Grosser Auftritt fuer Sally
vier Jahren Falkennester bewachte. Allerdings in Süddeutschland, am Neckar. Daniel wohnte in Heidelberg und hatte nur diese Woche ein paar Tage schulfrei.
»Alle Lehrer sind mit dem Abitur beschäftigt«, grinste er. »Mein Onkel hat mich angerufen, ob ich beim Kranichschutz einspringen könnte. Da habe ich mich heute Morgen in den Zug nach Hamburg gesetzt.«
Er warf einen großen Haufen Reisig, den er zwischen den Armen vor sich hergetragen hatte, auf den Boden. »Fünfmal haben wir beim Falkenschutz schon Eierräuber entdeckt. Die sind alle verhaftet worden«, erzählte er stolz, während er aus den Zweigen geschickt eine Absperrung auftürmte. »Die Diebe verkaufen die Eier über Tierhandelsringe nach Arabien. Oder nach Spanien und Italien.« Er richtete sich auf. »Viele Falken werden dort nur großgezogen, damit ein paar skrupellose Jäger sie abknallen können. Das musst du dir mal vorstellen - die bestellen sich regelrecht Falken zum Erschießen!«
»Widerlich«, sagte Conny entsetzt. »Machen sie das etwa mit Kranichen auch?«
Daniel schüttelte den Kopf. »Wohl kaum. Aber verrückte Kranichfreaks gibt es auch! Die wollen unbedingt Kraniche in ihrem Garten haben, obwohl das verboten ist. Na, und die schicken dann Eierräuber los.« »Wahnsinn!« Conny wollte es kaum glauben. »Ich dachte, wir müssten hier nur Spaziergänger verscheuchen, weil die Kraniche so scheu sind. Jens Witt sagte, sie hören auf zu brüten, wenn sie gestört werden. Darum musste ja auch das Filmteam weg!«
Daniel nickte und zog ein paar Brombeerranken aus dem Gebüsch, die er kunstvoll über seinen Wall legte. Die langen Stachelranken würden normale Spaziergänger sicher am Überklettern hindern. »Klar! Dass die so scheu sind, ist natürlich der Hauptgrund für die Wache«, ging er dann auf Connys Frage ein. »Weißt du, wie wir vom Falkenschutz die Kraniche nennen?« Er kicherte. »Scheumanns.«
Scheumanns - das gefiel Conny auch. Sie verriet den Namen sofort ihrem Vater, als sie kurze Zeit später wieder in den Bauwagen kletterte. Ulli Clasen hockte zusammen mit Jens Witt über einem Einsatzplan und teilte den Bewachungsdienst ein. Diese Nacht wollten die beiden Männer zusammen im Bauwagen am Erlen-moor verbringen. Für den Fall, dass der Verdächtige wieder auftauchte. Als der Plan stand, schaufelten sie alle mit vereinten Kräften tiefe Löcher in die Erde und rammten die Pfosten der Warnschilder in den Boden. »Kommst du morgen wieder?«, fragte Daniel, als Conny wenig später auf ihr Fahrrad stieg. »Also .. . ich dachte ...« Er brach ab und presste verlegen seine Arbeitshandschuhe in der Hand zusammen. »Weil...«
Conny drehte sich überrascht im Sattel um und zog die Handbremse. »Weil . . .?«, sagte sie fragend. Ihr Herz raste plötzlich wie sonst nur bei der Mädchenquadrille.
»Weil es hier draußen lustiger ist mit dir und außerdem . . .«, sagte Daniel, starrte weiter auf seine Handschuhe und schwieg eine Weile. »Ich finde dich ziemlich gut«, brachte er schließlich heraus, ohne den Blick zu heben.
Ziemlich gut!
Das hatte noch nie ein Junge zu ihr gesagt! Bis auf Bastian, als sie für King Louis ein zerrissenes Halfter genäht hatte. Aber das zählte in diesem Moment nicht. »Ich dich auch, glaube ich«, sagte Conny schnell, trat danach sofort in die Pedale und verschwand über den Feldweg nach Haus.
Conny träumte in dieser Nacht, dass sie ganz allein mit Rocky zum Erlenmoor ritt. Kaum angekommen, fiel der Traber sofort über Daniel her, biss ihm in den Hals und jagte ihn mit angelegten Ohren in den Tümpel. Dort paddelte der arme Daniel schreiend umher, bis die Kranichmutter ihn mit dem Schnabel am Hosenbund packte, mit ihm durch das moorige Wasser watete und den triefenden Jungen zu ihren Eiern ins Nest legte. Als der Nesträuber dann kam, wusste er nicht, ob er nur die Kranicheier klauen sollte oder auch den pitschnassen Daniel, der aber nicht in seine Umhängetasche passte. Fluchend zog er schließlich ohne Beute ab.
Man konnte also ohne weiteres behaupten, dass Rocky die Kranicheier gerettet hatte, dachte Conny, als sie am Freitagmorgen wach wurde. Dass sie von Rocky träumte, war nichts Besonderes. Aber dass ein gewisser Daniel und ein Kranich vorkamen, das war neu.
Vor ihrem Bett entdeckte Conny in ihrem linken Turnschuh eine Nachricht. Sicher von ihrem Vater, der freitags Frühstunde in seiner Gesamtschule hatte. Conny zog den Zettel hinter der Lasche hervor und glättete ihn zwischen den
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