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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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mit seinem derben fröhlichen Gehaben
     die Schläfer aufrüttelte und um den Teekessel versammelte.
    Viel gesprochen wurde nicht. Dämbit, der Pilger, ging hinaus, um vor Sonnenaufgang den Seelen der Abgeschiedenen ein Trankopfer
     zu bringen, und als er wiederkam, gab es Tee mit Hirse; und Mondschein tat überall ein wenig Butter hinein. Christian hörte,
     wie die beiden Kamelmänner ihr Zelt niederlegten, und wie sie die Kamele zum Aufbruch bereit machten. Sie hatten keine Pferde.
    »Wir reiten«, sprach Dampignak, »du Dämbit, magst mit den beiden Männern ziehen. Sie werden dir den Weg zeigen. Vorher bitte
     ich dich, den Teil unserer geringen Habe zu nehmen, der dir zusteht.«
    Er stand auf, und Dämbit folgte ihm. Als auch Mondschein das Zelt verließ, gingen Christian und Großer-Tiger hinterdrein.
     Da war auf einer Decke alles ausgebreitet, was die Männer Dampignaks an Lebensmitteln mitgebracht hatten, und auch die Reisesäcke
     von Christian und Großer-Tiger waren geleert worden. Aus alldem waren sieben Häufchen gemacht: sieben Häufchen Mehl, sieben
     Häufchen Hirse, siebenmal Dörrfleisch und Käse, siebenmal ein wenig Tee und siebenmal noch weniger Salz.
    Dämbit verneigte sich vor Dampignak. Er sagte: »Reist in Frieden«, aber mehr sagte er nicht. Dann ging er zu seinem Kamel,
     nahm ein leeres Säckchen vom Sattel und tat das Mehl hinein, das ihm gehörte. In seiner Gürteltasche versorgte er die Hirse
     in der einen Hälfte, und Käse und Tee in der andern.
    Das Salz tat er in eine runde Holzbüchse, und das Fleisch schnallte er hinten auf den Sattel. Großer-Tiger und Christian standen
     dabei und schauten verwundert zu. Während die beiden Männer Dampignaks ihre Teile wieder versorgten und das Fleisch und den
     Käse, etwas Tee und Salz wieder in die Reisesäckevon Christian und Großer-Tiger füllten, sagte Mondschein leise: »So will es das Mongol-Joss. Das Gesetz Dschingis-Khans befiehlt,
     dass der Wanderer ehrlich teilen soll mit dem, der nichts hat; und man darf dafür keinen Dank verlangen und auch nicht annehmen.«
    »Und alle Mongolen befolgen dieses Gesetz?«, fragte Christian.
    »Alle«, sagte Mondschein.
    Dampignak ging nicht mehr ins Zelt zurück. Er blieb neben Dämbit stehen und sah dem Aufbruch zu. Christian und Großer-Tiger
     halfen beim Zeltabbauen und beim Einrollen, aber als sie die Kamele beladen wollten, rief Dampignak: »Wartet zwei Augenblicke.«
    Er ging mit Dämbit zu dem Platz, wo die Kamele lagen.
    »Höre, Dämbit«, sagte er, »diese vier Kamele gehören mir. Ich möchte deines eintauschen, weil es jung ist und weil es mir
     gefällt. Darum bitte ich dich, von diesen vier eines auszuwählen, das dir gefällt.«
    »Wie kann das sein?«, fragte Dämbit. »Mein Kamel ist mager und kraftlos.«
    »Was ich sage, gilt«, antwortete Dampignak.
    Da verneigte sich Dämbit scheu. Er murmelte: »Dank, jetzt ist alles zum Besten gediehen«, und dann wollte er sich das geringste
     der Kamele nehmen.
    »Dieses nicht«, befahl Dampignak, und er ging selbst, nahm das kräftigste Tier am Strick und führte es Dämbit zu.
    »Ich danke dir, Dämbit«, sprach der Uralte-Herr, »dass du meinen Wunsch erfüllt hast. Reise in Frieden.«
    Er verneigte sich kurz; dann ging er zu den Pferden, und Dämbit sah ihm nach.
    »Mach dir nichts draus«, sagte Mondschein, und er klopfte Dämbit zum Abschied auf die Schulter, »er ist nun einmal so, verstehst
     du. Er ist ein Nojen.«
    »Reist leicht und in Frieden«, wünschten Christian und Großer-Tiger, und sie folgten Mondschein zum Sattelplatz, wo einer
     der Kamelmänner die Pferde am Zügel hielt.
    »Tangat ist nicht gekommen«, sagte Dampignak.
    »Ich werde ihm ins Gesicht treten«, rief Mondschein wütend,»ist denn heutzutage auf niemand mehr Verlass?«, Und er machte sich mit der Pistolentasche zu schaffen. Er schaute hinein,
     ob auch was drin war.
    »Jabonah!«, rief Dampignak.
    Alle saßen auf. Der Uralte-Herr sprach vornübergebeugt mit seinem Hengst und hielt die Zügel straff. Als er sie losließ, schoss
     der Hengst davon und sprengte die Hügel hinan. Sand und kleine Steine flogen.
    »Sä Jabonah«, rief Dämbit. Er stand aufrecht und winkte, aber plötzlich hörte er auf damit und beugte das Knie zum Fußfall
     der Verehrung. »Das Pferd des roten Lama«, rief er bestürzt, und er kniete noch immer, als Mondschein mit Christian und Großer-Tiger
     an ihm vorüberritt und den Daschior hob. Die Pferde fingen an zu galoppieren,

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