Grosser Auftritt fuer Sally
Auf weitere schlechte Erfahrungen konnte man verzichten.
Die drei Nervis bewiesen heute mal wieder, dass sie ihren Spitznamen zu Recht trugen. Sie trieben sich hartnäckig am Regiezelt herum und nervten Bär Feddersen, bis sie schließlich bleiben durften. Conny und ihre Freundinnen waren froh, dass auch Herr Jensen im Regiezelt saß. Dann rissen sich die Nervis wohl zusammen. Im Moment ging keine direkte Gefahr von den dreien aus. Sie hatten nur Augen für Axel Rakete und Bastian, die in ihren prachtvollen, mittelalterlichen Kostümen gerade in den Sattel stiegen. Die beiden ritten zum Friesengespann hinüber. Neben der Kutsche hielten sie Cherie und King Louis an. »Ist er nicht süß in seinem Kettenhemd?«, wisperte Imke Zavelstein. Ihre Augen hingen an Axel Rakete.
Süß! Das Wort passte zu einem Mann im eisernen Kettenhemd ungefähr so gut wie zu einem Panzernashorn. »Beiß doch mal rein, Zavelstein«, kicherte Jule, »wenn er so süß ist.«
Aber selbst eine solche Bemerkung löste heute keinen echten Ärger aus. Dafür war der Maimorgen einfach zu schön. Alle Darsteller und das Filmteam (abgesehen von Herrn Winkelmann, aber das zählte nicht) wirkten entspannt. Die Frühlingssonne malte Kringel auf die Wiese, Meisen zwitscherten in den Birken, aus dem Versorgungszelt duftete es nach frischem Kaffee. Da fiel es einem wirklich leicht, fröhlich zu sein.
Nur die Kutschenfahrer sahen unzufrieden aus. Auf der nassen Wiese ließ sich die Kutsche nur mühsam fahren, zumal sich in den Spurrillen der Räder sofort Wasser sammelte.
»Nur gut, dass Sie den Galopp der Friesen schon gefilmt haben«, sagte Kai Jensen. Er stand neben Herrn Feddersen und warf einen Blick in sein Drehbuch. »Bei diesem nassen Boden wäre das ganz unmöglich.«
Heute genügte es, dass Ankum und Brinkum die Kutsche im Schritt zogen. Im Mittelpunkt stand der Sack mit Waffeln, den Robin Hood aus der Kutsche stehlen sollte. Die Sache funktionierte reibungslos. Robin Hood galoppierte zügig mit Sally an, gefolgt von den Räubern. Mit geübtem Griff zerrte er den Sack von der Kutsche. Aus vollem Galopp, das sah richtig dramatisch aus. Die Nachhilfestunden bei Kai Jensen hatten sich gelohnt. Bär Feddersen wollte gerade »Okay, im Kasten« brüllen. Doch dazu kam er nicht mehr. Das Filmteam hatte die Rechnung ohne Kalle gemacht. Ohne Kalle, den Rabauken. Kaum hielt Robin Hood den Sack in der Hand, da mischte Kalle sich ein. Eigentlich war sein Platz neben seinem Pferdebruder Ole. Aber was scherte Kalle eine Dreh-buchanweisung? Der Sack, den musste er unbedingt näher untersuchen. Ob das der Stallbesitzer erlauben würde - darum konnte er sich jetzt nicht kümmern. Menschen neigten ohnehin dazu, einem Pferd die herrlichsten Sachen zu verbieten.
Etwas Ähnliches musste in Kalles Kopf vorgegangen sein. Denn plötzlich preschte er zum Entsetzen seines Reiters vor und stürmte auf Sally zu. Blitzartig entriss Kalle dem verdutzten Robin Hood den Sack. Mit seiner Beute zwischen den Zähnen blieb das Fjordpferd abrupt vor Sally stehen und ließ den Sack zu Boden fallen. Ungeduldig stieß Kalle seine Nase hinein. Mit den Vorderhufen kratzte er in der Jute herum, bis das Gewebe einriss und einige Waffeln freigab. Der Räuber glitt währenddessen langsam, aber sicher nach vorn aus dem Sattel. Wie ein nasser Sack rutschte er über Kalles gebeugte Stehmähne und plumpste auf die Wiese.
»Erlöst mich von diesem Ungeheuer«, stöhnte Bär Feddersen, der seinen Film schon wieder in Gefahr sah. Davon lenkte auch der prächtigste Maimorgen nicht ab, kein Meisengezwitscher und kein Kaffeeduft. »Herr Jensen, haben Sie kein anderes Pferd für uns? Dieser Kasper ist wirklich unmöglich.«
»Reiterliches Unvermögen«, knurrte Kai Jensen und rannte hinter seinem eigenwilligen Pferd her. Während er dem widerstrebenden Kalle den Sack aus dem Maul zerrte, rief er von hinten: »Pferde stehen genug im Stall. Aber was Sie brauchen, wäre ja ein zweites Fjordpferd. Hab ich nicht -schließlich wachsen die Struppis nicht auf Bäumen.«
Eine Zwangspause wurde eingelegt - der nasse Räuber musste sich trockenföhnen. Dabei war jede Minute kostbar, weil man nicht absehen konnte, wie lange das gute Wetter anhielt.
Dieser Kalle! Selbst der Kameramann Linse, der sich sonst nie aufregte, schlug sich ärgerlich auf die Oberschenkel. »Zwei Sekunden hätte ich noch gebraucht, dann wäre alles klar gewesen. Zwei winzige Sekunden ...«
Herr Winkelmann sagte nichts, aber sein
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