Großer-Tiger und Christian
vorhabende Arbeit jetzt ausgezeichnet beginnen. Du und du und ich,
wir alle zusammen kein Wort mehr verlieren, und auch nicht husten etwa.«
»Wir husten nicht«, sagte Christian.
»Unsere Arbeit pressieren«, erklärte Bator und deutete auf den hell leuchtenden Morgenstern; »schnell verrichten besser, als
Worte sagen.«
Er steckte die Hände in die Mantelärmel und ging, als ob alles klar wäre, der Herberge »Fröhliches Gedeihen« zu. Christian
und Großer-Tiger folgten ihm, obgleich sie gerne gewusst hätten, was Bator vorhabe, denn bisher waren seine Unternehmungen
nicht verborgen geblieben, so heimlich er sie auch betrieben hatte. Das Kamel hob den Kopf und schaute ihnen nach. »Das sehr
gutes Kamel«, flüsterte Bator, »verstehen genau, was los sein etwa.«
Christian sagte leise, er wisse nicht, was los sei, aber Bator gab keine Auskunft mehr.
Als sie an der Hofmauer von »Fröhlichem Gedeihen« anlangten, wo Bator an dem Strick hinaufgeklettert war, schwenkten sie um
und gingen statt zum Tor bis zu der nächsten Ecke. Hier hörte die Mauer auf und ging in die Rückwand der Wohngebäude über,
die den Hof nach Norden abschloss. Drei viereckige Löcher waren im Abstand von einigen Metern vom Boden aus in die Wand eingelassen.
Zwei waren verräuchert, und vor den Löchern lag eine Menge verschneites Kleinholz und Reisig. Christian und Großer-Tiger wussten,
wozu das war. Man schob das Reisig in die Löcher, zündete es an, und dann erwärmte sich drinnen in der Stube der Kang.
Bator ging jetzt sehr vorsichtig und machte Zeichen, dass man furchtbar aufpassen müsse. Als er bei dem ersten Loch anlangte,
wo es kein Reisig und keine rauchgeschwärzten Ränder gab, blieb er stehen, zwinkerte mit den Augen, und dann zog er den Pelzmantel
aus und legte ihn auf den Boden halb in das Lochhinein, damit kein knackendes Geräusch entstand, wenn doch irgendwo ein Hölzchen liegen sollte.
»Das ist die Stube mit dem Kang, der nicht ausgemauert ist«, flüsterte Christian, und Großer-Tiger nickte.
Bator, der schon niedergekniet war, hob beschwörend den Zeigefinger zum Mund, und Christian nahm sich vor, von jetzt an kein
Wort mehr zu sprechen. Einer nach dem andern kroch auf allen vieren in das dunkle Loch, das sich zu einem Hohlraum erweiterte,
in dem man zur Not gebückt sitzen konnte. Gemütlich war es deswegen nicht. Runde Stangen und quer laufende Knüppel bildeten
die Decke. In die Zwischenräume war Stroh gestopft und Lehm geschmiert; aber die Arbeit war nachlässig gemacht, und niemals
hätte man einheizen können. Bator angelte seinen Pelzmantel, legte ihn um die Schulter, und dann wartete er, ob sich nichts
rege, Christian und Großer-Tiger warteten auch. Sie waren mäuschenstill, und man hörte nur die Atemzüge von zwei Schläfern.
Das waren Glück und Grünmantel. Einmal wälzte sich einer im Schlaf auf die andere Seite, und dabei gab es einen dumpfen Schlag.
Vermutlich war es Glück, der die Pistolentasche mit der Pistole darin auch nachts nicht ablegte. Dann war es wieder ruhig,
bis ein leises Fingerkrabbeln begann; und es war furchtbar aufregend, weil jeden Augenblick etwas geschehen konnte.
Es geschah aber nichts. Bator bückte sich hin und wieder und schaute durch das Loch ins Freie, um zu erfahren, ob es draußen
hell würde. Als man denken konnte, das Schwarz des Himmels sei vielleicht nicht mehr ganz so schwarz, und der Schnee sei nicht
mehr so grau wie vorher, und am Ende seien die Sterne ein wenig blasser geworden und die Nacht wiche; kurz, als man alles
das vermuten, aber noch nicht genau wissen konnte, ging die Tür der Kammer auf, und jemand trat vorsichtig ein. Augenblicklich
hörte das Fingergekrabbel auf. Christian hörte es, und Großer-Tiger und Bator hörten es auch, und keiner wagte zu atmen, so
großmächtig war die Stille und das Herzklopfen.
»Ich wünsche den Exzellenzen Ruhe und Behaglichkeit«, sagte die Stimme Hagelkorns. Darauf war es eine Weile still wie vorher.Endlich hörte man Glück verdrießlich sagen: »Es ist mitten in der Nacht. Weshalb störst du uns?«
»Scher dich zum Teufel!«, knurrte Grünmantel; doch man hörte, dass er schon vorher wach gewesen war. Die Stimme klang gar
kein bisschen mehr nach Schlaf.
»Wer zu Tür und Tor hinausgeht, wird zu klagen haben«, bemerkte Hagelkorn bescheiden.
»Was soll das heißen?«, schrie Grünmantel, und man merkte, wie er sich aufrichtete, denn Sand und kleine
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