Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
Vom Netzwerk:
geblieben.«
    Eine Zeitlang sagte keiner was, aber dann begann Großer-Tiger wieder. Er sagte leise vor sich hin: »Beharrlichkeit bringt
     Heil« und »Durch Fortschreiten erreicht man den rechten Platz.«
    »Was murmelst du da?«, fragte Mondschein.
    »Sein Großvater murmelt«, erklärte Christian, »er hat nämlich einen, und man muss diesem Großvater vertraun, weil er ein Weiser
     ist.«
    »Will dein Großvater haben, dass ihr in die Erde kriecht, und die Luft bleibt euch weg?«
    »So ist es nicht gemeint«, setzte Großer-Tiger auseinander, »man sollte aber nichts unversucht lassen, weil es ein Ding zwischen
     den Mundwinkeln gibt, das man Durchbeißen nennt.«
    »Ich sehe«, sagte Mondschein, »bei euch gibt es keine Besserung.« Er stand auf. »Diesmal krieche ich hinterdrein«, sagte er,
     »wenigstens, so weit ich komme.«
    Allein Christian und Großer-Tiger widersprachen. Sie sagten, dass jeden Augenblick einer kommen könne, auf den man aufpassen
     müsste, und Mondschein gab es zu. »Ihr habt recht«, sagte er, »deshalb sind wir hier, und man muss an vieles denken.«
    Er postierte sich wieder unter dem Wassertor, und Großer-Tiger sagte leise zu Christian: »Bisher haben wir alles gemeinsam
     gemacht, Kwi-Schan.«
    »Dabei soll es bleiben«, antwortete Christian, und weil er wusste, was Großer-Tiger meinte, ließ er ihm ohne Widerrede den
     Vortritt.
    Zuerst holte Großer-Tiger die Stiefel aus dem Schacht, und Christian stellte sie dahin, wo Mondschein saß.
    »Wie ist das Befinden?«, erkundigte sich Mondschein sorgenvoll.
    »Ich sehe nach«, versprach Christian, und er kroch schleunig in die Röhre, in der Großer-Tiger wie ein Pfropfen steckte und
     wühlte. Christian wartete darauf, dass Großer-Tiger ihm Sandund Lehmbrocken zum Hinausräumen zuschiebe, aber Großer-Tiger tat nichts dergleichen.
    »Gibt es eine Stockung?«, rief Christian ängstlich.
    Statt einer Antwort bekam er einen Tritt ins Gesicht, weil Großer-Tiger ausgerutscht war, als er sich mit den Zehen gegen
     den Boden stemmte. Daran merkte Christian, dass die Sache günstig stand: Großer-Tiger kam vorwärts.
    An der Einbruchstelle lag ein Haufen lockerer Lehmstaub mit Sand und Brocken, aber Großer-Tiger spürte einen Lufthauch, der
     darüber strich, und ganz oben erblickte er ein Stückchen Himmel mit einem Stern darin.
    Der Weg zurück ist lang, dachte Großer-Tiger, und er begann das Hindernis vor sich herzuschieben. Es ging leichter, als er
     vermutet hatte. Jetzt, dachte Großer-Tiger, und dann stemmte er die Füße gegen den Boden, und auf einmal ging es. Die Zehen
     rutschten aus, und Großer-Tiger trat hinter sich, aber es ging. Er kroch über das, was noch im Weg lag, und er sah, dass er
     in einer Höhle war, ähnlich wie die, in der Mondschein saß, bloß dass sie von außen her halb mit Schutt gefüllt war, und dass
     es deshalb keinen freien Ausgang gab. Es gab nur das Stückchen Himmel unter der Decke mit dem Stern darin.
    »Hallo!«, rief Christian leise.
    »Selber Hallo!«, rief Großer-Tiger, und machte Platz für Christian, der eben aus dem Stollen kroch.
    »Wo sind wir«, flüsterte Christian, »hast du das schon herausgekriegt?«
    »Noch nicht genau, aber unter der Mauer sind wir durch. Ich will es Mondschein sagen.«
    Gemeinsam räumten sie den Eingang zum Schacht frei, und dann verschwand Großer-Tiger, um Mondschein den gelungenen Durchbruch
     zu melden.
    Christian sah sich um. Weil nicht viel zu sehen war, tastete er die Gegend ab. Die Höhle, das merkte auch Christian, war ganz
     wie die andere. In der Decke gab es die Löcher für die Eisenstangen, die nicht mehr da waren, und wahrscheinlich hätte man
     ebener Erde hinausspazieren können, wenn nicht der Schutthaufen den Ausgang versperrt hätte. Christian kletterte auf denweichen Hügel von zerbröckelten Lehmziegeln, Scherben und Holz, der schräg hereinragte, und steckte den Kopf durch den freien
     Raum unter der Decke. Er reckte den Hals, doch deshalb sah er nicht mehr als rechts den hohen Schuttkegel, auf dessen Ausläufer
     er saß, und links die dunkle Festungsmauer. Darüber gab es Himmel und Sterne. Es war immer noch Nacht.
    Christian lauschte angestrengt, aber es blieb still wie in einem Totenhaus. Anfangs wollte er den hindernden Schutt beiseite
     schieben und auf allen vieren ins Freie kriechen, aber dann besann er sich, weil er an Großer-Tiger dachte und was der dazu
     meinte.
    Also zog Christian den Kopf zurück, rutschte den

Weitere Kostenlose Bücher