Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Großer-Tiger und Christian

Großer-Tiger und Christian

Titel: Großer-Tiger und Christian Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frritz Mühlenweg
Vom Netzwerk:
Lehmstückchen rieselten
     von der Decke und fielen Christian und Großer-Tiger ins Genick. Bator zog den Pelzmantel über den Kopf.
    »Hinaus!«, rief Glück. »Hast du noch nie gehört, dass der Schlaf des Menschen heilig sei?«
    »Ich werde wiederkommen, wenn der Hahn kräht«, sagte Hagelkorn. Er ging beleidigt und schlug die Türe zu.
    »Dieses Bündel von Mensch kommt immer zur unrechten Zeit«, bemerkte Grünmantel; »aber es hat etwas sagen wollen.«
    »Wird was Rechtes sein«, tat Glück verächtlich.
    »Sachte! Du schreist, bevor du das Stadttor erreichst. Vielleicht war es wichtig, und du hast ihn mit deinem Gebrüll am Sprechen
     verhindert.«
    »Ach soo«, sagte Glück gedehnt. »Und du?« – »Ich?« – »Ja, du auch«, sagte Glück, »du hast gebrüllt wie ein Ochse.«
    »Suchst du Streit mit mir?«, erkundigte sich Grünmantel.
    Glück lenkte ein. »Nein«, sagte er, »Streit möchte ich nicht; ich habe Streit überhaupt nicht gern, ich will eine andere Sache.
     Du hast mir eine Anzahlung versprochen, sobald wir in Weißer-Stein ankämen. Wir sind angekommen. Wie steht es damit?«
    »Aha!«, sagte Grünmantel, »du willst Geld haben!«
    »Ich will zweihundert Silberbatzen, und ich erinnere dich daran, weil du vergesslich bist.«
    »Man muss«, sprach Grünmantel belehrend, »alles der Reihe nach tun. Sobald der Tag anbricht, werde ich Dogolon aufsuchen.
     Er ist so ein Halunke, der hier wohnt und mir zehn Kamele schuldet. Weil er ein schlechter Mensch ist, wich er mir immer aus,
     sobald es ans Zahlen ging, doch gestern Abend erfuhr ich von Hagelkorn, dass Dogolon hier ist. Ich werde ihnalso treffen, und der Bursche muss froh sein, wenn ich statt der Kamele nur Geld haben will. So bekommst du dein Teil und
     brauchst mich nicht daran zu erinnern.«
    »Wenn dieser Dogolon aber kein Geld hat? Was dann?«
    »Er hat Geld, verlass dich darauf! Diese Mongolen sind Geizkragen. Jeder hat einen Haufen Silber, auf dem er sitzt.«
    »Wenn es so ist, wie du sagst«, erwiderte Glück, »wird er dir kein Geld geben.«
    »Er muss es mir geben. Ich habe einen Haftbefehl vom Amban in Kalgan in der Tasche.«
    Glück lachte: »Dieser Dogolon wird großen Spaß und ein überirdisches Vergnügen haben, wenn er den Haftbefehl sieht. Wer soll
     ihn denn in Weißer-Stein verhaften, he?«
    »Du natürlich! Du trägst eine Uniform, und du hast eine Pistole. Also wirst du ihn verhaften.«
    »Ich werde es bleiben lassen.«
    »Wie, du willst nicht?«
    »Nein, ich will nicht. Ich bin ein Soldat und kein Polizist, und ich menge mich nicht in die Angelegenheiten anderer Leute.
     Ich sehe die Menschen an, die mir begegnen; das genügt mir vollauf.«
    »Mehr verlange ich auch nicht. Du sollst bloß mit mir gehen, damit der Kerl Angst kriegt.«
    »Meinetwegen«, sagte Glück, nachdem er sich eine Zeitlang besonnen hatte, »ich werde mit dir gehen, und nachher gibst du mir
     gleich die zweihundert Silberbatzen.«
    »Ich gebe dir«, sagte Grünmantel sehr langsam und sehr betont, »zweihundert Silberbatzen, wenn auch der Wagen sehr an Wert
     verloren hat.«
    »Mir scheint«, sagte Glück, »jetzt bist du es, der Streit mit mir sucht.«
    »Das kommt, weil du nicht mehr weißt, was wir verabredet haben. Unsere Abmachung war, dass der Wagen so sei, wie ich ihn in
     Hwai-Lai-Hsien gesehen habe. Seither hat er sich verändert.«
    »Eine Laterne hat er weniger, das ist alles. Man kann überall eine neue kaufen.«
    »Hier nicht«, sagte Grünmantel.
    Glück brummte etwas als Antwort, das so ähnlich wie »Hol dich der Teufel!« klang, und dann war es ruhig.
    Bator grinste vergnügt; Christian aber fror und wäre lieber im warmen Schlafsack gewesen. Er schaute hinaus, ob es nicht bald
     Tag würde; doch da begann Grünmantel von neuem zu reden, und Christian vergaß, dass er kalte Füße hatte. Es wurde ihm sogar
     warm, und vor lauter Aufregung kriegte er einen roten Kopf, als Grünmantel sagte: »Es gibt noch etwas, über das ich sprechen
     muss.«
    »Sprich nur«, sagte Glück, »es wundert mich, dein ›Noch etwas‹, das es gibt.«
    »Es sind«, begann Grünmantel, »diese beiden frechen Lümmel. Sie sitzen auf ihren Plätzen, als ob sie dahin gehörten – sie
     gehören aber nicht dahin, und du musst sie irgendwo vom Wagen werfen. Die Wüste Gobi ist groß.«
    »Wie kommt es«, fragte Glück, »dass du dich auf einmal so freundlich um die zwei Buben annimmst?«
    »Das will ich dir sagen. Wir haben ausgemacht, dass du mir den Wagen in

Weitere Kostenlose Bücher