Grosser Auftritt fuer Sally
goldfarbenen Folienbeutel hervor. »Hier, probieren Sie mal.« Sie hielt Herrn Jensen die zerdrückte Tüte unter die Nase. »Das sind Prosper-Knusper-Kekse mit extradicker Nussfüllung. Gut, nicht?«
Kai Jensen fischte einen Keks heraus und biss hinein. »Hast Recht. Das lässt hoffen, dass ...«, kauend warf er einen Blick auf das Fax, ». . . dass die Räuberwaffel mit gefährlich cooler Zitronenfüllung auch ganz brauchbar wird.«
Wie konnte Herr Jensen dasitzen und Kekse futtern? Jetzt, wo die Reitschule kurz davor war, den Durchbruch zum internationalen Film zu schaffen?
Jule machte Kai Jensens ruhiges Geknusper neben sich ganz verrückt. Sie platzte vor Mitteilungsdrang, seit sie von dem Werbespot gehört hatte. Wenn sie doch nur jemand davon erzählen könnte! Unruhig wanderten ihre Augen über den Reiterhof. Wo Luisa und Bastian nur blieben! Die wussten ja noch nichts davon. Dass die wichtigsten Leute nie da waren, wenn es . . . Endlich! Oben, vom Birkenweg, bogen die beiden um die Ecke. Jule sprang von der Bank hoch und rannte ihnen entgegen. »Aufregung pur!«
Wild mit den Armen fuchtelnd, sprudelte Jule die Neuigkeit heraus. »Die wollen Robin Hood drehen. Bei uns.
Ein Werbefilm fürs Fernsehen. Wegen der neuen Waffel.« Ihre Stimme überschlug sich fast. »Postkutschenüberfall. Total abgedreht. Und unsere Pferde mittendrin. Ach, und wisst ihr...«
»Halt, Erbarmen!« Lachend hielt der blonde Vierzehnjährige sich die Ohren zu. »Mein Computer hier drinnen« - Bastian nahm eine Hand vom Ohr und tippte auf sein Stoppelhaar - »kommt nicht mit. Zu schnelle Eingabe. Mensch, Jule, schalt mal einen Gang runter.« Auch die zehnjährige Luisa sah einigermaßen verwirrt aus. »Was ist mit der Waffel?«
»Eine ganz heiße Sache«, nickte Conny, die Jule gefolgt war. »Stimmt wirklich.«
Dann erzählte sie, was geplant war: Für eine neue Waffel, die »Räuberwaffel«, sollte ein Spot fürs Werbefernsehen gedreht werden. »In der Art von Robin Hood«, erklärte Conny, »wie im Mittelalter.« Gefilmt werden sollte in der unheimlichen Landschaft am Erlenmoor, kurz vor dem Naturschutzgebiet. Das war nicht weit vom Hamburger Stadtteil Großmoorstedt, wo der Reiterhof Birkenhain lag. Acht Schulpferde sollten dabei sein und jede Menge action. Die Räuber erbeuten beim Kutschenüberfall kein Gold, sondern eine ganze Ladung der Räuberwaffeln, die an Kinder verteilt werden soll.
»An uns natürlich«, schloss Conny, »wir dürfen nämlich alle als Statisten mitspielen. Mit echten Kostümen.« »Wie - reiten wir denn nicht«, wunderte sich Luisa.
»nicht mal Jule?« Jule ritt am besten von der ganzen Mädchengruppe, wenn auch am wagemutigsten.
»Die Räuber müssen doch Erwachsene sein«, erklärte Jule ungeduldig. »Die bringen natürlich echte Schauspieler mit. Angeblich« - Jule machte eine Kunstpause und verdrehte die Augen -, »angeblich können die reiten.« Kai Jensen hatte sich das Gespräch bisher schweigend von der Bank her mit angehört.
»Haben die Herrschaften schon unterschrieben und den Vertrag zurückgeschickt?«, fragte er jetzt freundlich. Etwas zu freundlich. Die Jugendlichen machten betroffene Gesichter, denn jeder verstand die Botschaft, die dieser Satz enthielt: »Überlasst gefälligst mir die Entscheidung, wer wann wen reitet - und ob ich bei diesem Film überhaupt mitmache.«
Herr Jensen war ja im Grunde auszuhalten als Stallbesitzer und Reitlehrer. Aber manchmal, wie in dieser Minute, konnte er unerträglich sein. Wenn er zum Beispiel den Mädchen bei den unpassendsten Gelegenheiten aufs Butterbrot schmierte, dass es sein Stall war und seine Pferde. Jule sah ihn finster an. Hatte der Mann sich denn keine Gedanken gemacht, wer seine Pferde vom Reiterhof an den Drehort bringen sollte? Mit dem Hänger kam man ja kaum in diese abgelegene Gegend am Erlenmoor. Sie, die Mädchen, würden es doch wohl sein, die jedes einzelne Pferd hinreiten mussten. Er konnte sie also ruhig in seine Überlegungen einbeziehen, ohne dass ihm ein Zacken aus der Krone brach.
»Ich merke schon«, Kai Jensen gab Jule einen freundschaftlichen Knuff, »mit Jule hätte ich es bis ans Ende meiner Tage verdorben, wenn ich den Film ablehnen würde.« »Mit mir auch«, sagte Conny.
Kai Jensen schlug sein Notizbuch mit den Terminen für den Reitunterricht auf. »Aber vorher müssen wir sehen, welche Stunden sich verschieben lassen.«
Zehn Köpfe beugten sich über die schmale Kladde. »Hier, die . . . und die . . .«,
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