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Große Tiere: Roman (German Edition)

Große Tiere: Roman (German Edition)

Titel: Große Tiere: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carl Hiaasen
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kältesten, härtesten Blick. »Ich bin hier runtergekommen, um Ihnen für Ihre hervorragende Arbeit zu danken, und sehen Sie sich mal an, was ich dafür bekomme. Nichts als Ihren Zynismus. Nur weil Sie eine schlechte Nacht hatten, Joey, brauchen Sie nicht gleich jedem die Siegesparade zu verregnen.«
    Hatte der Kerl das wirklich gesagt? fragte Winder sich. Hat er mir wirklich den Vorwurf gemacht, ihm die Siegesparade zu verregnen? »Ist das der einzige Grund, warum Sie hier sind?« fragte Winder. »Um sich bei mir zu bedanken?«
    »Nun, nicht ganz.« Charles Chelsea holte die Zeitung unter seinem Arm hervor, faltete sie auseinander und reichte sie Joe Winder. »Sehen Sie sich mal die letzten drei Absätze an.«
    Es war die Meldung über den Diebstahl der Mangowühlmäuse. Der Herald hatte sie an die erste Stelle der Lokalnachrichten gesetzt, eine echte Schlagzeilenmeldung. »Hey«, sagte Winder lebhaft, »sie haben sogar eines unserer Bilder gebracht.«
    »Achten Sie nicht drauf, lesen Sie nur die letzten drei Absätze.«
    Die Zeitungsmeldung endete folgendermaßen:
    Ein anonymer Anrufer, der sich selbst als Tierrechts-Aktivisten bezeichnete, rief am späten Montagnachmittag das Büro von Associated Press in Miami an und übernahm die Verantwortung für den Vorfall in dem bekannten Vergnügungspark. Der Anrufer gab sich als Mitglied des radikalen Wildlife Rescue Corps aus.
    »Wir haben die Wühlmäuse befreit, weil sie ausgebeutet wurden«, sagte er. »Francis Kingsbury ist gar nicht daran interessiert, irgendwelche Tierarten zu schützen. Er wollte nur eine weitere dämliche Touristenattraktion.«
    Vertreter des Wunderlands der Abenteuer waren am Montagabend für eine Stellungnahme nicht mehr zu erreichen.
    Joe Winder gab Charles Chelsea die Zeitung zurück und sagte: »Der reinste Tiefschlag. Ich wette, der große Boß macht sich in die Hose.«
    »Finden Sie das etwa lustig?«
    »Sie nicht?« fragte Winder. »Ich glaube nicht.«
    »Nein«, sagte Chelsea. Er faltete die Zeitung wieder zusammen und verstaute sie unter seiner Achselhöhle. »Was schlagen Sie als Entgegnung vor?«
    »Ich denke, wir sollten die beschissenen Wühlmäuse vergessen und wieder zum normalen Leben zurückkehren.«
    »Das ist eine ernste Angelegenheit.«
    Winder nickte. »Ich hatte also recht. Kingsbury hat Bauchschmerzen. Dann würde ich vorschlagen, daß Sie ihm sagen, wir würden abwarten, ob an dieser Meldung etwas dran ist. Bestellen Sie ihm, wenn wir jetzt reagierten, könnte die ganze Sache sich gegen uns wenden, und am Ende sind wir in den Arsch gekniffen.«
    Chelsea fing an, sein Kinn zu massieren, ein Zeichen möglichen Verstehens. »Reden Sie weiter«, sagte er zu Winder. »Ich höre.«
    »Zum Beispiel, angenommen, das echte Wildlife Rescue Corps ruft an und streitet jegliche Beteiligung ab. Zum Teufel, Charlie, es ist sehr wahrscheinlich, daß der Anrufer ein Verrückter war, ein Wichtigtuer. Daß er gar nichts mit dieser Gruppe zu tun hat. Um auf Nummer Sicher zu gehen, reagieren wir einstweilen nicht. Wir sagen kein Wort.«
    »Und wenn sich herausstellt, daß es stimmt?«
    »Dann«, sagte Joe Winder, »äußern wir unsere Entrüstung darüber, daß eine Organisation, ganz gleich wie ehrenwert ihre Ziele sind, ein solch schwerwiegendes Verbrechen begeht und Leben und Gesundheit unschuldiger Zuschauer gefährdet.«
    Chelsea nickte begeistert; was er da hörte, gefiel ihm. »Nicht nur Zuschauer«, sa g te er. »Touristen.«
    Winder fuhr fort: »Wir würden dann auch an die vielen großzügigen Spenden Mr. Kingsburys an die ASPCA und den World Wildlife Fund, Rettet die Biber und was auch immer erinnern. Und wir würden dann eine Menge Kommentare von wichtigen Umweltschützern zusammentragen, die unsere Bemühungen zur Erhaltung der vom Aussterben bedrohten Mangowühlmaus befürworten und unterstützen.«
    »Hervorragend«, sagte Charles Chelsea. »Joe, das ist einfach perfekt.«
    »Das einzige, was man jetzt tun muß, ist warten«, sagte Joe Winder. Er konnte schon spüren, wie seine Stirnhöhle austrocknete. Plötzlich war er völlig klar im Kopf, munter, sogar optimistisch. Vielleicht war es die Medizin, die seinen Schädel durchgespült hatte, oder es war etwas anderes.
    Wie zum Beispiel zur Abwechslung mal eine echte Story zu haben. Eine Story, die richtig heiß war.
    Wie in den guten alten Zeiten.

5
    Chelsea empfand eine tiefe, irrationale Angst vor Francis X. Kingsbury. Es war nicht Kingsburys äußere Erscheinung (denn er

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