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Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte

Titel: Große Seeschlachten - Wendepunkte der Weltgeschichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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weitgehend unter der Kontrolle der beiden wichtigsten Großmächte der Spätantike: Ostroms und des persischen Sassanidenreichs. Beide hatten sich bei ihrer Grenzverteidigung sogar lange der Unterstützung durch arabische Stämme bedienen können. Doch nun entfalteten die Araber unter den Kalifen, den Nachfolgern des Propheten, aggressive Expansionsbestrebungen und stießen schon bald weit über die Grenzen der Arabischen Halbinsel hinaus. Da sich das Oströmische Reich und die Sassaniden seit Jahrhunderten im Kampf um die Vorherrschaft im Osten ineinander verbissen und in endlosen Kriegen gegenseitig geschwächt hatten, gelang es den Arabern in kurzer Zeit, große Teile beider Reiche zu erobern. Das Sassanidenreich verschwand Mitte des 7. Jahrhunderts sogar vollständig von der politischen Bühne, und beinahe wäre es dem Oströmischen Reich ebenso ergangen.
    Am Ende der 630er Jahre waren die Araber zunächst erfolgreich nach Syrien und Ägypten vorgestoßen. 638 kapitulierte Jerusalem, schon drei Jahre später Alexandria, die Weltstadt des Hellenismus und ein weltberühmtes Bildungszentrum der Antike. Ägypten, über Jahrhunderte hinweg die Kornkammer des Imperium Romanum, ging damit verloren. Schlimmer noch: Mit dem Zugriff auf die Werften Ägyptens und der Levante erlangten die Araber das schiffstechnische Potential, um auch auf dem Meer aktiv zu werden. Die Angriffswellen der neuen arabischen Seemacht führten zur zeitweiligen Eroberung der Inseln Zypern im Jahre 649 und Kreta 655, seit 652 brandeten sie an die Küsten Siziliens, das im 9. Jahrhundert in ihre Hände fallen sollte. Bei Phoinix, dem heutigen türkischen Finike, gewannen die Araber 655 die «Schlacht der Masten», die erste offene Seeschlacht mit dem Oströmischen Reich.
    Der islamische Chronist und Geschichtsphilosoph Ibn Khaldūn (1332–1406) gibt in der
Muqaddimah
, der berühmten Einleitung zu seinem monumentalen Geschichtswerk, einen kurzen Überblick über die Entwicklungder arabischen Seefahrt und vermerkt, dass man erst durch die Unterwerfung vieler Völker über die notwendigen Kenntnisse und Handwerker verfügt habe, um eine Flotte zu bauen. Der arabische Kalif Muawiya I. (661–680) – der Begründer der Dynastie der Umayyaden – habe den Muslimen erlaubt, zur See zu fahren und den heiligen Krieg mit Schiffen zu führen. Die Muslime hätten daraufhin die Kontrolle über das ganze Mittelmeer erlangt: «Ihre Macht und ihre Herrschaft darüber waren gewaltig. Die christlichen Völker konnten im Mittelmeer nichts gegen die muslimischen Flotten ausrichten. Zu jeder Zeit ritten sie auf den Wellen zur Eroberung.»[ 2 ]
    Mit den alten vorderorientalischen beziehungsweise nordafrikanischen Provinzen Syria, Aegyptus und Africa hatte das Oströmische Reich zwei Drittel seines Territoriums, drei Viertel seiner Steuereinnahmen und über die Hälfte der Bevölkerung eingebüßt. Seit 663 erschienen die Araber Jahr für Jahr plündernd in Kleinasien und sorgten dort für schwere Verwüstungen. Zeitweilig drangen die Angreifer sogar bis Chalkedon, einem Vorort Konstantinopels auf der asiatischen Seite des Bosporus, vor. Im Jahr 670 gelang es ihnen, die Dardanellen zu durchstoßen und im Marmarameer zu operieren. Nur unter größten Anstrengungen konnten die oströmischen Kaiser Kleinasien gegen die Invasoren behaupten.
    Die Einfälle der Araber führten schon bald zum Untergang der meisten oströmischen Städte. Sie wurden entweder ganz aufgegeben oder verwandelten sich in kleinere Siedlungen mit mächtigen Verteidigungsmauern, wie etwa Milet, Sardes oder Pergamon. An die Stelle der
Polis
, des urbanen Lebenszentrums der antiken Mittelmeerwelt, traten Wehrfestungen, die zugleich als Fluchtburgen für die umliegende Landbevölkerung dienten; ein Vorgang, der auch in Mittelitalien zu beobachten ist und dort als
incastellamento
bezeichnet wird. Auch die alten Götter mussten das Ihre zum Schutz beitragen: In Pergamon etwa kam es mit dem Rückzug der Besiedlung auf den Burgberg zum Bau einer sechs Meter starken Mauer, die man zum Teil aus Elementen älterer Gebäude errichtete. Als der Archäologe Carl Humann am Ende des 19. Jahrhunderts die Ruinen der Stadt untersuchte, fand er auch Bauteile, die einst den berühmten Pergamonaltar bildeten, in dieser Mauer verbaut. Der Mittelmeerraum wandelte sich von einer befriedeten, Handel, und das hieß vor allem Seehandel, treibenden Region zu einem Konglomerat sehr vielkleinteiligerer Herrschaftsbereiche.

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