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Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
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spricht die gewöhnliche Sprache der Kansu-Dunganen,
     und ein halber Sarte ist er auch. Ihr würdet ihn nicht verstehen, und es ist ein Elend.«
    »So sprich du«, sagte Mondschein.
    »Ich werde alles für die jungen Herrn sagen«, begann Kao-Scheng, »denn ich kenne die Geschichte vom Kopf bis zum Schwanz.
     Es ist schon so, wie Hu sagt, ganz gewiss ist es so. Hu traf Herrn Grünmantel gleich hinter Hsing-Hsing-Hsia, als er dahergebraust
     kam, und der Himmel verfinsterte sich. Trotzdem hob Hu sein Gewehr, denn er ist ein tapferer Soldat, und Grünmantel sollte
     merken, dass wir an der Grenze aufpassen. Herr Grünmantel hielt, und sein Herr Geschäftsführer, nämlich der von Hsing-Hsing-Hsia,
     saß neben ihm. ›Siehst du nicht‹, rief der Herr Geschäftsführer, ›dass wir es eilig haben?‹ ›Halte den Mund‹, sagte Grünmantel,
     ›es freut mich, wenn die Herren Grenzsoldaten Obacht geben.‹ ›Wohin des Wegs?‹ fragte Hu, und Herr Grünmantel sagte: ›Nach
     Hami.‹ Da wunderte sich Hu sehr und sagte: ›Ich erdreiste mich zu fragen, warum die Herren nicht auf der Seidenstraße fahren,
     wo es bequem ist, statt mitten durch die Wüste, wo es unbequem ist und ein Umweg dazu.‹ ›Ich will es dir erklären‹, sagte
     Herr Grünmantel freundlich, ›wir fahren hier, weil ich den nördlichen Weg erproben will, und weil man vieles wissen muss.
     Außerdem habe ich in Tasch-Bulack Geschäfte.‹ ›Ach so‹, sagte Hu, und dann fuhren die Herren weiter, und der Himmel verfinsterte
     sich wieder.
    Es war sozusagen ein Erdbeben. Noch lange hörte Hu das Geschepper der vielen leeren Kannen, die auf dem Wagen waren. Hu sagt,
     es klapperte wie in des Teufels Knochenmühle. Ich sage, dass es ein außergewöhnlicher Lärm war, ein Donner sozusagen, aber
     ich hörte ihn nur von ferne.«
    Mondschein begann zu fluchen, aber der Uralte-Herr untersagte es ihm.
    »Nun, nun«, lenkte Kao-Scheng ein, »vielleicht lässt sich da was machen. Wir haben ja«, begann er hoffnungsvoll, »die Blitzbrief-Station
     in Hsing-Hsing-Hsia. Wenn die jungen Herrn nach Hami zu telegrafieren wünschen, das wäre doch eine Möglichkeit.«
    »Wie kommt man von hier nach Hsing-Hsing-Hsia?«, fragte Christian.
    »Es ist gar nicht weit«, versicherte Kao-Scheng fröhlich, »zwei Tagesritte, dann ist man dort. Früher ging es schneller, aber
     früher ist lange vorbei.«
    »Und was war früher?«, fragte Großer-Tiger.
    »Wir sind nämlich in Eile«, sagte Christian.
    »Ei ja!«, rief Kao-Scheng bedauernd, »früher gab es den direkten Weg über Fallende-Wand. Das war ein Weg, sage ich euch. Alle
     Karawanen, die nach Norden zogen, benützten ihn, und die, die vom Nordweg kamen und müde waren, ruhten sich in Fallende-Wand
     aus. Einen richtigen Bach gibt es dort, er ist mindestens dreihundert Fuß lang oder noch viel länger, und Gras und Bäume und
     eine Felswand, hoch wie der Himmel, mit Höhlen darin. Man brauchte in Fallende-Wand keine Zelte aufstellen; man ging in die
     Höhlen und hatte warm. So war das früher.«
    »Und jetzt?«, fragte Christian, »ist in Fallende-Wand etwas passiert?«
    »Es ist was passiert«, bestätigte Kao-Scheng, »aber es ist schon lange her, und man braucht nicht darüber reden.«
    »Wir hören gerne zu«, versicherte Christian.
    »Sprecht, Hauptmann«, fiel Dampignak ein, »wir haben Zeit.«
    »Es ist eine Ehre für mich«, sagte Kao-Scheng und verneigte sich gegen den Uralten-Herrn, »ich sage, es ist eine Ehre für
     mich, darüber zu berichten, obgleich ich nicht dabei war, denn sonst wäre ich nicht mehr hier. Vor zehn Jahren nämlich, ich
     glaube solange ist es schon her, oder sind es elf?«
    »Nehmen wir an, es sind elf«, sagte Mondschein ungeduldig, »und es war Sommer.«
    »Also vor zehn Jahren«, fuhr Kao-Scheng fort, »als es wieder einmal Winterchen war, lagerte eine Karawane in Fallende-Wand.
     Es wehte ein Ostwind, und er blies den Rauch in die Höhlen, denn irgendwo sind auch Höhlen offen, sonst wären es keine. Weil
     also der Rauch die Höhlen füllte, machten die Leute ein großes Feuer im Freien, und sie setzten sich um das Feuer und aßen,
     was es gab. Meiner Meinung nach«, sagte Kao-Scheng, »gab es was Ausgezeichnetes, denn die Karawane reiste in amtlichem Auftrag,
     und man weiß, wie es da hergeht. Man weiß aber nicht, ob es Nacht war oder Tag. Ich für mein Teil glaube, dass es Nacht gewesen
     sein muss. Jedenfalls tat es einen entsetzlichen Donnerschlag, und dann stürzten

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