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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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Laine benannt. Sein ganzes Leben lang hatte Frankie King sich danach gesehnt, sich einen Namen mit etwas mehr Gewicht und gesellschaftlichem Ansehen zuzulegen. Eine Anklage wegen organisierter Erpressung (in siebenundzwanzig Fällen) in Brooklyn war ein durchaus geeigneter Anlaß.
    Sobald er verhaftet war, begann Frankie King überschwenglich, seine Komplizen zu denunzieren, zu denen zahlreiche hochrangige Mitglieder der John Gotti Gang gehörten. Frankies Zeugenaussage ging geflissentlich darüber hinweg, daß er und nicht die bulligen Zuboni-Brüder nach San Juan geflogen war und die siebenundzwanzig Kisten schwarz kopierter Videobänder mit »pädagogischem« Inhalt abgeholt hatte, die schließlich für $ 119,95 pro Stück an die Schulverwaltung von New York City verscherbelt wurden. Unter Eid schob Frankie King mit einem Ausdruck heiliger Entrüstung den Zubonis und, indirekt, John Gotti selbst die Schuld dafür in die Schuhe, daß sie es versäumt hatten, die Ladung zu überprüfen, als sie auf dem JFK eintraf. Im Zeugenstand beteuerte Frankie tränenreich, daß Schüler in TV-Klassenzimmern von Queens bis nach Staten Island in Erwartung von »Kermit der Frosch im Wilden Westen« statt dessen in Matratzenhöhe aufgenommene Sequenzen des südamerikanischen Pornostars Pina Kolada zu sehen bekamen, die gerade dabei war, einer ganzen Fußballmannschaft einen abzulutschen.
    Die Zuboni-Brüder und ein Haufen stumpfäugiger Schlägertypen wurden schnellstens von einer entsetzten Jury verurteilt. Die Belohnung für Frankie Kings Mitarbeit waren eine zur Bewährung (zehn Jahre) ausgesetzte Strafe und eine neue Identität seiner Wahl: Francis X. Kingsbury. Frankie fand, daß das »X.« ihm wahre Klasse verlieh; er beschloß, daß es für Xavier stand.
    Als der Mann vom Zeugenschutz-Programm ihm mitteilte, daß Miami seine neue Heimat würde, glaubte Frankie King, er sei gestorben und direkt in den Himmel gekommen. Miami! Frankie konnte sein Glück kaum fassen: er hatte nicht geahnt, daß die Regierung so großzügig sein konnte. Was Frankie nicht wußte, war, daß Miami allererste Wahl war, wenn es um einen neuen Wohnsitz staatlich geschützter Kronzeugen ging (aufgrund der Überlegung, daß Süd-Florida eine Gegend war, wo nahezu jeder mit irgendwelchem Dreck am Stecken in dem bereits vorhandenen Gesindel spurlos untergehen würde). Frankie King sonnte sich weiterhin in der irrigen Annahme, daß er innerhalb des Zeugenschutz-Programms eine besondere Rolle spielte, daß er ein echter Joe Valachi war, bis er die Behausung kennenlernte, die seine Wohltäter bei der Regierung für ihn vorgesehen hatten: ein Einzimmerapartment neben den Eisenbahngeleisen im wunderschön heruntergekommenen Naranja.
    Als Frankie sich wegen seiner neuen Adresse beklagte, machten FBI-Agenten ihn darauf aufmerksam, daß die Alternative darin bestand, wieder nach New York zurückzukehren und darauf zu vertrauen, daß John Gotti ein mitfühlender und nicht nachtragender Zeitgenosse war. Damit vor Augen begann Francis X. Kingsbury sein neues Leben.
    Wie alle Einwohner Floridas, die genügend Zeit zur Verfügung haben, besuchte er die Abendschule und erwarb eine Lizenz als Immobilienmakler. Das war ein ganz neues Geschäft, und Frankie arbeitete unermüdlich; zuerst spezialisierte er sich auf kleinere gewerblich nutzbare Grundstücke, dann auf Zitronenhaine und Ackerland. Beharrlich arbeitete er sich nach Osten vor zu den wahren Sahnestücken – Küstenland mit Meerblick. Er schaffte den Sprung von Eigentumapartments hin zu großen Wohnanlagen in Null Komma nichts.
    Francis X. Kingsbury hatte einen neuen Platz im Leben gefunden. Es ließ sich nicht leugnen, daß er ein besonders raffinierter Fuchs war im Handel mit Floridaland. Innerhalb von fünf Jahren hatte er mehr Geld gemacht als in seinem ganzen bisherigen Leben als Schutzgeldkassierer, Musikboxenaufsteller und Schwindelfirmeninhaber. Er besaß ein Haus an der Old Cutler Street, eine bildschöne junge Frau und einen Schrank voll senffarbener Blazer. Aber er wollte mehr.
    Eines Tages betrat er den Konferenzsaal von Kingsbury-Immobilien und verkündete, daß er das Unternehmen verkaufen wolle. »Ich mache jetzt den nächsten Schritt«, erklärte er seinen aufgescheuchten Partnern. »Ich entwickle meine eigenen Projekte.«
    Sechs Monate später stand Kingsbury vor den Teilnehmern an einem Bankett der Handelskammer von Greater Miami und enthüllte sein Modell vom Wunderland der Abenteuer. Es war

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