Grosseinsatz Morgenröte
mächtigen Männern. Erstaunlicherweise schien der Marschall den längeren Arm zu haben, denn der GD-Chef gab grollend nach.
»Verzeihung, Sir, ich habe Sie zwar nicht verstehen können, aber ich möchte Sie trotzdem bitten, sofort in Peking anzurufen. Hier gibt es doch wahrhaftig genügend Experten, die Ihnen das Unsinnige einer provisorischen Reparatur bestätigen können.«
Zögerndes und angstvolles Kopfnicken im Kreise der Ingenieure. Der GD-Chef blickte verärgert in die Runde. Lung-Yen beobachtete weiter. Seine Beherrschung ließ seine deutliche Überlegenheit erkennen.
»Einen Moment, meine Herren«, sagte er schließlich. »Ich werde mich entscheiden, sobald Ihr Kollege Dr. Hofart die Brennkammer gesehen hat. Wollen Sie mir bitte folgen.«
Ruckartig drehte er sich um und schritt auf den Hintergrund der Halle zu. Hier war eine enorm große Strahlungskammer für radioaktive Stoffe in die Felsen eingelassen. Eine junge Wissenschaftlerin aus dem Arbeitsteam der theoretischen Physiker wollte den riesigen Bildschirm einschalten, doch der Marschall winkte ab.
»Doktor, Captain Shelter, ich muß Sie ersuchen, zusammen mit Professor Erolter und dem Chefingenieur der Triebwerksfertigung den Raum zu betreten. Sie müssen das aus der Nähe sehen. Schutzanzüge, rasch.«
Assistenten eilten herbei. Ein dunkelhäutiger Inder stellte sich als Professor Ingenieur Bargarh vor. Den ruhigen, stillen Mann hatte ich schon einmal gesehen. Er machte einen guten Eindruck. Ich schüttelte seine Hand.
Die Physikerin half mir in den schweren Schutzanzug aus Radio-Plastik. Sie hatte ein rassiges Gesicht mit kohlschwarzen Augen und faszinierende Lippen. Sie schien aus Persien zu stammen. Während sie mir die Sauerstofftanks auf den Rücken schnallte und die Atemmaske in die Halterung des Halsringes setzte, fühlte ich plötzlich etwas in meiner Hand.
»Nehmen Sie! Aufpassen«, hauchte sie, nur für mich hörbar.
Ich schloß die Rechte und bedankte mich herzlich für ihre Hilfe. Lächelnd trat sie zurück. Ich zog die Handschuhe an und ließ sie in die Magnethalterungen schnappen.
Minuten später standen wir in der Strahlschleuse. Ich fühlte die kleine Rolle auf meiner Handfläche. Es war daher verständlich, daß ich bei der Inspektion sehr nervös war. Endlich … endlich hatte sich einer der hiesigen Agenten bemerkbar gemacht. Unter den Augen des Geheimdienstes hatte diese junge Frau ein großes Wagnis auf sich genommen.
Die acht Meter lange Reaktionskammer war schwer beschädigt. Teilweise waren die Wandungen ausgebrannt und die Feldpole abgebrochen. Dafür strahlte das Ding so hart, daß ich besorgt auf die pfeifenden Zählgeräte lauschte.
Der Folienreaktor strahlte ebenfalls so enorm, daß man damit nicht mehr arbeiten konnte. Auch er wies schwere Zerstörungen auf.
Schließlich betrachtete ich noch die beiden je fünf Meter langen Hochdruckzylinder, die in einem grünlichen Fluoreszenzlicht strahlten. Das Kernplasma diffundierte immer noch. Der Kommandant der ALPHA schien in seinen letzten klaren Augenblicken doch noch richtig gehandelt zu haben. Seine Bruchlandung war garantiert gewollt gewesen.
Als wir wieder draußen waren, mußte sich der Marschall unser vernichtendes Urteil anhören. Er schwieg einige Minuten, bis er gefaßt sagte:
»Schön, meine Herren, die Arbeiten werden für heute eingestellt. Ich werde sofort nach Peking fliegen und Informationen einholen. Doktor Hofart, gehen Sie bitte sofort in Ihre Wohnung. Sprechen Sie innerhalb von zwei Stunden Ihren Bericht auf Tonband. Ein Gerät wird Ihnen gebracht. Ich benötige die
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