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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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oder eben dieser Schong-Ma ein schrecklich
     schlechter Mensch ist, aber wir haben ihn verraten, und das ist auch schlecht.«
    »Dem Gemeinen zersplittert das Haus ohne Zutun«, erwiderte Mondschein. »Als ich mit Donnerkeil die Burg betrat, wusste der
     Fürst bereits, dass Grünmantel Schong-Ma ist. Ihr habt also nichts verraten. Wie das kam? Nun«, sagte Mondschein, »es kam,
     wie es endlich kommen musste, und weil wir Freunde haben. Ihr wisst, dass wir mit dem Gouverneur von Kansu Krieg führten und
     dass er den Krieg verlor. Er ist unser Nachbar im Süden. Im Westen aber ist Sinkiang, und der alte Gebieter in Urumtschi ist
     uns freundlich gesinnt.«
    »Ist es der, den man Yang-Tsen-Hsin nennt?«, erkundigte sich Christian.
    »Er heißt so«, sagte Mondschein, »und er ist mit uns zufrieden, weil wir die Handelswege beschützen. Die Karawanen gehen unbesorgt,
     und der Handel blüht. Deshalb tun uns die Grenzsoldaten Yangs manchen Gefallen, und wenn wir mit ihnen bei Möng-Schui zusammentreffen,
     erfahren wir allerlei. Sie sagten uns, dass der große Kaufherr Grünmantel vor einem Vierteljahr eine Audienz beim alten Gebieter,
     betreffend den Räuber Dampignak, erbeten habe. Da beschloss der Fürst, auf diesen Herrn aufzupassen.
    Wir brachten bald heraus, dass Grünmantel eine Niederlassung in Hsing-Hsing-Hsia habe und dass seine Karawanen nur auf der
     Seidenstraße gingen. Von da an streiften unsere Leute südwärts bis zur Seidenstraße. Von Zeit zu Zeit durchschnitten sie den
     Telegrafendraht, der dort an Pfählen festgemacht ist. Wenn der Draht entzwei ist, kann niemand einen Blitzbrief senden, aber
     die Nachrichten-Leute wissen sich zu helfen. Sie schicken einen Boten mit den Telegrammen zur nächsten Station, bis der Draht
     wieder ganz gemacht ist. Diesen Boten fingen wir ab, aber wir taten ihm nichts Böses. Wir nahmen ihm nur die geschriebenen
     Blitzbriefe weg, nachdem wir ihm erlaubten, sie abzuschreiben und weiterzubefördern, damit der alte Gebieter in Urumtschi
     uns nicht zürne und damit der Handel keinenSchaden leide. Diese Blitzbriefe brachte ein eiliger Reiter in die Burg, und der Fürst las sie. Es waren aber bloß zwei darunter,
     die ihm wichtig schienen. Der erste kam vor beinahe einem Monat, und er war an den alten Gebieter in Urumtschi gerichtet.
     Doch ich weiß nicht genau, was darin stand, denn da war ich noch beim Sunit-Wang.«
    »Pfötchen!«, rief Dampignak mahnend herüber. Er stand auf und kam langsam die zehn Schritte gegangen. Mondschein grinste verlegen.
    »Du sollst keine Lügen loslassen«, sagte Dampignak ernst.
    »Ich weiß nur die Hälfte oder weniger«, verteidigte sich Mondschein, »ich war nicht dabei.«
    »Pfötchen«, sagte Dampignak, »wenn du den Mund öffnest, so öffne ihn ganz. Ich will es euch sagen, meine Kinder.«
    Dampignak setzte sich zwischen Großer-Tiger und Christian.
    »Im ersten Blitzbrief stand geschrieben: ›An Seine Exzellenz Yang-Tsen-Hsin, Marschall von China, Tih-Hua-Fua. Sende Euch
     heute Kompass-Berg und Großer-Tiger. Ankunft in etwa zehn Tagen. Wu-Pei-Fu.‹ Dieser Blitzbrief kam aus Hwai-Lai-Hsien«, sagte
     Dampignak lachend. Es war aber nur für einen Augenblick, und der Uralte-Herr sprach weiter, als habe er die erschreckten Augen
     Christians und das Blinzeln Großer-Tigers nicht bemerkt. Wahrscheinlich sah er auch nicht, wie Christian nach der Brusttasche
     griff, denn sein Blick war geradeaus gerichtet auf etwas, was es da gab. Auf einen Stein vielleicht oder auf die Kupferflasche
     Ohnezehens, die dicht vor ihm am Boden lag.
    »Damals«, sagte Dampignak, »wusste ich nicht, wer Kompass-Berg und wer Großer-Tiger sei. Jetzt weiß ich es.«
    Wieder machte er eine kurze Pause, als warte er darauf, ob einer was sage. Aber Christian rührte sich nicht, und Großer-Tiger
     schwieg beharrlich. Sie warteten voll Angst, ob Dampignak an das Geheimnis des versiegelten Briefs rühre oder ob die Gefahr
     vorüberginge.
    Dampignak sagte: »Der zweite Blitzbrief, den ich abfing, hieß ›An Li-Yüan-Pei in Hami. Sendet vierzig Kannen Benzin nach Hsing-Hsing-Hsia
     eilig. Schong-Ma.‹ Eine Stunde später ritt ichzum Edsin-Gol, ich ritt Tag und Nacht, denn ich hoffte, Schong-Ma zu erwischen. Das Telegramm kam aus Aschan, und ich dachte,
     er käme auf dem südlichen Weg über die Schwarze-Stadt gefahren. Ich suchte den alten Märin auf, der mir von Grünmantel berichtete.
     So erfuhr ich, was mir unbekannt war, aber ich kam zu spät. Statt

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