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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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einem Haufen beisammenstanden.
     Weiter weg wurden sie größer und höher, und schließlich wurden Berge daraus. Aber die Berge sah man nicht, denn es war Nacht,
     und Mondschein begnügte sich damit, hinter der ersten Reihe der Maulwurfshügel entlangzuschleichen. Als er gegenüber der Festung
     Möng-Schui anlangte, machte er halt und trat vorsichtig an den Rand der Ebene. Zwischen ihr und der Hügelkette lief ein breites
     Geröllband, und Großer-Tiger und Christian merkten, dass es das leere Flussbett aus dem Steinbachtal war.
    Dahinein mündete ein trockener Graben, der in gerader Linie von der dunklen Festung herkam. Mit raschen Schritten überquerte
     Mondschein das Flussbett, und als er den Graben erreichthatte, setzte er sich mitten hinein und winkte Großer-Tiger und Christian zu sich.
    »Dieser Graben«, flüsterte er, »führt direkt zum Wassertor.«
    »Die müssen einmal viel Wasser gehabt haben«, sagte Christian.
    »Es heißt«, erwiderte Mondschein, »dass im Innern der Burg ein unerschöpflicher Brunnen war. Da konnten sie Wasser vergeuden,
     so viel sie wollten, und in den Ablaufgraben schütten. Darum ist er so tief.«
    »Es ist ein Elend«, sagte Großer-Tiger, »die Fülle bedeutet Anlass zur Trauer.«
    »Ein wahrer Jammer«, pflichtete Mondschein bei. »Jetzt gibt es nur einen kleinen Brunnen außerhalb, wo Ma lagert, aber das
     Wasser ist schlecht.«
    »Glück sagt, das käme von der würdelosen Zeit«, bemerkte Großer-Tiger.
    »Jabonah!«, mahnte Christian, »sonst wird es auf einmal Tag, und wir sitzen hier.«
    »Keine Bedenken deswegen«, sagte Mondschein und blickte nach den Sternen. »Bis die Sonne kommt, haben wir noch drei Stunden.«
    »Mongolische oder andere?«, erkundigte sich Großer-Tiger.
    »Andere, versteht sich«, sagte Mondschein, »wir gehen mit der neuen Zeit. Rotbärte müssen fortschrittlich sein.« Er stand
     auf und ging durch den Graben voran. Anfangs konnte er aufrecht gehen, und Großer-Tiger und Christian vermochten nicht über
     den Grabenrand zu blicken, obschon er an vielen Stellen eingebrochen war. Aber lange dauerte es nicht, und Mondschein musste
     sich bücken, um nicht gesehen zu werden, wenn ja einer um den Weg war. Schließlich ging auch Gebücktgehen nicht mehr, und
     Mondschein krabbelte auf allen vieren der Festungsmauer entgegen. Christian und Großer-Tiger krochen hinterdrein. Der alte
     Wassergraben war zu einer versandeten Rinne geworden, die sich den Burghügel steil hinaufzog.
    Mondschein schnaufte, Christian kam es komisch vor, dass sie mitten in der Nacht Räuber und Gendarm spielten, aber Großer-Tiger
     tat der schöne neue Mantel leid.
    Die Festungsmauern von Möng-Schui waren aus Lehmziegeln erbaut wie die Mauern von Edsina. Die Wände waren glatt verstrichen
     und hoch wie ein Turm. An vielen Stellen war der Verputz abgebröckelt. Dann sah man die Lehmziegel, die ebenfalls bröckelten,
     aber das machte nicht viel aus, denn die Mauern waren dick. Das merkten Christian und Großer-Tiger, als sie vor dem Wassertor
     ankamen. Es war ein dunkles Loch, und sehen konnte man überhaupt nichts anderes, als dass man gebückt hineingehen konnte.
     Drinnen war es wie in einem Schilderhaus. Man konnte oben an die Decke langen, und Großer-Tiger fuhr auch gleich mit der Hand
     darüber hin. Deutlich spürte er die Löcher, in denen einmal die Eisenstangen des Gitters gesteckt hatten. Es mussten beinahe
     armdicke Stangen gewesen sein, die eng nebeneinander gestanden hatten. Ein Feind hätte kaum mit der Hand durchlangen können.
     Aber Eisenstangen sind wertvoll, und deshalb waren sie lange fort.
    »Es tut mir leid«, sagte Mondschein, »jetzt seid ihr dran. Hier komme ich nicht gut durch. Im Anfang geht es, aber nachher
     geht es nicht mehr. Ich bin zu dick.«
    Christian und Großer-Tiger betrachteten das dunkle Loch in der Rückwand. Sie befühlten die Ränder der brüchigen Lehmziegel
     an der Decke und an den Seitenwänden. Auf der Sohle lag hereingewehter Sand. »Mal sehen«, sagte Christian, »ob wir durch diesen
     Kanal in die Festung kommen.«
    »Wir wollen es probieren«, sagte Großer-Tiger.
    Sie wickelten die Schärpen los, sie zogen die Mäntel aus, und die schönen Hüte legten sie obendrauf.
    Mondschein setzte sich unter das Wassertor und schaute in die Nacht hinaus. Drüben erhob sich das Gewimmel der kleinen Hügel,
     und dahinter sah man die größeren, aber die Berge sah man nicht. Sie waren weit weg und versanken im Dunkel. Zwischen

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