogar die Krieger selbst brannten sofort. Die gewaltigenFeuerstöße verwandelten Schiff um Schiff der arabischen Flotte in ein flammendes Inferno. Alle Löschversuche der Besatzungen erwiesen sich als vergeblich, denn selbst auf dem Wasser brannte die klebrige Flüssigkeit, die aus den Rohren spritzte, weiter. Wie das Flammenschwert eines Cherub vernichtete das Griechische Feuer die arabischen Schiffe. In kürzester Zeit waren sie bis zur Wasserlinie heruntergebrannt. Die Verluste der Belagerer erwiesen sich als so gewaltig, dass sie die Blockade aufgaben. Konstantinopel war gerettet, vorerst jedenfalls.
Ostrom und die Araber
Die Mauern, die Kaiser Theodosius am Anfang des 5. Jahrhunderts zur Befestigung Konstantinopels hatte aufführen lassen, waren nicht ohne Grund so gewaltig, dass sie den Zeitgenossen als ein uneinnehmbares Weltwunder erschienen. Denn die Hauptstadt des östlichen Reichsteils des Imperium Romanum lag zwar strategisch günstig am Bosporus, der Meerenge, die Europa von Kleinasien trennt. Sie war aber gerade dadurch auch für Feinde sowohl vom Balkan als auch aus dem Osten leicht zu erreichen – auf dem Land, vor allem aber zu Wasser. Lange Zeit spielte das jedoch keine Rolle, denn seit der Seeschlacht von Actium brauchten das Römische Reich und seine Kaiser über Jahrhunderte hinweg keinen ernstzunehmenden Gegner auf See zu fürchten, war doch das
mare mediterraneum
geradezu ein
mare nostrum
, ein Binnenmeer des Reiches, geworden. Daran hatten auch die Vandalen- und Gotenflotten der Völkerwanderungszeit nur kurz etwas ändern können. Mit der Verlegung der Hauptstadt des Imperiums nach Konstantinopel durch Konstantin den Großen (306–337) und der Reichsteilung im Jahr 395 waren die Ostprovinzen des Reiches in ihrer Bedeutung stetig gewachsen. Der weströmische Teil des Imperiums hingegen war im Zuge der Völkerwanderung im Jahr 476 zerfallen und in andere Herrschaftsstrukturen einbezogen worden.[ 1 ]
Um die östliche Hauptstadt gegen Angriffe zur See zu schützen und die Herrschaft im östlichen Mittelmeerraum zu sichern, begannen die oströmischen Kaiser eine große und schlagkräftige Flotte zu unterhalten. Mit ihrer Hilfe gelang Kaiser Iustinian I. (527–565) eine erfolgreiche Konsolidierungspolitik,die unter anderem auch die Rückeroberung Nordafrikas und Italiens gegen Vandalen und Ostgoten ermöglichte. Doch waren diese Erfolge, die nur mit Hilfe der überlegenen byzantinischen Flotte und einem riesigen finanziellen Aufwand zustande gekommen waren, nicht von langer Dauer. In Italien fielen die Langobarden ein und besetzten die nördlichen und zentralen Regionen der Apenninhalbinsel. Nur der Süden Italiens mit Sizilien, Apulien und Kalabrien verblieb dank der byzantinischen Dominanz auf dem Meer noch über Jahrhunderte unter der Herrschaft der oströmischen Kaiser.
Konstantinopels mächtige Mauern: Sowohl am Marmarameer als auch am Ufer zum Goldenen Horn erstreckten sich die Seemauern Konstantinopels, die die Stadt gegen Angriffe vom Meer her schützten. Der letzte Turm der Seemauer am Marmarameer ist in seiner unteren Hälfte aus älteren Marmorspolien gefügt worden. Neben ihm erhebt sich der erste Turm der Landmauer, die von hier nach Norden abbiegt. Heute steht der sogenannte Mermerkule, der «Marmorturm», einsam in einem später aufgeschütteten Parkareal, und zwischen ihm und dem ersten Turm der Landmauer braust der Verkehr auf einer sechsspurigen Autobahn. Die kurz nach 1890 entstandene Aufnahme stammt aus dem damals bedeutendsten Istanbuler Fotoatelier «Sébah & Joaillier», die sich «Photographien des Sultans» nennen durften.
Mit den Arabern entstand zu Beginn des 7. Jahrhunderts jedoch ein weitaus gefährlicherer Gegner als die Langobarden, der das Oströmische Reich existenziell bedrohte und die relative Sicherheit der Seefahrt im Mittelmeer beendete. Beim Tod des Propheten Mohammed im Jahr 632 erstreckte sich deren nun islamischer Machtbereich noch allein auf die Arabische Halbinsel. Die riesigen fruchtbaren Gebiete Ägyptens, Palästinas, Syriens und des Zweistromlands bis hin nach Persien standen
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