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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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Wasserreserve in seinen Reisesack getan hatte. Nun dampfte sie. Christian
     und Großer-Tiger durften sich die Schalen zweimal füllen, denn Ohnezehen hatte schon gefrühstückt. Er hatte auch die Pferde
     losgebunden. Jetzt saß er mit untergeschlagenen Beinen auf einer Satteldecke und rauchte. Blaue stinkende Wölkchen schwebten
     in der Morgenluft.
    »Du hast da eine dicke Pistole«, bemerkte Ohnezehen.
    Christian kaute umständlich einen Bissen Fleisch, bevor er sagte: »Dein Neffe, der befehlende Herr Glück, hat sie mir geliehen.«
    »Er ist wohl sehr besorgt um dich.«
    »Er ist besorgt um uns alle«, behauptete Großer-Tiger.
    »Was mich anlangt«, sagte Ohnezehen, »hörte ich ihn was anderes sagen.«
    »Das tat er nur«, setzte ihm Großer-Tiger auseinander, »weil sein Geist verwirrt war. Deine Himmelskugel fiel ihm auf das
     Gehirndach, da hat es Schaden gelitten.«
    »Sein Hochmut ist schuld«, sagte Ohnezehen, »wozu stieg er auf die Truhe?«
    »Weil wir ihn darum baten«, rief Christian.
    »Unsinn«, knurrte Ohnezehen, »lässt sich huldigen wie ein Landeskönig.« Ohnezehen rauchte heftig. »Geschieht ihm ganz recht«,
     sagte er.
    Christian und Großer-Tiger wagten nicht zu widersprechen. Ohnezehen war nun einmal gegen jede Art von Höflichkeit und Herkommen;
     da war wenig auszurichten. Also frühstückte Großer-Tiger tapfer weiter, und Christian nahm einen neuen Bissen Fleisch in den
     Mund.
    »Kannst du«, fragte Ohnezehen nach einer Weile, und dabei blickte er auf die Pistolentasche, als ob es keine anderen Gegenstände
     gäbe, »mit so was umgehen?«
    Christian kaute heftig; Großer-Tiger aber schluckte geschwind, was er im Mund hatte und sagte: »Mein Freund Kompass-Berg ist
     ein sehr berühmter Pistolenschütze. Er braucht bloß ein bisschen zielen, und schon liegt der Fasan tot am Boden. Wir haben
     ihn dann gegessen.«
    »Wenn das so ist«, sagte Ohnezehen erfreut, »dann zeige mir, wie man es macht.«
    »Zeigen geht nicht«, erwiderte Großer-Tiger, »es ist viel zu gefährlich.«
    »Habt ihr Angst?«, fragte Ohnezehen.
    »Nicht sehr oft, aber es kommt vor«, gab Christian zu.
    »Jetzt zum Beispiel haben wir ein bisschen«, sagte Großer-Tiger.
    »Vor wem?«, fragte Ohnezehen geradezu.
    »Vor der Pistole«, antwortete Großer-Tiger höflich lächelnd.
    »Schade«, bedauerte Ohnezehen, »ich wollte Kompass-Berg um eine kleine Gefälligkeit bitten. Er ist ein Fremder von jenseitsder Meere, da dachte ich, macht es ihm nicht viel aus. Ja, das dachte ich, und weil wir allein in der Wüste sind.«
    Christian und Großer-Tiger schauten sich um, ob es auch so wäre, aber das Derresgras bewegte sich nicht, und hinter keinem
     Baum stand einer.
    »Wir möchten dir gern gefällig sein«, sagte Christian.
    »Wir nehmen auch schwierige Aufträge entgegen«, behauptete Großer-Tiger.
    »Ich hätte so einen«, sagte Ohnezehen. »Passt einmal auf. Wenn wir zum Beispiel wohin kommen, und wir begegnen einem, der
     wie ein schlechter Mensch aussieht, und wenn ich dann sage: ›Ziele ein bisschen auf diesen da, Kompass-Berg‹, – fällt er dann
     um?«
    »Vielleicht ist er langlebig«, gab Großer-Tiger zu bedenken. »dann dauert es länger.«
    »Zielen geht nicht«, erklärte Christian, »und schießen geht erst recht nicht. Glück sagt, man könnte Unannehmlichkeiten kriegen.«
    »Bei dem nicht«, versicherte Ohnezehen, »den kannst du ruhig   … ich meine, da macht es nicht viel aus, wenn so einer aus der Welt geht.«
    »Wir haben bereits einen ähnlichen Auftrag«, bekannte Großer-Tiger, »zwei auf einmal sind zu viel. So eine Menge Patronen
     haben wir nicht.«
    Ohnezehen schüttelte unwillig den Kopf. Er sagte: »Mein Auftrag verdient den Vorzug. Ich will es euch erklären. Hat euch«,
     fragte er, »Glück erzählt, wer ich bin?«
    Großer-Tiger und Christian nickten ernsthaft, und Großer-Tiger sagte vorsichtig: »Dein Neffe hat uns berichtet, dass dich
     beim Anblick eines Küchenmessers die Bedachtsamkeit verließ, die man bei Küchenmessern nötig hat.«
    »Es stimmt«, antwortete Ohnezehen, »aber die Menschen wissen von den meisten Dingen nur die Hälfte, die sie dann als das Ganze
     ausgeben.«
    »Erzähle«, bat Christian, »damit wir die fehlende Hälfte erfahren.«
    »Lasst uns nicht länger in Unwissenheit«, bat Großer-Tiger.
    Ohnezehen sagte gleichgültig: »Es gibt doch keine Hilfe«, aber er stopfte ein neues Pfeifchen mit grünem Machorka. Er strich
     den Bart glatt, und er fuhr

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