Große Tiere: Roman (German Edition)
Kingsbury töten wollen? Irgendwie sehe ich da keine Verbindung.« Dann sackte sein Kinn herab, und er schien geistig wegzutreten.
Agent Donner sagte: »Ich würde es begrüßen, wenn Sie den Vorschlag in Erwägung zögen.«
»Ein Wort.« Kingsbury hielt einen Finger hoch. »Sommerfest. Einer unserer wichtigsten Tage im ganzen Jahr, einnahmemäßig. Paraden, Clowns, Preise. Wir verschenken... ich hab die Marke vergessen, irgendein Auto.«
»Und ich vermute, dazu müssen Sie persönlich anwesend sein.«
»Ja, verdammt richtig. Es ist mein Park und meine Show. Und wissen Sie was? Sie können mich gar nicht zwingen, irgendwohin zu gehen. Ich habe mich die ganze Zeit an unsere Abmachung gehalten. Ich habe mit euch Typen überhaupt nichts mehr zu tun.«
»Sie sind noch immer nur auf Bewährung entlassen«, sagte der Marshal. »Aber Sie haben recht, wir können Sie zu nichts zwingen. Dies ist ein reiner Höflichkeitsbesuch -«
»Und ich danke Ihnen für die Information. Es ist nur leider so, daß ich nicht daran glaube.« Doch irgend etwas in Francis Kingsbury glaubte doch daran. Wenn nun die Männer, die seine Akten geklaut hatten, gar nicht mehr an Erpressung dachten? Wenn die Einbrecher sich mit Gotti und seinen Leuten in Verbindung gesetzt hatten? Es überstieg Kingsburys Phantasie, denn an jenem Abend in seinem Haus waren sie ihm wie armselige Würstchen vorgekommen. Aber vielleicht hatte er sich in ihnen getäuscht.
»Woher haben Sie den Tip?« wollte er wissen.
Agent Donner wurde kurzfristig durch die Nagetier-Fellationummer abgelenkt, die Kingsburys Unterarm schmückte. Schließlich blickte der Marshal wieder auf und sagte: »Wir kamen während der Ermittlungen in einem anderen Fall darauf. Ich kann jetzt nicht ins Detail gehen.«
»Aber mal ehrlich, meint ihr das wirklich ernst? Glaubt ihr, daß irgendwelche Itaker mir ans Leder wollen?« Kingsbury bemühte sich um einen Ausdruck amüsierter Skepsis.
Nüchtern sagte der Marshal: »Das FBI überprüft die Sache gerade.«
»Na schön, davon mal abgesehen, ich gehe nicht nach Montana. Wenn ich nur daran denke, juckt mir schon die Nase – ich glaube, ich hab den schlimmsten Heuschnupfen der Welt.«
»Demnach steht Ihre Entscheidung also fest.«
»Ja«, sagte Kingsbury. »Ich bleibe hier.«
»Dann lassen Sie uns wenigstens hier im Park für Ihren Schutz sorgen. Zwei Männer wenigstens.«
»Danke, nicht nötig. Ich habe Pedro.«
Bei der Erwähnung seines Namens teilten sich Pedro Luz’ geschwollene Augenlider. Er reichte nach oben und drückte auf den Tropfbeutel. Dann zog er die Kanüle aus seinem Arm und schob sie in den Mundwinkel. Das Geräusch eifrigen Saugens erfüllte Francis Kingsburys Büro.
Agent Donner war leicht verblüfft. Mit scharfer Stimme versicherte er Kingsbury, daß die Beamten außerordentlich diskret vorgingen und in keiner Weise den Ablauf des Sommerfestes stören würden. Kingsbury, dessen Tonfall ungewöhnlich höflich war, lehnte das Angebot, ihm Leibwächter zur Verfügung zu stellen, dankend ab. Das letzte, was er brauchte, waren Bundesbeamte, die im Wunderland herumschnüffelten.
»Wie schon gesagt, habe ich immer noch Pedro. Er ist einer der härtesten Burschen überhaupt.«
»Na schön«, sagte Agent Donner und streifte noch einmal die aufgeschwemmte, polypenhafte Masse namens Pedro Luz mit einem zweifelnden Blick.
Kingsbury sagte: »Ich weiß, was Sie jetzt denken, aber, Teufel noch mal, er ist genausoviel wert wie zehn von Ihren Leuten. Ach, zwanzig! Ein Kerl, der seinen eigenen verdammten Fuß abbeißt – ist der Ihrer Ansicht nach hart oder was?«
Der Marshal erhob sich steif, um sich zu verabschieden. »Hart ist wohl nicht das richtige Wort dafür«, sagte er.
Nach dem Feuer in ihrem Wohnwagen waren Carrie Lanier nur noch drei Dinge geblieben: ihr Buick Electra, die Pistole, die sie Joe Winder abgenommen hatte, und ihr nunmehr in den Ruhestand versetztes Waschbärkostüm. Das Kostüm und die Pistole hatten im Kofferraum ihres Wagens gelegen. Alles andere war ein Raub der Flammen geworden.
Molly McNamara bot ihr ein Zimmer im zweiten Stock des alten Hauses an. »Ich würde Ihnen ja lieber die Wohnung geben«, sagte Molly, »aber diese Woche arbeitet dort die Reinigungsfirma. Es ist nicht so einfach, eine Wohnung zu vermieten, deren Teppichboden voller Blutflecken ist.«
»Was ist mit Joe?« fragte Carrie. »Ich fände es schön, wenn er bei mir sein könnte.«
Molly hob vorwurfsvoll die Augenbrauen.
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