Grosser Auftritt fuer Sally
der ihm bis auf die Oberschenkel reichte. Auf dem halblangen, braunen Haar saß eine wuchtige Haube aus Eisenringen, die in einen eisernen Kragen überging. Die Beine steckten in kurzen, braunen Stiefeln mit umgekrempelten Stulpen.
Spontan sprang Bär Feddersen auf und streckte Axel die Hand hin. »Einfach klasse«, sagte er begeistert. »Genau das schwebte mir vor.«
Axel Rakete lächelte geschmeichelt. »Das zweite Kostüm sieht ganz ähnlich aus«, sagte er. »Nur mit blauem Waffenrock. Aber mal ganz unter uns« - zweifelnd blickte er zu den Schauspielern hinüber, deren Pferde keine Sekunde stehen blieben, seit Kai Jensen weggegangen war -, »meinen Sie, dass einer von denen mit diesem Kostümgewicht reiten kann? Die können sich ja so schon kaum im Sattel halten.«
Auch ohne Axels Bemerkung hatte sich Regisseur Feddersen entschlossen zwei der schwächsten Darsteller nach Hause zu schicken. Prosper, Prosper + Prosper würden ihm die Hölle heiß machen, wenn dieser teure Werbespot nicht gut gelänge!
»Würden Sie denn eventuell einspringen?« Hoff-nungsvoll ruhte Feddersens Blick auf dem jungen Reitlehrer.
»Klar, sofort«, freute sich Axel, »und vielleicht« - schwerfällig drehte er sich in seinem Kettenhemd zur Kamera um - »unser Bastian als zweiter Reiter?«
Bastians blonder Stachelkopf, gerade noch über die Kamera gebeugt, schoss hoch. Wie bereits gestern wich er Linse nicht von der Seite. Als Fotofan interessierte Bastian sich brennend für die Arbeit hinter der Kamera. Aber selber mitreiten - das hörte sich natürlich noch verlockender an.
»Na, geh schon.« Aufmunternd klopfte ihm Linse auf die Schulter. »So eine Chance kommt nicht so schnell wieder.«
»Dein blaues Kostüm hängt da drüben, im mittleren Wohnmobil«, sagte Axel Rakete.
Bastian lief sofort los. Er durfte mitreiten! Wahnsinn! Das musste er den Mädchen erzählen! Aus dem Wohnwagen mit der Aufschrift »Garderobe Frauen« drang bereits lautes Gelächter. »Na, ihr Kichererbsen«, rief Bastian durch das gekippte Fenster, »wie lange braucht ihr denn zum Umziehen? Eure Kartoffelsäcke sind doch schnell übergestülpt.«
Die Tür wurde aufgerissen und sechs Mädchen stürmten heraus.
»Vorsicht«, drohte Conny ihrem Reiterfreund im Spaß. »Oder ich hetze meinen Kampftraber auf dich.«
Bastian setzte eine gewichtige Miene auf. »Kein Problern«, sagte er, »ab sofort trage ich nämlich ein Kettenhemd aus Eisen. Daran würde sich dein Rocky die Zähne ausbeißen.«
Unter lautem Geschrei stürzten sich alle sechs Mädchen auf Bastian, der mit verschränkten Armen lachend seinen Kopf schützte. »Heißt das, dass du mitreiten darfst?« - »Mensch Bastian, einfach super.« - »Cool, Mann.« - »Wir sind stolz auf dich.«
Bastian verschwand strahlend in seinem Wohnwagen und die Mädchen gingen zur Uferböschung, auf der sie bei der ersten Filmszene des Tages sitzen sollten. »Wahrscheinlich musst du auch noch einspringen, Jule«, prophezeite Conny. »Für Robin Hood. Warte mal, bis der mit seinem Sprung ins Wasser dran ist.«
»So schlecht ist er doch gestern nicht gesprungen«, fand Jule, »und außerdem - du kennst doch meine Eltern. Das würden die nie erlauben. Noch dazu, wenn ich gerade wieder eine Arbeit verhauen habe, wie heute. Übrigens - ich glaube, da kommen die Fahrer für die Kutsche.« Jule deutete auf zwei Männer um die 50, die zum Regiezelt gingen und auf Bär Feddersen einredeten. Gab es Probleme? Feddersen stand auf und schien nach Kai Jensen Ausschau zu halten. Er nahm sogar seine Sonnenbrille ab. Als der Regisseur den Stallbesitzer nirgends entdeckte, sah er zu den Mädchen am Lottbachufer hinüber.
»Die beiden Fahrer für die Kutsche sind da«, rief er ihnen zu. »Weiß eine von euch, wie die Friesen ange-spannt werden sollen?« In seiner Frage klang ein Anflug von Verzweiflung mit. »Mit welchem Geschirr, wollen die Herren wissen. Brustblatt oder Kumt oder was?« Conny lachte in sich hinein. Darauf hatte sie nur gewartet. Sie legte ihre Hände wie einen Trichter vor den Mund.
»Kumt-Anspannung mit Liverpoolkandare«, rief sie betont deutlich. Zu gern hätte sie jetzt das Gesicht von Herrn Feddersen gesehen, doch leider war sein Regieunterstand mindestens zehn Pferdelängen entfernt. Aber sie konnte sich auch so vorstellen, dass der Regisseur von ihrer Fachkenntnis tief beeindruckt war. Er musste ja nicht wissen, dass Conny den Begriff erst seit fünf Minuten kannte. Herr Jensen hatte ihr die
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