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Große und kleine Welt (German Edition)

Große und kleine Welt (German Edition)

Titel: Große und kleine Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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Kreuz des heiligen Ludwig.
    Hippolyt stotterte einige Worte des Danks und schwieg dann wieder, indem er sich begnuegte, mit einer stets wachsenden Begeisterung den schoenen jungfraeulichen Kopf zu betrachten, der ihn entzueckte. Bald versenkte er sich ganz und gar in diese Betrachtung und vergass das tiefe Elend, das durch die Wohnung angedeutet wurde, denn fuer ihn war Adelaides Antlitz von einer leuchtenden Atmosphaere umgeben. Er antwortete kurz auf die Fragen, die an ihn gerichtet wurden und die er gluecklicherweise hoerte, denn es ist eine eigentuemliche Faehigkeit unseres Geistes, dass er sich bisweilen gewissermassen verdoppeln kann. Wem ist es nicht schon vorgekommen, dass er in ein angenehmes oder trauriges Nachdenken versunken, die Stimme seines Innern hoerte und doch zu gleicher Zeit an einer Unterhaltung teilnahm oder ein Buch las? Es ist das ein wundersamer Dualismus, der oft dazu beitraegt, dass wir die Langweiligen mit mehr Geduld ertragen. Seine Hoffnung erfuellte ihn mit tausend Gedanken an das Glueck, und er wollte nichts beobachten, was ihn umgab, denn er hatte noch ein kindliches und vertrauensvolles Herz.
    Nach Verlauf einiger Zeit bemerkte er, dass die alte Dame und ihre Tochter mit dem alten Edelmann spielten. Der Trabant des Letzteren blieb seinem Stande als Schatten treu, stand hinter seinem Freunde, betrachtete dessen Spiel und antwortete auf die stummen Fragen, die der Spieler an ihn richtete, durch billigende Winke, die nur eine Wiederholung der fragenden Bewegung seiner doppelgaengerischen Verkoerperung waren.
    "Ich verliere immer…!" sagte der Edelmann.
    "Sie werfen falsch ab…!" anwortete die Baronin von Rouville.
    "Seit drei Monaten habe ich Ihnen nicht eine einzige Partie abgewinnen koennen…" sagte er.
    "Haben Sie die Ass?" fragte die alte Dame.
    "Ja," antwortete er.
    "Soll ich Ihnen einen Rat geben?" fragte Adelaide.
    "Nein, nein…! Bleib mir gegenueber! Palsambleu! Ich verloere zu viel, wenn ich dich nicht mehr vor mir saehe."
    Endlich war das Spiel beendet, der Edelmann zog seine Boerse und warf zwei Louisdor auf den Tisch, waehrend er nicht ohne einigen Unwillen sagte: "Vierzig Franken! Gerade zwei Louis…! Ha! Teufel! Es ist elf Uhr…!" "Es ist elf Uhr…!" wiederholte die stumme Person mit einem Blick auf Hippolyt Schinner.
    Der junge Mann hoerte diese Worte etwas deutlicher als alle uebrigen und dachte, dass es Zeit sei, sich zu entfernen. Er kehrte nun in die Welt der gewoehnlichen Ideen zurueck und fand einige Gemeinplaetze, um wieder das Wort nehmen zu koennen, begruesste die Baronin, ihre Tochter, die beiden Unbekannten und ging, waehrend er nur an das erste Glueck der wahren Liebe dachte, ohne dass er sich die kleinen Ereignisse zu erklaeren suchte, die waehrend dieses Abends unter seinen Augen vorgegangen waren. Am folgenden Tage fuehlte der junge Maler die heisseste Sehnsucht, Adelaide wiederzusehen, und waere er seiner Leidenschaft gefolgt, so haette er schon um 6 Uhr morgens, als er nach seiner Werkstatt eilte, seine Nachbarinnen besucht. Er besass indes noch Vernunft genug, um den Nachmittag zu erwarten; sobald er aber glaubte, bei Frau von Rouville eintreten zu duerfen, eilte er die Treppe hinab, klingelte unter lautem Herzpochen und bat Fraeulein Leseigneur, die ihm die Tuer oeffnete, schuechtern um das Bild des Barons von Rouville, waehrend er erroetete, wie ein junges Maedchen.
    "Treten Sie doch ein!…" sagte Adelaide zu ihm, die ohne Zweifel Hippolyt bereits die Treppe von seiner Werkstatt herabkommen gehoert und ihm entgegengeeilt war. Der Maler folgte ihr, beschaemt, ausser Fassung, ohne zu wissen, was er sagen sollte, vollkommen verwirrt durch das Glueck, Adelaide zu sehen, das Rauschen ihres Gewandes zu hoeren, nachdem er den ganzen Morgen gewuenscht hatte, in ihrer Naehe zu sein, nachdem er sich hundertmal erhoben hatte, um hinabzueilen…. Das Herz besitzt die wunderbare Macht, auch den unbedeutendsten Dingen einen ausserordentlichen Wert zu verleihen. Welche Freude ist es nicht fuer einen Reisenden, ein Kraut, ein unbekanntes Blatt zu finden, nachdem er sein ganzes Leben an eine solche Nachforschung gewagt hat! Ebenso verhaelt es sich mit den Nichtigkeiten in der Liebe!
    Die alte Dame war nicht in dem Salon. Als das junge Maedchen mit dem Maler allein war, brachte es einen Stuhl, um das Bild herabzunehmen; als es aber bemerkte, dass es auf die Kommode treten muesse, um das Bild von dem Nagel abzuhaengen, wandte es sich an Hippolyt und sagte

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