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Große und kleine Welt (German Edition)

Große und kleine Welt (German Edition)

Titel: Große und kleine Welt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Honoré de Balzac
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um sie in dem Winkel jener Saeule zu entdecken, wo sie in ein tiefes Dunkel vergraben scheint? Trotz der fuenfzig Kerzen, die um ihr blondes Haupt herumflackern, denn es ist zwischen ihr und uns eine solche Menge von Diamanten und funkelnden Blicken, von schwankenden Federn, Spitzen und Blumen, dass es ein wahres Wunder waere, wenn irgendein Taenzer sie inmitten dieser blendenden Gestirne bemerken wuerde! wie, Martial, hast Du nicht erraten, dass sie die Gattin irgendeines Unterpraefekten aus einem entlegenen Departement ist, die hier in Paris versuchen will, ihren Mann zum Praefekten zu machen?…"
    "O! er soll es werden!" rief lebhaft der Requetenmeister aus.
    "Ich bezweifle," sagte der Oberst lachend, "denn sie scheint mir in der
Intrige ebenso unbewandert, wie Du in der Diplomatie. Ich wette,
Martial, dass Du nicht weisst, wie sie an ihre Stelle gekommen ist."
    Der Requetenmeister blickte den Oberst auf seine Weise an, die ebensoviel Verachtung als Neugierde verriet.
    "Nun," fuhr der Oberst fort, "das arme Kind wird ohne Zweifel puenktlich neun Uhr gekommen sein. Vielleicht ist sie die Erste gewesen … Wahrscheinlich wird sie die Graefin von Gondreville in grosse Verlegenheit versetzt haben, da diese nicht zwei Gedanken zusammenreimen kann; verstossen von der Hausfrau, wird sie dann durch jede Neuangekommene von Stuhl zu Stuhl weiter gedraengt worden sein, bis in das helle Dunkel jenes kleinen Winkels, wo sie nun als Opfer ihrer Demut eingeschlossen ist, und als Opfer der Eifersucht jener Damen, deren eifrigstes Bestreben es gewesen ist, eine so gefaehrliche und reizende Gestalt in den Hintergrund zu versetzen. Sie wird keinen Freund gehabt haben, der sie ermutigt haette, den Platz zu verteidigen, den sie dem ersten Plane gemaess eingenommen haben muss, und jede von diesen treulosen Taenzerinnen hat gewiss unter Androhung der schrecklichsten Strafe allen ihren Anhaengern verboten, unsere schoene Freundin aufzufordern. Sieh nur, mein Lieber, diese zaertlichen und offenen Augen haben gewiss eine allgemeine Verschwoerung gegen die Unbekannte veranlasst!… Diese Verschwoerung wird zustande gekommen sein, ohne dass eine einzige dieser Damen ein Woertchen gesagt haette, als: 'Meine Liebe, kennen Sie diese kleine blaue Dame?'—Hoere, Martial, willst Du binnen einer Viertelstunde von mehr schmeichelhaften Blicken beglueckt werden, als Du vielleicht in Deinem ganzen Leben einernten kannst, so tue, als wolltest Du den dreifachen Wall durchdringen, der unsere Andromeda umschliesst…. Du wirst sehen, wie auch die Duemmste von diesen schoenen Goettinnen sofort eine List erfindet, die faehig waere, den Mann einzuhalten, der sich am entschiedensten zeigte, um die klagende Unbekannte in das Licht zu ziehen, denn Du wirst gestehen, dass sie ganz aussieht wie eine Elegie."
    "Sie glauben also, Oberst, dass es eine verheiratete Frau ist?"
    "Nun, vielleicht ist sie Witwe."
    "Dann waere sie nicht so traurig!" sagte der Requetenmeister lachend.
    "Vielleicht ist sie Witwe, obgleich ihr Mann noch lebt!" versetzte der
Oberst.
    "In der Tat gibt es unter den Damen viele solcher Witwen seit dem Frieden …" antwortete Martial. "Aber, Oberst, wir taeuschen uns beide. Es liegt zu viel Unschuld in diesen Augen, als dass es eine Frau sein sollte. Es liegt noch zu viel Jugend und Frische auf der Stirn und auf den Schlaefen! Welch kraeftige Toene des Fleisches! Nichts ist an Lippen und Kinn verwelkt. Alles ist noch frisch wie die Knospe einer weissen Rose, aber auch alles durch Wolken der Trauer verhuellt. Die Dame weint…."
    "Wie?…" sagte der Oberst.
    "Es kommt mir wenigstens so vor; aber sie weint nicht deshalb, weil sie ohne zu tanzen da sitzt," versetzte Martial, "Ihr Kummer ruehrt nicht von heute her, und man sieht, dass sie sich absichtlich so schoen gemacht hat. Ich moechte wetten, dass sie schon liebt." "Bah! Sie ist vielleicht die Tochter irgendeines kleinen Fuersten aus Deutschland!" sagte der Oberst.
    "Ach! wie ungluecklich ist doch ein armes Maedchen, das allein und vergessen dasteht!" versetzte Martial. "Kann man eine groessere Anmut entfalten, als unsere kleine Unbekannte? Sie ist reizend!… Und nicht eine von den hoefischen und haesslichen Megaeren, die sie umgeben, und die so empfindsam scheinen moechten, richtet ein Woertchen an sie!… Spraeche sie, so wuerden wir wenigstens ihre Zaehne sehen!…"
    "O! Du wirst sauer, wie die Milch bei der geringsten Temperaturveraenderung," sagte der Oberst sanft, aber doch etwas

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