Grosser Auftritt fuer Sally
war. Sorgfältig notierte Luisa Pferdenamen, Art der Sättel und Farbe des Zaumzeugs.
»Morgen haben wir volles Programm«, sagte Bär Feddersen gähnend und reckte sich ausgiebig. »Der Kutschenüberfall und der Galopp durchs Wasser.« Interessiert sah er seinem frisch gebackenen Skriptgirl über die Schulter. »Hoffentlich taugen die Kostüme von eurem Axel Rakete etwas«, bemerkte er zum Abschied.
4. Kapitel
Im Kettenhemd aufs Pferd
»Meine Mutter will schon mein Zimmer vermieten«, keuchte Jule, als sie am Nachmittag des nächsten Tages mit Conny über den Reitweg zur Waldkoppel rannte, »sie meint, dass ich ja doch nie zu Hause bin.«
Natürlich ging es auch am heutigen Mittwoch sofort nach der Schule in Richtung Reiterhof. Die Dreharbeiten warteten! »Und wie meine Eltern erst toben werden, wenn ich meinen Biotest zurückkriege!«, japste Jule. »Ganz mies gelaufen heute Morgen. Deine Englischarbeit auch?«
Conny verzog den Mund zu einem entschuldigenden Grinsen. »Tut mir Leid, Jule, ich hatte mal wieder Glück-Lehrer krank, Arbeit ausgefallen! Das ist doch nur ausgleichende Gerechtigkeit, dafür kannst du besser reiten als ich.«
Sie waren an der Wiese angekommen. Jule hängte sich heftig atmend über das Gatter und zeigte auf die Koppel vor ihnen, auf der geschäftiges Treiben herrschte. »Aber was habe ich denn davon, wenn diese Chaoten unsere Pferde blockieren?«
Mit den Chaoten meinte sie die Schauspieler, die unter der Aufsicht von Kai Jensen und Axel Rakete auf den Schulpferden saßen. Unaufhörlich waren die beiden Reitlehrer damit beschäftigt, die Pferde wieder zurückzuholen. Die machten sich nämlich unentwegt selbstständig. Selbst Ole, dem gemütlichen Fjordpferd, sah man an, dass er heute Lust auf Unfug hatte. Und richtig: Kaum entfernte sich Axel Rakete von Ole, um im Wohnwagen sein Ritterkostüm anzulegen, riss der Struppi seinem Reiter die Zügel aus der Hand. Eilig strebte das Pony mit der Stehmähne auf Feddersens Regiestuhl zu. Conny und Jule blieben am Tor stehen, um Oles Ausflug in aller Ruhe zu genießen. »Guck mal, wie käsig unser Regisseur aussieht«, grinste Conny.
Der Mann richtete sich sofort kerzengerade auf, als Ole mit dem hilflosen Reiter herantrabte. Hastig zog er seine lang ausgestreckten Beine an den Körper. »Hilfe, nein! Nicht wieder gegen mein Schienbein«, flehte er und rückte schnell die nächstbeste Kiste vor seine Beine. »Das ist noch von gestern blau.«
»Gestern - das war doch der andere, Kalle!«, rief ihm Kai Jensen beruhigend zu. Er blieb sicherheitshalber bei den anderen Pferden, anstatt Ole zurückzuholen. »Fjordpferd ist Fjordpferd«, stammelte Bär Feddersen und drehte sich steif zur Seite, als Oles breiter Kopf näher kam. Verzweifelt zerrte der Reiter an den Zügeln, um sein Pony zum Stehen zu bringen. Aber Ole stemmte sich vorwärts. Er hatte wirklich nicht vor dem Regisseur etwas anzutun. Dazu war Ole viel zu lieb. Er wollte nur einmal über diese herrlich glatten, spiegelnden Gläser der Sonnenbrille lecken. Und das tat er auch. Der Regisseur erstarrte, als Ole ihm anschließend seine Nüstern und sein feuchtes Maul auf die Backe drückte.
Conny erbarmte sich nun doch. Sie bahnte sich einen Weg durch die anderen Pferde, vorbei am lachenden Kai Jensen, und zog Ole am Zügel weg.
»Er hat Sie geküsst«, stellte Conny erstaunt fest, »darauf könnten Sie ziemlich stolz sein. Normalerweise merken Tiere, wenn jemand sie nicht mag.« Sie konnte es nicht lassen, bei jeder Gelegenheit spitze Bemerkungen zu machen - seit der Sache mit den Kranichen.
»Ach ja?« Bär Feddersen, immer noch sehr blass, richtete sich wieder auf, wischte die Pferdespucke von der Backe und trocknete die Sonnenbrille ab. Die Anspielung überhörte er. »Stolz sein? Kann ich das?« Der Regisseur stellte sich im Geiste vor, wie er mit der Story bei Prosper, Prosper + Prosper auftrumpfen konnte!
». . . und dann hat mich dieses Fjordpferd doch tatsächlich geküsst. Angst? Angst? Ich doch nicht, Leute, ich bin doch ein Vollprofi!«
Seine Laune besserte sich zusehends. Sie wurde noch besser, als kurze Zeit später Axel Rakete aus dem Wohnmobil hervorkam. Axels Gang sah unter dem 10-Kilo-Gewicht des Kettenhemdes schleppend aus und Furcht einflößend. Bär Feddersen pfiff leise durch die Zähne. Das wirkte echt. Das war Mittelalter, wie er es für seinen Werbefilm brauchte.
Über sein schweres Eisenhemd hatte Axel einen kurzen Waffenrock aus rotem Leinen gestreift,
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