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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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letzten zwei Stunden vergingen wie im Flug.
     Sie ritten durch ein weites Tal zwischen Hügeln im Osten und Bergen im Westen, und die Erde war eben und tot. Nachher kamen
     die ersten Erhebungen, und als man sah, dass es Felsen waren mit glatten runden Kanten, senkte sich der Weg in eine tiefe
     Rinne. Die Pferde tasteten vorsichtig abwärts und bremsten mit gespreizter Hinterhand.
    »Tschagan-Burgussun!«, rief Ohnezehen, und da waren auch schon Bäume; Derresgras streifte die Steigbügel, und als ein Wässerchen
     den Weg kreuzte, zog Ohnezehen die Zügel.
    »Einhundertfünfzig Li«, sagte er; »Söhnchen, ihr seid brav geritten.«
    »Setz dich«, bat Großer-Tiger, als er sah, wie Ohnezehen wankte. »Kompass-Berg und ich wissen, was man tun muss.«
    Sie hatten selber schwere und unbewegliche Beine gekriegt, das merkten sie erst jetzt, aber es ging bald vorüber. Man musste
     nur einige Male fest auftreten. Sie sattelten ab, aber die Decken ließen sie auf den Rücken der Pferde liegen; sie banden
     die Pferde an einen Baum, und sie gingen, um trockenes Holz zu sammeln. Miteinander schleiften sie große Äste herbei, und
     sie fanden auch einen sandigen Platz, der zu ihrem Vorhaben passte.
    »Hast du ein Feuerzeug?«, fragten sie Ohnezehen, und Ohnezehen hatte eins.
    »Was wollt ihr machen?«, fragte er.
    »Wir machen einen geheizten Kang aus Sand«, erklärte Christian.
    Ohnezehen sagte, den kenne er nicht und er sei sehr neugierig. »Und wir«, sagte Großer-Tiger, »kennen dein Feuerzeug nicht,
     und wir sind auch neugierig.«
    Ohnezehen hatte sich so weit erholt, dass er aufstehen und bis zu dem Holzstoß gehen konnte.
    »Schwefelhölzer«, sagte er, »gehen aus, oder man hat keine, wenn man welche notwendig braucht. Steine und Stahl hat man immer,
     und ein Stück Zunder gibt es überall«. Er schlug Feuer, und Christian und Großer-Tiger bewunderten ihn dafür. Der Zunder glimmte,
     Ohnezehen blies ihn an, und dann nahm er ein Büschel trockenes Derresgras. Bald brannte das Feuer hell und überall zugleich.
     Es lief an den trockenen Zweigen den ganzen Stapel auf und nieder, es prasselte wie Gewehrfeuer, und dann fingen die dicken
     Äste an zu brennen. Eine hohe Flamme schlug in die Nacht, und der Widerschein stellte die schweigenden Bäume wie Kulissen
     um das erregende Schauspiel.
    »So viel Holz«, sagte Ohnezehen, »ist das nötig zu dem, was ihr machen wollt?«
    »Es ist nötig«, sagte Christian.
    »Du wirst gleich sehen, wozu es taugt«, sagte Großer-Tiger.
    Weil keine Schaufel da war, mussten sie die Hände nehmen, und es dauerte länger als in Durben-Mot, bis die Glut mit Sand bedeckt
     war.
    »Schlafen – gut schlafen«, sagten Großer-Tiger und Christian, und sie luden Ohnezehen ein, auf dem warmen Sand Platz zu nehmen.
    »Söhnchen«, sagte Ohnezehen, »dieses ist eine herrliche Sache.« Er deckte sich mit dem Mantel zu, und weil Großer-Tiger auch
     einen hatte, der ihm zudem weit über die Füße reichte, brauchte niemand frieren. Jeder hatte schön warm, und Christian legte
     die Pistole unter die Fellmütze. Eigentlichwollte er darauf schlafen, aber dann wurde ihm das Ding unbequem.
    »Ich glaube«, flüsterte Großer-Tiger, »man braucht nicht wach zu bleiben.«
    »Keine Bedenken deswegen«, flüsterte Christian, und er legte die Pistole zwischen sich und Großer-Tiger. »Ohnezehen ist ein
     Onkel der Rechtlichkeit.«
    Beide schliefen getröstet ein, und der Mond kam. Aber er war unscheinbar geworden und ganz dünn. Es blieb ihm auch nicht viel
     zu tun, denn gleich nach ihm kam der Morgen, aber Christian und Großer-Tiger wachten deshalb nicht auf. Erst als jemand Christian
     ins Gesicht blies und ihm sanft auf die Schulter tatzte, schlug er die Augen auf. Da war es helllichter Tag, die Sonne schien,
     und neben Christian lag der Pudel.
    »Seid ihr mit Schlafen fertig?«, erkundigte sich Ohnezehen freundlich.
    »Wir sind fertig damit«, sagte Christian und stand eilends auf.
    »Wie geht es der werten Gesundheit?«, fragte Großer-Tiger.
    Ohnezehen zog ärgerlich die Brauen zusammen. »Unsinn«, knurrte er, »habe ich nicht gesagt, dass ihr das lassen sollt? Kommt
     Tee trinken!«
    »Tee?«, rief Großer-Tiger erstaunt.
    »Ja, Tee«, sagte Ohnezehen, »es ist nicht eben viel, aber es gibt welchen.«
    Er saß neben einem Feuerchen, er hatte zwei Gabelstützen in die Erde gerammt und einen grünen Ast darübergelegt. An dem Ast
     hing eine Kupferflasche, die Ohnezehen als eiserne

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