Grosser Auftritt fuer Sally
gar nicht aufsetzt«, verteidigte er sich. Offenbar hatte er etwas Falsches gesagt.
»Gebrochen! Wissen Sie, was das heißt?« Jule, die eigentlich mit dem Regisseur auf gutem Fuß stand, regte sich zum ersten Mal über ihn auf. »Das ist nicht wie bei Menschen, sechs Wochen in Gips und fertig. Das geht bei Pferden nicht.«
Dies war nicht der Augenblick zu fragen, was mit einem Pferd passierte, das sich ein Bein gebrochen hatte. Das merkte Herr Feddersen. Die angstvollen Gesichter der Mädchen waren Antwort genug. Auch die Nervis litten mit den anderen. Bei einem kranken Pferd gab es keine Schadenfreude.
»Ich habe ihn gepflegt, seit er von der Rennbahn kam«, sagte Conny mit erstickter Stimme. »Er kann sich doch jetzt kein Bein brechen . ..«
Sie rieb sich mit dem Ärmel übers Gesicht.
»Stimmt doch, Rocky«, schluchzte sie, »bei dir ist nichts gebrochen!« Sie kramte ein Leckerli aus der Tasche und hielt es dem Traber unter die Lippen. Er nahm es tatsächlich mit dem Maul auf, als wollte er Conny zeigen, dass sie keine Angst um ihn haben müsste. Aber dann überwog doch der Schmerz. Er konnte einfach nichts fressen und ließ den Würfel ins Gras fallen.
»Mach dir mal keine zu großen Sorgen, Conny«, schaltete sich Axel Rakete ein. »Ein gebrochenes Bein sieht anders aus. Rocky hat bestimmt ziemliche Schmerzen, aber ich tippe eher auf Einschuss.«
Mit vorsichtiger Hoffnung sah Conny zu ihm auf. »Meinst du wirklich? Das, was King Louis letztes Jahr hatte?« Axel nickte zuversichtlich. »Genau. So was passiert, wenn Bakterien unter die Haut kommen, durch kleine Wunden. Das Bein vereitert dann innen.« Er zeigte auf Rockys unförmige Schwellung. »Von einer Sekunde zur anderen kann sich das ausbreiten und das Bein wird so dick wie bei ihm.«
Bär Feddersen erfuhr inzwischen leise von Bastian, warum die Mädchen bei dem Wort »Beinbruch« so entsetzt waren: Ein gebrochenes Bein bedeutet für Pferde das Todesurteil, weil ein Bruch fast nie geheilt werden kann. Natürlich bereute der Regisseur seine unbedachte Bemerkung jetzt zutiefst. Die Frage nach einem Ersatzpferd für Rocky verschob er auch. Im Moment war sowieso nicht an Filmen zu denken. Erst musste die Ersatzkutsche gefunden werden.
Conny beruhigte sich langsam ein wenig. Es war gut, einen Tierarzt wie Dr. Teichmüller in der Nähe zu wissen. Theo, wie alle im Stall ihn heimlich nannten, kannte jedes Schulpferd haargenau. Auch die Krankheiten von jedem einzelnen Vierbeiner. Nur von Rocky nicht. Das lag daran, dass der Traber noch nie krank gewesen war, seit Herr Jensen ihn von der Rennbahn gekauft hatte. Krank nicht - nur verstört, eifersüchtig auf jedes andere Pferd und manchmal unberechenbar. Erst seit Conny sich mit rührender Geduld um den Traber kümmerte, war er allmählich umgänglicher geworden.
Die Wasserbehälter waren bis auf den Grund leer geschöpft. Niemand sagte mehr etwas. Eine bedrückende Stille lag über der Wiese. Conny schlang ihre Arme um Rockys Hals und er ließ seinen Kopf schwer auf ihre Schultern sinken.
So merkwürdig ruhig fand Dr. Teichmüller die bunte Gesellschaft aus Räubern, Mädchen in Juteflicken, Filmleuten, einer umgekippten Kutsche und sechs Pferden vor. Der fast zwei Meter lange Tierarzt stakste wie ein Storch durch den Matsch auf sie zu. In einer Hand trug er seine graue Arzttasche, den anderen Arm spreizte er ab, um das Gleichgewicht auf der rutschigen Koppel zu halten.
»Wo haben wir denn den Patienten?«, fragte er betont fröhlich. Er wusste, wie sehr die Reitermädchen mit jedem kranken Pferd litten, und wollte sie etwas aufmuntern.
Conny drehte sich um und gab Rockys Hals frei. Ole dagegen, der immer noch wie angewurzelt an derselben Stelle stand und seine Nüstern gegen Rockys Mähne presste, rührte sich nicht.
»Du bist ein richtig guter Freund, was, Ole?«, sagte Theo lächelnd und machte einen Bogen um Oles Hinterteil. Dann begann er mit der Untersuchung.
»Phlegmone«, sagte er nach einiger Zeit. »Auf Deutsch nennt man das Einschuss. Gut, dass ihr gleich angerufen habt. Je schneller man das behandelt, desto besser.« Axel Rakete hatte die Arzttasche übernommen, sie geöffnet und hielt sie nun an den beiden Handgriffen auseinander. Der Tierarzt zog eine Penizillinspritze auf. »Das ist eine beginnende Blutvergiftung, da zählt jede Stunde.« Er verabreichte Rocky die Spritze und winkte Conny zu sich heran. »Guck mal, hier, die Fesselbeuge. Siehst du die Insektenstiche?«
Dr.
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