Grosser Auftritt fuer Sally
Scheibe. Eine Kiste sah sie nicht, aber auf dem Rücksitz war unter einer Wolldecke eine Wölbung zu erkennen, etwa so groß wie zwei Schulranzen.
»Jede Wette, dass ein Brutkasten unter der Decke versteckt ist«, sagte Daniel aufgebracht, als Conny zurückkam und von ihrer Entdeckung berichtete. »Den brauchen die Nesträuber für die Eier, damit die nicht auskühlen. Los, schnell zurück.«
Hastig krochen die beiden auf allen vieren zum Bauwagen zurück. »Mein Onkel soll die Polizei anrufen, damit sie den Kerl schnappen.« Daniel stockte. »Zu spät«, seufzte er mit einem Blick auf zwei Leuchtkreise, die über den Feldweg tanzten. Autoscheinwerfer. »Dein Vater kommt. Das kriegt der da drüben natürlich auch mit. Der ist gleich weg, das schwöre ich dir.«
Daniel sollte Recht behalten.
Der Golf war längst verschwunden, als Jutta und Ulli Clasen ankamen. Natürlich ärgerten sich alle darüber, aber immerhin waren sie nun gewarnt. Clasens voll gepackter Picknickkorb mit duftendem Tee, dick belegten Brötchen und einer Schale frischer Erdbeeren hellte die Stimmung allmählich wieder auf.
Jutta Clasen nahm ihre Tochter im Auto mit nach Hause, das Fahrrad war auf der Ladefläche des blauen Kombis verstaut. Unterwegs erzählte Conny ohne Punkt und Komma: die unglaubliche Geschichte von Nesträubern im Allgemeinen, von ihrem Eierdieb im Besonderen und von der Notwendigkeit, jetzt unbedingt täglich am Erlenmoor zu wachen. Schließlich hatte nur sie, Conny, das Auto aus der Nähe gesehen. Und sogar den Brutkasten. Jedenfalls fast.
Als Clasens Wagen vor ihrem Backsteinhaus in Großmoorstedt anhielt, hatte Conny ihrer Mutter ein Versprechen abgeluchst: Sie durfte Samstagnacht im Bauwagen schlafen. Unter einer Bedingung: Conny musste versprechen ihre Abneigung gegen den Filmregisseur nicht mehr so deutlich zu zeigen. Woher Clasens von ihrer wunderbaren Feindschaft zu Bär Feddersen wussten, blieb Conny schleierhaft. Kam Herr Jensen als Verräter in Frage? Anzunehmen. Erwachsene steckten meistens unter einer Decke, wenn es um gutes Benehmen ging.
7. Kapitel
Die Nervis nerven
Es war idiotisch gewesen, darauf zu hoffen, dass die Nervis am Samstag den frühen Drehtermin verschlafen würden.
Trotzdem traf Conny, Jule und Luisa fast der Schlag, als sie um acht Uhr auf der Waldkoppel erschienen und gleich ihr erster Blick auf die Zwillinge fiel - und ihr zweiter auf Imke Zavelstein. Die Nervis hatten sich wartend auf den Stufen des Wohnwagens »Garderobe Frauen« niedergelassen. Das erlaubten sich ja nicht mal die Killerbienen.
»Verschwindet«, zischte Jule, »bevor ich mich vergesse.« Sie schob ihre Stiefelspitze zwischen die Mädchen und zog die Wohnwagentür auf, wobei sie einen Zwilling und Imke Zavelstein glatt von der Treppe auf die nasse Wiese fegte.
»Das war ja wohl oberfies«, schimpfte Imke von ihrem feuchten Landeplatz. »Spiel dich bloß nicht so auf. Wir sind schließlich Profis. Wir haben schon Filme gedreht, als du noch im Sandkasten gespielt hast.« Sie selbst hatte nie Filme gedreht, sondern nur die Zwillinge, aber Imke bezog sich immer mit ein. Mit rotem Kopf rappelte sie sich aus dem Gras auf.
Dass Imke und ihre Freundinnen zumindest im Schminken zu den Profis zählten, war nicht zu übersehen. Mit ihren silberblauen Lidschatten und den kunstvoll ausgemalten Lippen sahen sie nicht mehr wie zwölf aus, sondern fast wie sechzehn. Wie aufgestylte Killerbienen auf dem Weg in die Disko.
»Wetten, dass wir doch mitmachen?«, sagte Imke trotzig und suchte ihre Jeans nach Grasflecken ab. »Und wenn du dich auf den Kopf stellst. Da kommt ja das Filmteam, die werden sich die Finger nach uns lecken.«
Die anderen folgten ihrem Blick zum Gattertor. Regisseur Bär Feddersen, Aufnahmeleiter Wolfgang Kampmann und ihre Leute näherten sich auf die Minute pünktlich. Dahinter Kai Jensen, Axel Rakete und Bastian. Die drei Pferdeführer hatten alle Hände voll zu tun die Vierbeiner von Ausflügen abzuhalten. Keiner der schwachen Reiter schaffte das selber. Bis auf Robin Hood, der Sally gut im Griff hatte. Weiter hinten folgte die Friesenkutsche mit den beiden Fahrern.
Bär Feddersen war der laute Wortwechsel nicht entgangen. Aber er wollte sich seine gute Laune nicht verderben lassen, an diesem ersten Sonnentag nach dem Regen. »Bloß keinen Streit am frühen Morgen«, beschwor er die Mädchen. »Ich bin heilfroh, dass wir endlich weitermachen können. Ihr seid also Profis, habe ich mit halbem Ohr
Weitere Kostenlose Bücher