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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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Schong-Ma traf ich euch, und nun wisst ihr alles.«
    »Jetzt verstehen wir, was unklar war«, sagte Christian.
    »Wir danken für ehrenwertes Vertrauen«, sagte Großer-Tiger.
    »Zehntausendfachen Dank«, sagte auch Christian.
    »Gebt euerm Hund zu trinken«, mahnte Dampignak, »wir brechen auf, denn ihr seid zwanzig Tage im Rückstand. Der alte Gebieter
     in Urumtschi wird sehnsüchtig nach euch Ausschau halten.«
    Christian langte schnell nach der Wasserflasche, und Großer-Tiger machte sich mit der Essschale zu schaffen, denn etwas anderes
     hatte er nicht, um den Hund trinken zu lassen. Beide waren sehr eifrig, und so sahen sie nicht, wie der Uralte-Herr Mondschein
     zulächelte und wie Mondschein sich breit grinsend auf die Brust tatzte, dahin, wo seiner Meinung nach bei Christian der Brief
     des Generals Wu steckte.
    »Jabonah«, rief Dampignak, legte die Gebetskette um den Hals und schritt auf sein Pferd zu. Der Pudel schlabberte dankbar
     das Wasser, er soff schweifwedelnd die ganze Flasche leer, und da stand auch schon Mondschein und hielt die Pferde am Zügel.
     Sie saßen auf.
    Der leichte Wind, den die Bewegung schaffte, wurde stärker. Dampignak ritt einen noch schärferen Trab, aber vielleicht griffen
     die Pferde von selbst besser aus als vorher, denn weder Dampignak noch Mondschein nahmen je den Daschior zu Hilfe. Er hing
     lose am rechten Handgelenk; die lederne Zunge wehte im Wind oder streifte am Boden, wenn der Reiter den Arm fallen ließ. Dampignak
     änderte die Richtung.
    Es ging nach Süden auf eine Bergkette zu, die aus der steinigen Ebene aufstieg. Sand gab es auch, aber er lag nie höher als
     eine Handbreit. Man spürte den harten Boden darunter, und der Pudel trottete zufrieden hinterdrein, wenn die Pferde in Schrittfielen. Sobald aber der Sand aufhörte, begannen die Pferde zu traben, und es war, als wollten sie das Versäumte nachholen,
     je näher sie den Bergen kamen. Die Berge waren nicht hoch, und eine markante Erhebung gab es nicht. Trotzdem trug einer der
     vielen Gipfel ein Obo, und es war deutlich, dass Dampignak darauf zuhielt.
    Kurz bevor die Steigung begann, trafen die Reiter auf einen Karawanenweg, der von Norden kam, und Christian holte das Westliche-Blatt
     aus der Tasche. Sie ritten mit lockeren Zügeln nebeneinander.
    »Zeige mir deine Karte«, sagte Dampignak.
    »Wo sind wir jetzt?«, fragte er, nachdem er das Blatt lange betrachtet hatte und es Christian zurückgab; »ich kann diese Schrift
     nicht lesen.«
    »Sie ist englisch«, beugte Christian vor, »und es gibt viele Worte, die ich nicht lesen kann, weil sie schwierig sind. Leider
     gibt es«, fügte er bedauernd hinzu, »mehr schwierige als leichte Worte, besonders auf Karten.«
    »Hammaguä«, sagte Dampignak, »darauf kommt es nicht an.«
    »Ich glaube«, sagte Christian und buchstabierte im Stillen, »wir kommen jetzt in die Berge, die Boro-Ula heißen.«
    »Wir sind schon darin«, bestätigte Dampignak; »auch der Verdeckte-Brunnen liegt in den Boro-Ula-Bergen.«
    »Dann«, sagte Christian erleichtert, »ist dies eine Karawanenstraße, die nach Sutschou führt.«
    »Gut«, lobte Dampignak; »aber was steht hier geschrieben?« Und er deutete auf die gekreuzten Hämmerchen.
    Christian wurde unsicher, obgleich es ihn nichts anging, was für Unsinn die Kartenzeichner auf die Karten schrieben.
    »Wir werden gleich dort sein«, ermunterte Dampignak; »wenn man eine Karte hat, muss man vorher wissen, was es unterwegs alles
     gibt. Sonst braucht man sie nicht erst kaufen.«
    »Wir haben sie geschenkt bekommen«, entschuldigte Christian. »Das macht keinen Unterschied. Der General Wu«, klopfte Dampignak
     auf den Busch, »wird euch keine Karte schenken, die nicht taugt.«
    »Er kann nichts dafür«, sagte Christian, »wenn die Leute, die dieKarten machen, etwas daraufschreiben, was es in der Wüste nicht gibt.«
    »Und was gibt es nicht?«
    »Gold«, sagte Christian; »neben den Hämmerchen steht: Alter Goldfundort, und ich weiß wirklich nicht   …«
    »Keine Entschuldigung deswegen«, unterbrach ihn Dampignak, »die Kartenmacher wissen mehr als die Kaufleute, die daran vorüberziehen,
     am Brunnen die Kamele tränken und keine Ahnung haben, dass man dort einmal Gold gegraben hat.«
    »Einen Brunnen gibt es auch?«, fragte Christian.
    »Erst seit kurzem«, sagte Dampignak; »er war verschüttet, aber ich ließ ihn ausgraben, und darum wissen es die Leute jenseits
     der Meere noch nicht. Du kannst es ihnen sagen,

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