Großer-Tiger und Christian
aneinanderband. Bator half dem Vater dabei, und Großer-Tiger und Christian halfen auch, und es ging
alles viel rascher, als sie gedacht hatten.
Dogolon fasste das Leitkamel; da stand es auf, und mit ihm standen die andern Kamele auch auf. Dann führte Dogolon eines hübsch
hinter dem andern in die Gasse der Traglasten, und als das vorderste Kamel zwischen den beiden Mehlsäcken stand, die es tragen
sollte, standen die übrigen acht im richtigen Abstand zwischen den Ballen und den verschnürten Holzgittern der Filzjurte,
jedes an seinem Platz. Dogolon zog zweimal kurz am Nasenstrick des Leitkamels und rief: »Zuck, zuck, zuck, zuck!« Da legte
es sich gehorsam, die übrigen acht legten sich auch, und wenn eines stehen blieb und sich nicht gleich legen wollte, kam Bator
und schrie es an: »Zuck, zuck!« Dann folgte es schnell, obwohl es die Oberlippe unmutig hochzog und Luft durch die Nasenlöcher
blies.
»Nimm diesen Holzpflock«, sagte Dogolon zu Christian, »den steckst du durch die Seilschlaufen.«
»Bolna«, sagte Christian, und Dogolon lobte ihn und sagte, er spreche schon ganz geläufig mongolisch.
Dann wurde aufgeladen, und das ging, wie wenn man eins, zwei, drei zählt.
Dogolon und Bator arbeiteten zusammen: Sack aufstellen, Sack aufs Knie legen, Knie mit dem Sack ein wenig anheben, und schon
lagen von rechts und links gleichzeitig je ein Sack auf dem Kamelrücken. Christian fasste die Seilschlaufen, schob sie zwischen
den Höckern ineinander und steckte den Pflock durch. Da lag die Last fest, und Großer-Tiger hielt derweil das Kamel am Strick,
damit es nicht aufstand. Nach zehn Minuten war die kleine Karawane abmarschbereit.
»Wir gehen«, sagte Dogolon; »euer Weg sei leicht und gut.«
»Auf Wiedersehen, Kinder!«, sagte die Etsch, »ich kann leider nicht auf euch aufpassen, wie ich dachte. Macht trotzdem keine
Dummheiten. Komm, Bator!«
»Liebe Mutter«, flüsterte Bator.
»Söhnchen«, sagte die Etsch laut, »ich merke, du willst was.«
»Ich möchte«, antwortete Bator, und dann sprach er sehr schnell und zeigte bittend auf Christian und Großer-Tiger. Er redete
in einem fort, und als er geendet hatte, schaute Dogolon auf die Etsch, und die Etsch schaute auf Dogolon, der die Stirnekrauszog und sich nicht entschließen konnte, ja oder nein zu sagen.
Endlich sagte die Etsch: »Bolna, er kann so lange hier bleiben.«
»Aber nur, bis es hell wird«, fügte Dogolon hinzu.
»Wenn die Sonne scheint, werde ich bei euch sein«, versprach Bator.
»Es ist gut«, sagte Dogolon und stieg in den Sattel. Dann führte er das Leitkamel langsam an, die übrigen folgten, und am
Schluss ritt die Etsch. »Vergiss nicht«, mahnte sie, »was du versprochen hast.«
»Ich werde es nicht vergessen«, sagte Bator.
Er nahm das Kamel mit dem schönen schwarzen Behang am Strick und ging mit Christian und Großer-Tiger hinter die Schneewehe.
Dort waren sie verborgen und konnten doch die Herberge »Fröhliches Gedeihen« sehen, die wie eine Burg vor dem Nachthimmel
stand. Es dauerte nicht lange, da kamen zwei Reiter zu Pferd heraus. Der eine trug den runden Schirm und der andere das entrollte
Banner, und es sah feierlich aus, obwohl es dunkel war und niemand die Schrift lesen konnte, auch wenn er es gelernt gehabt
hätte. Den beiden Reitern folgten fünf andere, unter denen der Bruder Stockmeister war. Er ritt sehr aufrecht und schaute
nach keiner Seite. Dann hörte man den Wagen des Gegen durch den Torweg rollen. Dogolon stieg ab und beugte das Knie zum Fußfall
der Verehrung, und der Prinz, der auf dem weißen Pferd neben dem Wagen ritt, nickte freundlich. Nachher kam der Zug der Lastkamele,
und als sie vorüber waren, schlossen sich Dogolon und die Etsch mit den ihren an. Die Karawane verschwand in der Dunkelheit,
man hörte die Torflügel knarren, und Großer-Tiger, der genau aufpasste, sagte besorgt: »Der Knecht schiebt die Bohlen vor.«
»Wie kommen wir da wieder hinein?«, fragte Christian.
»Hamma-guä«, erwiderte Bator, »nirgends Befürchtung wirkliche vorhanden.«
Er nahm einen dünnen, festgeflochtenen Strick aus Ziegenhaar, von denen er viele am Sattel hängen hatte, ließ sein Kamel niederknien
und schlug ihm drei-, viermal das Seil um daslinke Knie. »Du hübsch liegen bleiben«, sagte er und kraulte das Kamel hinter den Ohren; »gar nicht aufstehen versuchen, geht
doch nicht, hörst du?«
Dann wandte er sich an Großer-Tiger und Christian: »Wir
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